Seit vier Jahren warten die Menschen im Nordosten Brasiliens auf die Fertigstellung des umstrittenen Baus des “Rio São Francisco Umleitungsprojektes”, das 390 Gemeinden mit Wasser versorgen soll. So wie es aussieht werden sie allerdings noch bis 2016 weitere Geduld aufbringen müssen. Wie der Minister für Nationale Gleichstellung ausführte, wird das Projekt erst im Juni nächsten Jahres fertig gestellt werden.
Eigentlich hätte das Milliardenprojekt schon im Jahr 2010 etwa zwölf Millionen Menschen des äußerst trockenen Nordostens mit Wasser versorgen sollen. Laut Minister Gilberto Occhi wurden seit dem Baubeginn im Jahr 2007 bis dato jedoch erst 70 Prozent der Arbeiten abgeschlossen. Änderungen, zusätzliche Verträge und Probleme bei der Bauausführung haben zu den Verzögerungen geführt. Die Kosten sollen sich bereits verdoppelt haben, dies auch, da für die bereits fertigen aber ungenutzten Kanäle Wartungsarbeiten notwendig wurden. Dass sie nicht mit Wasser bestückt werden konnten, liegt am Verfahrensablauf, da statt der Pumpstationen zuerst die Kanäle gebaut wurden.
Insgesamt umfasst das gigantische Projekt 700 Kilometer Kanäle, 42 Aquädukte, fünf Tunnel, 27 Rückhaltebecken und neun Pumpstationen, mit deren Hilfe bis zu 300 Meter Höhenunterschied überwunden werden sollen. Es gilt als eine der umstrittensten Baumaßnahmen. Kritiker führen an, dass das Wasser vor allem der Agroindustrie, der Industrie und der Krabbenzucht zugute kommen soll. Beeinträchtigt wurde durch den Bau ebenso ein ausgewiesenes Indio-Territorium.
Die Auswirkungen auf die Umwelt sind ein weiterer kritischer Punkt. In den sieben Jahren seit Baubeginn wurden unter Aufsicht der Umweltbehörden 70.000 Tiere „gerettet“, deren Lebensraum durch Abholzungen, Baumaßnahmen und die Füllung der Becken mit Wasser zerstört worden ist. Andere Tiere wurden durch den Lärm der Motorsägen und Baugeräte vertrieben. Befürchtet wird auch eine Vermischung der Flussfauna. Trotz eingebauter Barrieren wurde bereits eine Einwanderung zweier Fischarten festgestellt.