Brasilien entwickelt eine Technik zur Erhöhung der Guaraná-Produktion, ohne deshalb den Wald in Mitleidenschaft zu ziehen. Brasilianische Forscher haben zwei Guaraná-Spezies mit genetischer Verbesserung entwickelt. Forscher der EMBRAPA haben eine vierzig prozentige Verbesserung der Produktivität erreicht.
Bei der exotischen Pflanze Guaraná aus dem Amazonas-Regenwald, die inzwischen weltweit wegen ihrer stimulierenden Eigenschaften gefragt ist – die internationale Nachfrage ist zwölfmal so gross wie die bisherige Produktionskapazität – konnten brasilianischer Forscher inzwischen, durch eine gentechnische Verbesserung, zwei neue Pflanzenspezies entwickeln, mit denen man die Produktion um 40% steigern kann.
Dabei handelt es sich um die “BRS Sateré“ und die “BRS Marabitana“, entwickelt von Wissenschaftlern der “Empresa Brasileira de Pesquisa Agropecuária (EMBRAPA)“ – das “Brasilianische Unternehmen für Landwirtschaftliche Forschung“. Es wird betont, dass dazu keine genetische Manipulation vorgenommen wurde. Diese Neuheiten, sie wurden in dieser Woche auf den Markt gebracht, entwickeln eine sechsfach höhere Produktivität als die in Amazonien normalerweise benutzten Samen.
“Unsere Erwartungen gehen dahin, dass der Einsatz dieses neuen Saatguts eine Steigerung um 40% der Guaraná-Produktion in den Bundesstaaten Amazoniens erlauben wird, ohne dass man noch mehr Regenwald abholzen muss“, erklärte ein Forscher der EMBRAPA und einer der Verantwortlichen bezüglich der neu entwickelten Agrartechniken.
Die neuen Varianten wurden speziell dafür entwickelt, die Guaraná-Produktion in den brasilianischen Amazonasstaaten zu steigern, und ihnen damit die Mittel in die Hand zu geben, die wachsende nationale und internationale Nachfrage hinsichtlich der Früchte dieser Pflanze befriedigen zu können.
Guaraná (Paullinia cupana) ist eine Kletterpflanze, die aus Amazonien stammt – sie existiert vorwiegend in Brasilien, wird aber auch in Paraguay, Peru, Kolumbien und Venezuela kultiviert. Guaraná wird zum grössten Teil als Komponente in Erfrischungsgetränken und so genannten Energy-Drinks verarbeitet, darüber hinaus kommt es in der kosmetischen und der Pharmaindustrie zur Anwendung.
Erfrischungsgetränke und Fitness-Riegel
Guaraná ist reich an Vitaminen und stimulierenden Substanzen, wie Koffein, Theofilin und Guaranin. Dadurch dient es als Basis für Energie spendende Produkte und diätetische Nahrungsergänzung – Produkte, die in Form von Sirup, Pulver oder Fitness-Riegelangeboten werden – sie können auch zur Verringerung von Ermüdungserscheinungen und gegen Hunger eingesetzt werden. Im Guaraná sind ausserdem Substanzen enthalten, die Herzattacken und vorzeitiger Alterung vorbeugen.
In Brasilien, dem einzigen Exporteur dieses Produkts, wetteifern die auf Guaraná-Basis produzierten Erfrischungsgetränke mit denen auf Cola-Basis. Dies und die grosse internationale Nachfrage, geschätzt auf 60.000 Tonnen pro Jahr, haben das Interesse geschürt, die brasilianische Produktion zu steigern, die bisher auf nur 5.000 Tonnen begrenzt war.
“Weil das Produkt fehlt, greifen einige Fabriken sogar auf chemische Aromastoffe und Extrakte mit Guaraná-Geschmack zurück. Die grosse Nachfrage konnte bisher noch nie befriedigt werden, und deshalb ist der Preis auf eine Rekordhöhe von 20 Reais (zirka 8 Euro) pro Kilo Samen, und 60 Reais (zirka 20 Euro) pro Kilo Pulver, geklettert. Es handelt sich in diesem Fall um eine Pflanzung von extrem hoher Rendite“, bestätigt der Forscher der EMBRAPA.
Der Konsum von Erfrischungsgetränken mit Guaraná-Geschmack nimmt in Brasilien um 3% pro Jahr zu und erreicht inzwischen drei Milliarden Liter in diesem Zeitraum.
“Der Mindestgehalt von Guaraná-Extrakt in einem Liter Erfrischungsgetränk sollte 0,02 Gramm betragen, aber die Statistiken zeigen, dass die gegenwärtige Produktion diese Norm nicht erreicht“, versichert der Forscher der EMBRAPA.
Weniger Waldzerstörung
Ein weiterer Vorteil der neuen Pflanzenvarianten ist es, dass sie von so hoher Produktivität sind und auch auf degradierten Flächen Amazoniens bestens gedeihen. “Das erlaubt uns, bereits entwaldete Flächen zu nutzen und die Waldzerstörung zu bremsen“, bestätigt der EMBRAPA Spezialist.
Die EMBRAPA nimmt an, dass die Steigerung der Produktivität dazu führen kann, dass der Bundesstaat Amazonas seinen Status als grösster brasilianischer Guaraná-Produzent zurückerhält. Gegenwärtig gehört dieser Titel dem Bundesstaat Bahia, wo die Guaraná-Pflanze mit kommerziellen Techniken eingebürgert wurde und bisher frei von Schädlingen ist. Bahia produziert heute 2.400 Tonnen Guaraná pro Jahr, fast dreimal so viel wie die 820 Tonnen aus Amazonien.
Ausser einer gesteigerten Produktivität von 1,5 Kilo pro Pflanze, bzw. 600 Kilogramm pro Hektar – fünfmal so viel wie die bisherige Statistik – erlauben die neuen Samen auch eine grössere Dichte bei der Bepflanzung, von bis zu 625 Pflanzen pro Hektar.
“Und das verspricht eine Steigerung der Produktivität von bis zu 600%“, freut sich der Forscher. Die EMBRAPA selbst hält sich zurück und schätzt die Produktionssteigerung weiterhin auf vorsichtige 40%.
Eine weitere Charakteristik der neuen Varianten ist ihre Widerstandsfähigkeit gegen “Antracnose“, eine Krankheit, die durch Pilzbefall hervorgerufen wird, wodurch die Guaraná-Produktion Amazoniens dezimiert worden ist. Die Wissenschaftler empfehlen eine genetisch unterschiedliche Bepflanzung der Bodenflächen, das heisst, unterschiedliche Varianten der Pflanze anzubauen, um zu verhindern, dass der Schädling resistent wird und eine ganze Pflanzung zerstört.