„Brasilien weint“: Über 100.000 Menschen an Covid-19 verstorben, über 3 Millionen Infizierte

Brasilien trauert um über 100.000 Menschen, die seit Beginn der Coronaviruspandemie in dem südamerikanischen Land verstorben sind. Kongress und Oberster Gerichtshof haben am Samstag (8.) vier offizielle Trauertage verhängt. Am gleichen Tag ist die Zahl der Covid-Todesopfer nach offiziellen Angaben des Gesundheitsministeriums auf 100.477 gestiegen. Überschritten wurde am Samstag auch die Zahl von drei Millionen Infizierten.

NGO „Rio de Paz“ mit einer Demonstration zum Gedenken an die 100.000 verstorbenen Brasilianer mit Covid-19 – Foto: Rio da Paz

“Heute ist einer der traurigsten Tage unserer jüngsten Geschichte“, postete Senatspräsident Davi Alcolubmre angesichts des Überschreitens der 100.000 Marke bei den Covid-Toten. Oberster Gerichtshofspräsident Dias Toffoli schrieb “Brasilien weint“ und drückte den Familien der Verstorbenen sein Beileid aus.

Präsident Jair Bolsonaro schwieg einmal mehr. Lediglich von der Stelle für Sozialkommunikation (Secom) gab es eine kurze Stellungnahme, in der die Toten bedauert werden. Gleichzeitig wird hervorgehoben, dass drei Millionen Leben gerettet wurden. Nach den offiziellen Daten des Gesundheitsministeriums gelten indes 2.094.293 als genesen. 817.642 werden als aktive Covid-Fälle eingestuft.

Brasilien sei eins der Länder mit dem höchsten Genesungsindex, heißt es weiter. Laut der Universität Oxford steht das südamerikanische Land hingegen mit 468,44 Toten pro einer Million Einwohner weltweit auf dem zehnten Platz. Die John Hopkins Universität stuft Brasilien als elftes Land mit der höchsten Covid-Sterberate ein.

Der erste Covid-Fall Brasiliens wurde am 26. Februar registriert, der erste Todesfall am 12. März. Seit über fünf Monaten spielen sich immer wieder Dramen in Krankenhäusern und Familien ab. Noch ist kein Ende absehbar, wie Epidemiologen betonen. In den vergangenen Tagen ist der Sieben-Tage-Durchschnitt bei den Todesopfern zwar gesunken. Er liegt allerdings nach wie vor, wie schon seit Wochen, bei etwa tausend Menschen, die täglich an Covid-19 sterben.

Das Gesundheitsministerium ist indes auch nach zwölf Wochen noch ohne nominierten Minister. In seinen jüngsten Videos hat Bolsonaro Covid-19 zwar nicht mehr als „Gripplein“ bezeichnet. Den Ernst der Lage spielt er aber weiterhin herunter. Die Pandemie vergleicht er mit einem Regen, bei dem alle nass werden. Jeder müsse irgendwann einmal sterben, man müsse sich der Krankheit einfach stellen und das Leben gehe weiter, sind weitere Wiederholungen Bolsonaro.

Die Bevölkerung Brasilien ist wieder einmal gespalten. Nach wie vor wird das Ausmaß der Pandemie von etlichen negiert oder als nicht so ernst betrachtet, während über drei Millionen Familien direkt betroffen sind oder waren und Hunderttausende ihre verstorbenen Väter, Mütter, Söhne, Töchter und Freunde betrauern.

Deutlich wurde dies auch bei einer Aktion der Organisation Rio de Paz. In Rio de Janeiro hat sie am Strand der Copacobana in Gedenken an die hohe Zahl der Todesopfer einhundert schwarze Kreuze mit roten Gas-Ballons in den Sand gesteckt. Ein Passant nahm dies als Anlass für Kritik, wurde aber von einem Vater, der seinen Sohn an Covid-19 verloren, hat darauf hingewiesen, dass es sich bei der Pandemie um keine Fake-News, sondern um eine traurige Tatsache handelt.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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