Brasilien ist nicht nur das Land der Traumstrände und Regenwälder. Brasilien ist auch das Land der Höhlen. Über 23.000 Höhlen wurden in dem südamerikanischen Land bis dato offiziell registriert. Allein im vergangenen Jahr ist die Liste der bisher bekannten Höhlen und Grutten um beinahe 800 Neuaufnahmen weiter gewachsen. Die Forscher gehen allerdings davon aus, dass es in Brasilien weit mehr als die bisher registrierten Höhlen gibt. Schließlich ist das Bestehen der meisten von ihnen erst in den vergangenen zwei Jahrzehnten ans Tageslicht gekommen.
Brasilien hat sogar ein Höhlenzentrum, das Centro Nacional de Cavernas. Das widmet sich nicht nur dem Aufspüren noch unbekannter Höhlen und Grutten, sondern ebenso deren Erhalt, Schutz und Erforschung.
Laut dem jüngsten Jahresbericht des brasilianischen Höhlenzentrums sind im vergangenen Jahr 771 neue Höhlen aufgespürt worden. Deren Gesamtzahl ist damit auf 23.378 gestiegen. Auf dem ersten Blick mögen 771 Neuentdeckungen hoch erscheinen. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Zahl jedoch gering. 2021 haben die Forscher beispielsweise 1.135 bis dahin unbekannte Höhlen entdeckt, 2016 waren es sogar 2.341.
Vertreten sind die felsigen Hohlräume in allen Biomen des Landes. Allerdings nimmt der im zentralen Westen des Landes gelegene Cerrado mit knapp 47 Prozent die Spitzenstelle ein. Gefolgt wird er vom Atlantischen Regenwald, der vor allem das Küstengebirge bedeckt. Aber auch in der Amazonasregion sind Höhlen zu finden. Bisher sind dort 3.122 registriert worden.
Die absolut höchste Zahl an Höhlen und Grutten weist der brasilianische Bundesstaat Minas Gerais auf. Mit 11.029 Registrierungen nimmt er fast die Hälfte aller Höhlen Brasiliens ein. Die geologischen Eigenheiten des Bundesstaates und ausreichend Wasser haben dort die Ausbildung von Höhlen begünstigt, wie Höhlenforscher Luciano Faria betont.
Lokalbevölkerung bei Aufspürung von Höhlen unerlässlich
Dass in anderen Bundesstaaten weniger Höhlen im offiziellen Höhlenregister Brasiliens aufgenommen sind, bedeutet jedoch nicht, dass es dort tatsächlich nur wenige oder keine Höhlen gibt. Einige Regionen sind weniger erforscht. Manchmal wird diesen geologischen Erscheinungen zudem auch weniger Bedeutung zugeordnet.
Edson Cavalcante durchwanderte des öfteren den im Bundesstaat Acre gelegenen Nationalpark Serra do Divisor. Dabei war ihm schon vor 15 Jahren eine Höhle aufgefallen. Die besuchte er auch immer wieder. Dass sie aber auch andere interessieren könnte, das war ihm unbekannt. Erst als er zwei Deutsche traf und ihnen von der Höhle und Seen erzählte, wurde ihm bewusst, dass sein Fund wichtig ist, wie er verriet.
Das war im Jahr 2020. Ein Jahr später rückten die Forscher des Höhlenzentrums an, nahmen Daten auf, wie den Standort und ebenso die Ausmaße der Höhle. Bei ihrer Expedition entdeckten sie sogar noch zwei weitere Höhlen mit einer Länge von zehn bis 35 Metern und einen am Fluss Môa gelegenen Felsvorsprung, der eine Art Dach und einen Unterschlupf bildet. Auch die weiteren Höhlen waren vorher schon den Bewohnern der Region bekannt. Sie waren es auch, die die Forscher zu ihnen geführt haben.
Mit dem Ergebnis der Expedition im September 2021 sind für den in der Amazonasregion gelegenen Bundesstaat Acre zum ersten Mal Höhlen registriert worden. Deren Daten flossen natürlich in die offizielle Höhlenliste Brasiliens ein. Der Finder der ersten Höhle Acres, Edson Cavalcante, hat zwar die Datenaufnahme noch miterlebt, verstarb aber kurz später an Covid-19. Ihm zu Ehren haben die Forscher der ersten Höhle Acres den Namen „Gruta do Edson“ gegeben.
Bedeutung der Höhlen für uns Menschen
Höhlen sind aus vielerlei Gründen von Bedeutung. Luciano Faria verweist unter anderem auf Tierarten, die sich auf das Leben in den dunklen und feuchten Felsformationen spezialisert haben. Andere Höhlen weisen Spuren von prähistorischen Tieren auf. Aber auch etliche Höhlen mit Felszeichnungen gibt es in Brasilien. Hinzu kommen Tropfsteinhöhlen. Abgesehen davon geben sie zudem Aufschluss über die geologische Bildung der Regionen.
Angesichts der hohen Zahl von Höhlen verwundert es nicht, dass Brasilien sogar einen Nationalpark diesen geologischen Besonderheiten gewidmet hat, den Parque National Cavernas do Peruaçu. Er beherbergt mindestens 180 Höhlen und Grutten. Zu etlichen von ihnen führen ausgezeichnete Wanderwege. Viele können natürlich auch besichtigt werden. Die spektakulärste unter ihnen ist die Gruta do Janelão, die Höhen und Aufweitungen von bis zu einhundert Meter aufweist.
Höhlen und Grutten können aber auch in anderen Nationalparks bestaunt werden. Die meisten der Höhlen Brasiliens sind übrigens geschützt und befinden sich in Schutzeinheiten, Nationalparks, Landschaftsschutzgebieten, staatlichen Parks oder Naturschutzgebieten.