Auf dem Bürgersteig sitzende Kinder, die in Büchern blättern und lesen, ist kein übliches Bild für Brasilien. In einer Favela Rio de Janeiros geben derzeit allerdings die Bücher den Ton an. In den Favelas Babilônia und Chapéu Mangueira findet bis zum 8. November das literarische Fest der Peripherien (Flupp) statt, an dem sich 50 Schriftsteller und Künstler aus Brasilien und der ganzen Welt beteiligen.
Alan Campbell aus Schottland, Uwe Timm aus Deutschland und Glenn Greenwald aus den USA sind einige der internationalen Schriftsteller aus 21 Ländern, die bei der vierten Ausgabe der Flupp ihre Werke vorstellen. Die Stars des literarischen Festivals sind allerdings die Kinder und die Bewohner der Favelas, die aktiv in den Event eingebunden werden. Geschichtenerzähler besuchen beispielsweise 450 Familien.
Gespendet wurden zudem 18.000 Bücher, die am Straßenrand aufgehängt wurden, um die Jungen und Mädchen zum Aussuchen eines oder mehrerer Werke einzuladen. Viele der Kinder haben bereits begeistert zugegriffen, sind doch Bücher in Brasilien für die ärmeren Einkommensschichten in der Regel nahezu unerschwinglich.
Aufgewartet wird ebenso mit einem „poetischen Restaurant“, in dem frisch geschriebene Gedichte aufgetischt werden. Für Aufsehen werden auch schweizer Graffity-Künstler und Poesie-Wettbewerbe auf den Straßen sorgen.
Die Favelas Brasiliens stehen Anfang November aber noch aus einem anderen Grund im Mittelpunkt. Begangen wird am Mittwoch (4.) der nationale Tag der Favela. Zu dem veranstaltet die Central Única das Favelas (Cufa) in mehreren Städten des Landes verschiedene Evente.
Nach einer Zählung des brasilianischen Statistikamtes IBGE aus dem Jahr 2010 lebt 11,4 Millionen Menschen, etwa sechs Prozent der Bevölkerung, in „comunidades“, wie die Favelas mittlerweile offiziell bezeichnet werden. Sie verteilen sich auf 6.329 Favelas in 323 der 5.570 Munizipen Brasiliens.