Zum Bersten gefüllte Gefängnisse, Fälle von Folterungen und Gewalttote durch Polizisten sind nur einige der Probleme die Human Rights Watch in seinem “World Report 2017“ in Brasilien anprangert. Die Liste ist lang. Tote bei Landkonflikten, Milizentruppen gegen Indigene, Gewalt in den Städten und verschiedene Versuche, die Pressefreiheit einzuschränken, sind weitere Punkte.
Einmal mehr macht der Bericht deutlich, dass in Sachen Menschenrechte in Brasilien noch viel zu tun ist. Am offensichtlichsten ist dies beim chronisch überbelegten Haftsystem. In vielen Gefängnissen sind es Banden, die das Sagen haben, und nicht der Staat. Erst vor wenigen Tagen sind in Haftanstalten in Amazonas und Roraima bei Bandenkriegen 99 Menschen ermordet worden.
Angekündigt wurde nun der Bau weiterer fünf staatlicher Gefängnisse und ebenso sofortige Anhörungen der Festgenommenen. Letzteres bezieht sich auf die Tatsache, dass 40 Prozent der Häftlinge provisorisch und somit ohne Gerichtsverhandlung einsitzen. Auch soll versucht werden, Kleindelikte künftig mit Alternativstrafen zu sühnen.
Kritisiert werden von Humans Rights Watch vage formulierte Gesetze, mit denen beispielsweise auch Gelegenheitsbenutzer weicher Drogen als Drogenhändler eingestuft und verurteilt werden können. Beim eiligst vor der Olympiade Rio-2016 erlassenen Anti-Terrorgesetz Anfang 2016 sieht es ähnlich aus.
Mit ihm können selbst friedliche Demonstrationen kriminalisiert werden. Auch der von der Organisation eigentlich gelobte und 2014 verabschiedete “Marco Civil da Internet“ zum Schutz der freien Meinungsäußerung und Privatsphäre in der digitalen Welt ist betroffen.
Juristen haben ihn benutzt, um die Freigabe von Daten zu erzwingen. Als Folge wurde WhatsApp zweimal blockiert und ein führender Facebook-Direktor vorübergehend festgenommen.
Befürchtet werden von der Menschenrechtsorganisation Rückschritte durch im Kongress kursierende Gesetzesvorschläge, wie dem zur Herabsetzung der vollen Strafmündigkeit auf 16 Jahre. Ein anderer will als “Familie“ lediglich Ehebünde zwischen Mann und Frau gelten lassen.
Bestrebungen laufen zudem, den ohnehin schon verbotenen Schwangerschaftsabbruch selbst in den bisherigen Ausnahmefällen (bei Gesundheitsgefahr für die Mutter, Vergewaltigung und Hirnschäden des Ungeborenen) nicht mehr zu erlauben.