Nach Aussage des Ministers für Sozialentwicklung, Patrus Ananias, denkt Präsident Luiz Inácio Lula da Silva über eine Anhebung des „Bolsa Família“ nach. Demnach sollen die Berechtigten bis spätestens Anfang Juli 2007 rund 16 % mehr an Zuwendungen erhalten. Dies entspricht der nationalen Preissteigerungsrate seit Beginn des Programms im Oktober 2003 bis zum Ende des vergangenen Jahres.
„Bolsa Família“ entspricht im weiteren Sinne einer Sozialhilfe wurde von Lula in seiner ersten Amtszeit im Zusammenhang mit dem Programm „Kampf gegen Hunger“ eingeführt. Heute erhält jede Familie, die weniger als 60 Reais im Monat verdient eine Grundhilfe von 50 Reais, die für jedes Kind, welches an einer Schule angemeldet ist, um 15 Reais ausgestockt wird. Allerdings sind die erweiterten Zuwendungen auf maximal drei Kinder begrenzt. So kann eine Familie maximal 95 Reais (etwa 34 Euro) beanspruchen. Zudem können sie in weitere Unterstützungs-Programme wie Schulbeihilfe, Lebensmittelbeihilfe oder Gasbeihilfe aufgenommen werden.
„Wir befürworten die Anpassung um das Grundrecht auf Lebensmittelversorgung sicherzustellen können“ erklärte der Minister nach einem Treffen mit dem Staatspräsidenten. Den Familien muss es möglich sein, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Auch müssen z.B. Schuluniformen angeschafft werden können. Zudem wies Patros Ananias darauf hin, dass nach einer Studie das Programm „Bolsa Famíliar“ im direkten Zusammenhang mit der Reduzierung der Armut in Brasilien steht.
Neben dem geplanten und längst überfälligen Inflationsausgleich soll auch das Alter der Begünstigten heraufgesetzt werden. Die monatlichen Zusatzleistungen gelten derzeit nur für Kinder bis 15 Jahre. Hier ist eine Erhöhung der Altersgrenze auf 18 Jahre geplant. Gerade die Jugendlichen in dieser Altersgruppe sind laut Experten besonders anfällig dafür, in die Kriminalität abzurutschen, wenn Geld für einen weiteren Schulbesuch fehlt und sie aufgrund von Arbeitslosigkeit keine Zukunftsperspektiven sehen.
Nach Aussage von Patros ist Staatspräsident Lula besonders um die Situation der jungen Bevölkerung in den Metropolen des Landes besorgt. „Der Präsident möchte, dass der Staat seine Massnahmen in den Randbezirken der grossen Städte des Landes verstärkt um die Risiken zu vermindern, dass Jugendliche in den Einfluss der organisierten Kriminalität gelangen“ so der Minister wörtlich.
Bei dem Treffen, welches am gestrigen Donnerstag in Brasília stattfand, wurden auch Massnahmen erörtert, die den Missbrauch des Programms eindämmen und möglichst alle Berechtigten in das Programm aufnehmen sollen. Allerdings sind bereits jetzt viele bürokratische Hindernisse zu überwinden, um Hilfsleistungen zu erhalten. Neben vielen unberechtigten Empfängern gibt es nach Aussagen von Hilfsorganisationen derzeit viele arme Familien, die aufgrund von fehlenden Dokumenten, Analphabetismus und der damit verbundenen falschen Scham oder fehlender Infrastruktur in ihrer Region die staatliche Unterstützung nicht in Anspruch nehmen.