Gewalt erschüttert nun auch den Süden Brasiliens

Für die Fussball-WM 2014 und Olympia 2016 will Brasilien seine Problemgebiete befrieden – doch im Moment eskaliert die Gewalt im ganzen Land. In São Paulo wurden in nur vier Wochen 160 Morde registriert, nun erreichen die Kämpfe auch andere Regionen im Süden des Landes, die bisher eigentlich als relativ friedlich galten.

br-27-agenciaBrasil-Gewalt071112MCSP11Florianópolis – Die Anschlagsserie erstreckt sich nun schon über Tage: Der Süden Brasiliens wird von einer Gewaltwelle erschüttert, die sie bisher nicht kannte. Seit Wochenbeginn gingen in mehreren Orten von Santa Catarina über ein Dutzend Fahrzeuge in Flammen auf – darunter vor allem Omnibusse, aber auch Polizeiautos. Zudem wurden Polizeireviere beschossen. Die Polizei tötete bei einem Schusswechsel in Itapema einen Tatverdächtigen bei einem Fluchtversuch. Rund 30 Menschen wurden festgenommen. Bei einigen Festgenommenen fanden die Behörden Waffen und Brandbeschleuniger.

Allein in der Nacht zum Donnerstag wurden nach offiziellen Angaben sieben Busse in der Regionalhauptstadt Florianópolis sowie in den Orten Palhoça und Gaspar angezündet. Auch in der Stadt Blumenau war Anfang der Woche ein Bus in Brand gesteckt worden. In den meisten Fällen wurden die Passagiere von bewaffneten und vermummten Männern zum Aussteigen gezwungen, danach steckten die Täter die Busse dann mit Benzin in Brand.

In Santa Catarina ist die grösste Gemeinde deutscher Auswanderer in dem südamerikanischen Land beheimatet. Der Bundesstaat, wie auch die Südregion insgesamt, hat traditionell eine vergleichsweise niedrige Kriminalitätsrate. Der Hintergrund der Anschläge ist noch unklar. Die Polizei vermutet einen Zusammenhang mit der Organisierten Kriminalität. “Es ist eine Reaktion auf unseren strikten Anti-Drogen-Kampf. Das sind Personen, die aus Gefängnissen heraus zusammen mit Drogengangs ausserhalb der Haftanstalten agieren“, sagte der Sprecher der Kriminalpolizei in Santa Catarina.

Mehr als 160 Morde in den vergangenen vier Wochen in São Paulo

Auch die Metropole São Paulo kämpft seit Monaten gegen eine Welle der Gewalt, bei der aber anders als in Santa Catarina bereits ein Dutzend Menschen erschossen wurden. Brasiliens grösste Stadt ist häufig Ort blutiger Attentate, jedoch wurden in den vergangenen vier Wochen in São Paulo und Umgebung mehr als 160 Morde registriert. Am Wochenende kamen wieder mindestens 31 Menschen ums Leben. Bei Kämpfen zwischen Drogenkartellen und der Polizei ging am Montag mindestens ein Bus in Flammen auf.

Zentralregierung und Bundesstaat haben mittlerweile einen Aktionsplan vereinbart, der dringend benötigt wird, denn offiziellen Angaben zufolge wurden bis September 2012 in São Paulo 982 Tötungsdelikte registriert. Unter den Opfern waren auch 90 Polizisten. Die meisten von ihnen wurden ausserhalb der Dienstzeit niedergeschossen.

Hinter den Anschlägen wird auch die in São Paulo operierende Drogengang Primeiro Comando da Capital (Erstes Hauptstadtkommando) vermutet. Das Drogenkartell hatte bereits 2006 mit Angriffen auf Polizeiwachen, Banken und Gerichte für bürgerkriegsähnliche Zustände in der Metropole gesorgt. Nun habe die Organisation die Verbrechen als Vergeltung für Polizeirazzien gegen den Drogenhandel angeordnet, teilte ein Vertreter der Behörde für Öffentliche Sicherheit mit. Vor den Olympischen Spielen 2016 und der Fussballweltmeisterschaft 2014 wollen die brasilianischen Sicherheitskräfte die Elendsviertel des Landes weitestgehend befrieden.

Fabian Biastoch für BrasilienPortal
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AutorIn: Fabian Biastoch

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