Klangwelt des Amazonas-Regenwaldes verrät Kuriositäten

Der Amazonas-Regenwald schläft nicht. Tausende Tiere wechseln sich rund um die Uhr mit ihrem Gesang und ihren Geräuschen ab und sorgen täglich für ein 24-stündiges Nonstop-Konzert. Das beeindruckt nicht nur Naturliebhaber, sondern auch Forscher. Die haben jetzt die Geräuschkulisse des Amazonas-Regenwaldes genauer unter die Lupe genommen. Herausgefunden haben sie dabei, dass die Komposition des Konzerts und die Mitwirkenden des Naturorchesters so einiges über den Wald verraten.

Affe am brüllen – Foto: Lena Helfinger auf Pixabay

Dass die Klangwelt des Waldes so einiges über seine Artenvielfalt aussagt, damit hatten die Forscher des Instituto Tecnológico Vale gerechnet. Sie wollten aber auch wissen, inwieweit die Geräuschaufnahmen sich für eine Bestandsaufnahme eignen, ob in dichten Waldstellen mehr oder weniger Tiere unterwegs sind, als in temporär trockenen Bereichen, ob sie Auskunft darüber geben, wie intakt der Wald ist.

Um das herauszufinden hatten sie an 14 verschiedenen Stellen des Nationalwaldes Carajás in einer Höhe von zwei Metern an Bäumen Aufnahmegeräte angebracht. 16.000 Minuten Waldkonzert haben sie aufgenommen. Die werden jetzt nach und nach ausgewertet.

7.000 Hörminuten haben Vogelexperten vom Museu Paraense Emílio Goeldi bereits angehört und analysiert. 230 Vogelarten haben sie in ihnen ausgemacht. Zu hören ist der Cricrió (Schreikotinga, Lipaugus vociferans), der wie ein Eichelhäher die Waldbewohner vor sich annähernden Gefahren warnt. Auch der Geräuschchampion Araponga-da-Amazônia (Zapfenglockenvogel, Procnias albus) ist dabei.

Er ist so etwas wie der Paukenschläger des Waldorchesters. Mit seinem metallisch klingenden Ruf kann er bis zu 125 Dezibel erreichen und damit sogar eine Heavy Metal Band übertönen. Zur Überraschung der Forscher war auch der seltene Vulturine-Papagai (Pyrilia vulturina) vertreten.

Herausgefunden haben die Forscher mit den Aufnahmen auch, dass sich die Geräuschkulisse und die Zusammensetzung des Tierorchesters im Verlauf des Tages verändern. Zur Mittagszeit sind die Tiere des Amazonas-Regenwaldes besonders aktiv, bis dahin steigt der Geräuschpegel. Gegen 17 Uhr flaut er hingegen ein wenig ab, um dann nach Sonnenuntergang wieder leicht anzusteigen. Je nach Tageszeit singen, schnattern, quaken und rufen zudem andere Tierarten. Zu hören sind Tiere jedoch die ganze Nacht hindurch.

Nicht nur Vögel haben bei den Aufnahmen ihre akustischen Beiträge hinterlassen. Weitere Mitwirkende des Regenwaldorchesters sind Buschhunde, Riesenotter, Puma, Affen, wie der Rotrückensaki oder der Rothand-Brüllaffe, und auch Insekten, allen voran Zikaden. Auch Zikaden können es übrigens mit Rockbands aufnehmen. Sie schaffen bis zu 120 Dezibel.

Die Beiträge von Amphibien, Säugetieren, Insekten und anderen Tierarten müssen indes noch ausgewertet werden, um die Biodiversitätsliste zu vervollständigen. Bis Februar 2024 wollen die Forscher unter der Leitung der Wissenschaftlerin Tereza Giannini das gesammelte Material analysieren.

Zum Einsatz kommen dabei ebenso spezielle Computerprogramme. Sie sollen die in Bibliotheken und Forschungseinrichtungen bereits vorhandenen Tonaufnahmen diverser Tierarten mit denen aus dem Floresta Nacional de Carajás vergleichen, um die Arten zu bestimmen. Klänge der Biodiversität werden unter anderem von der Global Biodiversity Information Facility bereitgestellt.

Schon jetzt zeigen die gemachten Aufnahmen jedoch eine weitere Kuriosität. Eigentlich sind die Wissenschaftler davon ausgegangen, dass sich die Geräuschkulissen je nach Standort stark voneinander unterscheiden. Tatsächlich präsentieren die an 14 verschiedenen Standorten gemachten Hörproben laut den Forschern jedoch ähnliche Klanglandschaften.

Noch stehen die Auswertungen der Tonaufnahmen am Anfang. Für die Forscher hat das Projekt aber trotzdem bereits demonstriert, dass sie eine sichere, flexible und kostengünstige Alternative für Langzeitstudien in der Natur sind, wie Leonardo Miranda sagt.

Ohne die Tongeräte müssten 14 Biologen 24 Stunden pro Tag an den 14 verschiedenen Stellen stehen, an denen die Geräte angebracht wurden, und aufschreiben, welche Tiere sie wann und mit welcher Intensität hören. Die Tonaufnahmen laufen hingegen von alleine und können über einen längeren Zeitraum hinweg eingesetzt werden.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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