Einmal mehr sind Teile Amazonien von einer extremen Dürre geplagt. Flüsse, wie der sonst so wasserreiche Solimões, sind teilweise nur noch Rinnsäle oder von Sandbänken geprägt. In etlichen Munizipen Amazoniens wurde bereits der Notstand erklärt. Nicht nur die Menschen leiden unter der Hitze und dem Ausbleiben der Regenfälle. Tausende Fische sind an Sauerstoffmangel erlegen und treiben tot auf verbliebenen Wasserflächen. Betroffen sind auch die vom Aussterben bedrohten Flussdelfine. Über einhundert verendete Flussdelfine sind von den Forschern des Institutes Mamirauá bereis registriert worden.
Das Massensterbenverenden der seltenen Flussdelfine in nur wenigen Tagen hat auch die Forscher geschockt. Sie sprechen von einem beispiellosen Vorkommnis. Biologen und freiwillige Helfer versuchen währenddessen, in flachen oder zu warmen Restwasserflächen schwimmende Flussdelfine zu retten und in tiefere und kühlere Gewässer zu bringen. Gestartet wurde auch ein Aufruf, um weitere Helfer zu finden. Die reisen nicht nur aus ganz Brasilien, sondern auch aus anderen Ländern an.
Gearbeitet wird auch daran, die Todesursache der Flussdelfine herauszufinden. Ein Mangel an Nahrung, hervorgerufen durch die hohe Zahl verendeter Fische, oder eine zu hohe Wassertemperatur sind zwei der Thesen.
Die Wassertemperaturen sind teilweise extrem. Im Lago Tefé sind laut dem Forscher Ayan Fleischmann Temperaturen zwischen 39 und 40 Grad gemessen worden. Bisher lag die gemessene Höchsttemperatur bei 32 Grad. Ayan Fleischmann verweist auf das Klimaphänomen El Niño, bei dem die Wassertemperatur des Pazifischen Ozeans ansteigt.
Vera da Silva vom Amazonasforschungsinstitut INPA spricht von einem Zusammenhang mit dem Klimawandel. Extreme Dürren hat es bereits in den vergangenen Jahrzehnten gegeben. Bei keiner von ihnen wurden jedoch so hohe Temperaturen wie jetzt registriert.
Auch Guillermo Estupiñán von der Worldlife Conservation Society (WCS) geht davon aus, dass das schnelle Sinken des Wasserstandes in Verbindung mit den hohen Temperaturen zum Verenden von dutzenden von Flußdelfinen geführt hat. Ein Beispiel ist der Rio Negro. In nur zehn Tagen ist sein Wasserstand um 3,5 Meter gesunken.
Wegen den niedrigen Wasserständen in vielen Flüssen sind etliche Siedlungen von der Umwelt abgeschnitten. Flüsse sind in weiten Bereichen Amazoniens, wie die Autobahnen in Europa, die Verbindung zu den Städten. Weil wegen der Sandbänke zum Teil Waren nur noch in kleinen Booten oder eingeschränkt transportiert werden können, haben sich die Preise der Nahrungsmittel und des Trinkwassers extrem verteuert. Der Gouverneur vom Bundesstaat Amazonas hat in 55 Munizipen den Notstand ausgerufen und die Verteilung von Lebensmittelpaketen an Betroffene angekündigt.
Auf Ebene der Bundesregierung Brasiliens wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um Aktionen zu definieren und zu koordinieren.
Von den Meteorologen gibt es zudem bisher keine Entwarnung. Sie gehen davon aus, dass die Dürre sich im Oktober noch verschärfen wird. Die Kombination des El Niño mit den geleichzeitig erhöhten Temperaturen des Atlantik könnten den Beginn der Regenzeit in Amazonien hinauszögern, so die Spezialisten.