Die aktuelle Liste brasilianischer Säugetiere bringt Veränderungen in mehreren Gruppen mit sich, darunter Nagetiere, Beuteltiere, Fledermäuse, Gürteltiere und Primaten. Wissenschaftler haben zahlreiche Vorschläge, Korrekturen und Ergänzungen eingereicht, um die Liste zu aktualisieren. Die brasilianische Gesellschaft für Mastozoologie (SBMz) hat die siebte Version der „Liste der Säugetiere Brasiliens“ veröffentlicht. Für 2024 wurden 785 einheimische Arten mit bestätigtem Vorkommen in Brasilien anerkannt – sieben mehr als in der Liste von 2023.

Neue Säugetierarten in Brasilien
Die Säugetiere Brasiliens sind nun in 11 Ordnungen, 49 Familien und 250 Gattungen unterteilt. Zu den neu aufgenommenen Arten gehören:
- Euryoryzomys cerqueirai (Nagetiere)
- Oecomys jamari (Zweifarb-Reisratten)
- Rhagomys jequitiba (Baummäuse)
- Dasypus guianensis (Langnasengürteltiere)
- Marmosa tyleriana (Zwergbeutelratte)
- Molossus melini (Samtfledermäuse)
- Trachops ehrhardti (Fransenlippenfledermäuse)
- Tamarinus pileatus (Weißsteiß-Tamarine)
Die Art Plecturocebus parecis (Parecis-Springaffen) wurde in die Liste der „zweifelhaften Nachweise“ aufgenommen, da ihre taxonomische Validität aktuell angezweifelt wird.
Kriterien für die Aufnahme neuer Arten
Laut einer beteiligten Wissenschaftlerin beruht die Aufnahme neuer Arten in die Liste ausschließlich auf wissenschaftlichen Nachweisen. Diese ergeben sich entweder aus der formellen Erstbeschreibung einer Art, aus neuen Dokumentationen ihres Vorkommens in Brasilien oder aus taxonomischen Revisionen.
Ein Beispiel für eine neu beschriebene Art ist die Baummaus Rhagomys jequitiba, die 2023 erstmalig im Atlantischen Regenwald von Minas Gerais nachgewiesen wurde. Die Fledermaus Molossus melini hingegen war der Wissenschaft bereits bekannt, ihr Vorkommen in Brasilien konnte jedoch erst 2023 bestätigt werden. Sie wurde ursprünglich in Argentinien beschrieben und im Atlantischen Regenwald des Bundesstaates Paraná entdeckt.
Taxonomische Überprüfungen führten ebenfalls zu Anpassungen. Ein prominentes Beispiel ist der Weißsteiß-Tamarin (Tamarinus pileatus). Nach seiner Erstbeschreibung 1848 wurde die Art fast ein Jahrhundert lang als Unterart eingestuft, bevor 2023 ihr Artstatus erneut anerkannt wurde.
Zweifelhafte Nachweise und unklare Taxonomie
Die Liste enthält auch Einträge mit zweifelhaften Nachweisen. Diese umfassen Arten, deren Vorkommen in Brasilien möglich, aber wissenschaftlich nicht ausreichend belegt ist.
Ein Beispiel ist der Parecis-Springaffe (Plecturocebus parecis), eine Art aus dem Amazonasgebiet. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zweifelt ihre taxonomische Gültigkeit an. Es wird vermutet, dass diese Population einer anderen Art zugeordnet werden könnte. Es sind jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, um die endgültige Klassifikation zu klären.
Bedeutung der Liste für den Naturschutz
Die fortlaufende Aktualisierung der Liste spielt eine zentrale Rolle für die Biodiversitätsforschung und den Naturschutz. Sie dient unter anderem dazu, bedrohte Arten zu identifizieren, ökologisch oder wirtschaftlich bedeutsame Arten zu erfassen und die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Fauna zu analysieren.

„Diese Listen sind äußerst dynamisch und müssen kontinuierlich angepasst werden“, erklärt eine Forscherin. „Seit Beginn der aktuellen Revision im Jahr 2020 gab es fast 80 Änderungen, darunter Ergänzungen und Streichungen. Ohne regelmäßige Updates würde unser Wissen über die Artenvielfalt Brasiliens schnell veralten.“
Gefährdete Säugetiere Brasiliens
Ein besonderer Fokus liegt auf gefährdeten Arten. Diese werden sowohl in absoluten Zahlen als auch relativ zur Gesamtpopulation der jeweiligen Ordnung bewertet.
Relativ stark gefährdete Ordnungen:
Die Ordnungen der Unpaarhufer (Perissodactyla) und Seekühe (Sirenia) sind besonders bedroht. In beiden Fällen gelten 100 % der Arten als gefährdet. Beispiele sind der Tapir (Tapirus terrestris), der als „gefährdet“ (VU) eingestuft ist, sowie die Amazonas-Seekuh (Trichechus inunguis) und die Karibik-Seekuh (Trichechus manatus), die als „stark gefährdet“ (EN) gilt.
Absolut stark gefährdete Ordnung:
Die Primaten sind die am stärksten bedrohte Säugetiergruppe mit insgesamt 32 gefährdeten Arten, darunter sechs, die als „vom Aussterben bedroht“ (CR) eingestuft sind. „Etwa jede vierte Primatenart in Brasilien ist vom Aussterben bedroht“, warnt ein Experte.
Ursachen des Rückgangs
Viele gefährdete Arten sind Großtiere, die wegen ihres Körpergewichts und ihrer Fläche hohe Lebensraumansprüche haben. Diese Tiere sind durch die Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen, städtisches Wachstum und Straßenbau zunehmend isoliert. Hinzu kommen die Auswirkungen des Klimawandels, die in den kommenden Jahrzehnten zu einem weiteren Verlust an geeigneten Lebensräumen führen könnten.
Abkürzungen der roten Liste
LC = nicht gefährdet
NT = potenziell gefährdet
VU = verletzlich
EN = stark gefährdet
CR = vom Aussterben bedroht
RE = ausgestorben