200 bis 300 Kilometer lange Staus sind in der Megametropole São Paulo keine Seltenheit. Statt im Stau wertvolle Zeit zu vergeuden, steigen jedoch immer mehr auf das Fahrrad um. Allein im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Fahrradfahrer in São Paulo um 50 Prozent erhöht. Der Boom kommt nicht nur der Mobilität zugute. Er bewegt ebenso die Wirtschaft, unter anderem durch die Gründung von neuer Firmen, die sich rund um das Bike drehen und die verschiedensten Produkte und Dienstleistungen anbieten.
Angesichts der Größe São Paulos mögen die bisherigen 163 Kilometer Radweg verschwindend wenig erscheinen. Sie haben allerdings dazu beigetragen, dass mehr Paulistaner die „Magrela“, den Drahtesel, benutzen. Ein weiteres Projekt sind die Ausleihstationen, die von der Stadtverwaltung an strategisch wichtigen Punkten sowie Bus- und U-Bahnhaltestellen eingerichtet wurden. Nachdem 2012 die erste in Betrieb gegangen ist, gibt es mittlerweile über 160 der „BikeSampa“-Stationen. Angestrebt werden bis Ende 2015 um die 300 Stationen. Dort können die Fahrräder nach einer Registrierung per Internet via Smartphone ausgeliehen werden. Liegt die Benutzungszeit unter einer Stunde, ist der Service kostenlos. Erst für jede weitere Stunde fallen Gebühren von umgerechnet 1,60 Euro an.
Das Radfahren boomt. In weniger als zwei Jahren haben sich 350.000 Personen beim städtischen Ausleihservice „BikeSampa“ registriert. Laut dem Meinungsforschungsinstitut Ibope ist die Zahl der regelmäßigen Radbenutzer in São Paulo von 174.100 im Jahr 2013 auf nun 261.000 gestiegen. In Bewegung geraten ist dadurch auch die Wirtschaft. In kürzester Zeit wurden etliche neue Radläden und Reparaturwerkstätten gegründet, konnten neue Geschäftsideen Fuß fassen. Ein Beispiel ist das Radmodelabel „Velô“, das den Bikern modische und gleichzeitig funktionelle Kleidung anbietet, die vor UV-Strahlen schützt, bakterienabweisend und auf die Bewegung der Radfahrer abgestimmt ist. Im Radcafé „Aro 27“ wird indes auf den Service gesetzt. Es vereint Café, Werkstatt, Laden und ein „Park and Shower“. Die Radfahrer können dort nicht nur ihr Velo parken, sondern auch Duschen, um nicht verschwitzt an der Arbeitsstelle anzukommen. Die Idee fand schnell begeisterte Anhänger. In nur einem Jahr konnten die Unternehmer ihren Umsatz auf monatlich umgerechnet 16.000 Euro erhöhen.