Stadtwachstum in Brasilien übertrifft Bevölkerungswachstum

Die Anzahl der Immobilien in den Städten Brasiliens wächst schneller als die Bevölkerung. Dies geht aus einer Studie hervor, die am Mittwoch (26.) von WRI Brasil veröffentlicht wurde. Die erstmalig durchgeführte Untersuchung liefert umfassende Daten zur Entwicklung der städtischen Struktur des Landes zwischen den Jahren 1993 und 2020.

Gebäudefassaden São Paulo_Foto: sabiá brasilinfo

Laut dem Leiter für urbane Entwicklung bei WRI Brasil, ermöglicht die Studie nicht nur die Erfassung des Wachstums urbaner Flächen, sondern auch ein vertieftes Verständnis darüber, wie einzelne Städte expandiert sind. Dies basiert auf einer Analyse demografischer Daten, der Landnutzung sowie der Kartierung der gebauten Stadtstruktur.

Unterschiedliche Stadttypen und Wachstumsmuster

„Anhand dieser Daten konnten wir verschiedene Stadttypen kategorisieren. Es gibt Städte, die in den vergangenen 30 Jahren ein stark ausgeprägtes horizontales Wachstum erfahren haben, was wir als „intensive Zersiedelung“ bezeichnen. Andere Städte zeigen ebenfalls horizontales Wachstum, jedoch in abgeschwächter Form. Daneben gibt es stabile Städte sowie solche mit einer zunehmenden Vertikalisierung“, erklärt der Projektleiter.

Die Studie klassifiziert Kleinstädte als solche mit weniger als 500.000 Einwohnern (143 Städte, 77 % der Gesamtzahl), Mittelstädte mit einer Bevölkerung zwischen 500.000 und 1 Million (20 Städte, 11 %) und Großstädte mit mehr als 1 Million Einwohnern (22 Städte, 12 %).
Basierend auf dieser Kategorisierung kommen die Forscher zu dem Schluss, dass insbesondere Großstädte wie São Paulo, Rio de Janeiro, Brasília, Belo Horizonte, Curitiba und Porto Alegre vor allem durch vertikales Wachstum gekennzeichnet sind.

Diese Verdichtung führt zu einer effizienteren Flächennutzung und erhöht die Konzentration von Menschen und Dienstleistungen. „Kompakte Städte erleichtern den Zugang der Bevölkerung zu urbanen Chancen und ermöglichen effizientere Mobilitätsmuster. Dies führt zu einem geringeren Energieverbrauch und einer Reduktion von Emissionen“, so der Leiter.

Diskrepanz zwischen Bevölkerungs- und Bauwachstum

Trotz des Trends zur Verdichtung ist in den Großstädten jedoch auch ein ungleichmäßiges Wachstum zu beobachten: Während die gebaute Stadtstruktur weiterhin expandiert, stagnieren die Bevölkerungszahlen oder nehmen sogar ab. „In vielen Fällen schrumpft die Bevölkerung oder bleibt stabil, während die städtische Bebauung, insbesondere in die Höhe, weiter zunimmt“, erläutert der Forscher.

Ein wichtiger Faktor für dieses Phänomen ist die zunehmende Finanzialisierung des städtischen Raums. Der Studie zufolge werden zunehmend Immobilien errichtet, die ungenutzt bleiben und als Kapitalanlage zur Spekulation dienen.

Strategien für nachhaltige Stadtentwicklung

Der Datenwissenschaftler bei der UN Sustainable Development Solutions Network, betont: „Unser Ziel ist es, mit dieser fast 30-jährigen Datensammlung weitergehende Untersuchungen zu ermöglichen, die Kausalzusammenhänge aufdecken und die Haupttreiber dieses Phänomens identifizieren.“

Die Studie zeigt zudem, dass mittelgroße und kleinere Städte, wie Campo Grande, Cuiabá, Natal, Manaus, Palmas und Teresina, ein vorwiegend horizontales Wachstum aufweisen. Hier erfolgt die Urbanisierung oft weitflächiger und weniger konzentriert.

Mit einem besseren Verständnis der urbanen Entwicklungsprozesse in Brasilien könnten laut den Forschern nachhaltige Stadtpolitiken gefördert werden. Diese sollten darauf abzielen, den Flächenverbrauch zu minimieren, gleichzeitig aber den Zugang zu Wohnraum, öffentlichen Dienstleistungen und wirtschaftlichen Möglichkeiten sicherzustellen. Eine kluge Stadtplanung könnte zudem die Umwelt- und Klimabelastung verringern.

„Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen urbaner Expansion und Klimafragen – sowohl im Hinblick auf die Reduzierung von Treibhausgasemissionen als auch auf die Anpassung von Städten an effizientere Strukturen“, schließt der Projektleiter.

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