Der Kampf um Wasser und Würde vor der COP30

Ein Blick hinter die Kulissen der Klimakonferenz
Wenn im November die internationale Klimapolitik in Belém zusammenkommt (vom 10. bis 21. November), richtet sich der Fokus der Welt auf den Amazonas – ein Gebiet von unschätzbarem Wert für das globale Klima. Doch während auf Podien über Emissionsziele und Biodiversität diskutiert wird, bleibt für viele Menschen in der Region eine weit grundlegendere Frage offen: Wo bleibt das saubere Wasser?

Fehlendes Wasser im Amazonasgebiet – Foto: sabiá brasilinfo

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte wird die Weltklimakonferenz COP30 im Amazonasgebiet stattfinden – einem Ort, der als Symbol für Umwelt und gleichzeitig für Vernachlässigung steht. Nur wenige Kilometer vom historischen Zentrum Beléms entfernt beginnt ein anderes Brasilien: die Inselwelt des Rio Guamá.

Alltagsrealität im Schatten der Konferenz

Die Ilha do Combu, eine von 39 offiziellen Inseln der Hauptstadt, liegt nur etwa 15 Minuten mit dem Boot entfernt – und doch scheinen die Lebensbedingungen hier Welten von den städtischen Entwicklungsplänen entfernt. Viele Bewohnerinnen und Bewohner müssen regelmäßig zum Festland übersetzen, um dort Wasser in Kanistern zu kaufen. Trinkwasser gibt es auf der Insel nicht, obwohl sie mitten im Fluss liegt.

Flusswasser wird notdürftig für Toiletten oder zum Waschen verwendet – meist nach einem einfachen Hausmittel-Verfahren. Doch selbst eine minimal funktionierende Infrastruktur für mehrere Haushalte bleibt bislang unerschwinglich. Gemeinschaftliche Wasseraufbereitungssysteme sind angedacht, aber für viele Flussanwohner*innen finanziell nicht umsetzbar.

Anders als die Festlandregionen Beléms, die durch zentrale Netze mit Trinkwasser aus geschützten Quellgebieten versorgt werden, sind die Inseln auf dezentrale, improvisierte Lösungen angewiesen. Auch in den Vorbereitungen zur COP30 wurden sie außen vor gelassen – die 30 angekündigten Bauprojekte beschränken sich auf das städtische Festland, wo Flüsse kanalisiert und Straßen asphaltiert werden.

Zwischen Umweltschutz und Planungschaos

Die Ilha do Combu ist offiziell eine Umwelt-Schutzzone. Doch obwohl sie bereits 1997 diesen Status erhielt, fehlt bis heute ein verbindlicher Nutzungsplan für die nachhaltige Entwicklung. Erst im vergangenen Jahr begann die Ausarbeitung – wann das Dokument vorliegen wird, ist unbekannt.

Ohne diesen Plan bleibt die Entwicklung im Ungewissen – auch in Bezug auf sanitäre Infrastruktur. Der Großteil der rund 600 Familien auf der Insel nutzt Sickergruben, die für den wachsenden Tourismus längst nicht mehr ausreichen. Regelmäßig müssen gefüllte Gruben entleert und der Inhalt im Wald entsorgt werden – aus Mangel an Alternativen.

Einzelne Bewohner*innen haben auf eigene Faust ökologische Lösungen geschaffen: mit Hilfe eines universitären Projekts wurden sogenannte „Evapotranspirationsgruben“ errichtet – aus alten Reifen, Bauschutt und tropischen Pflanzen wie Bananenstauden. Diese übernehmen die Filterung und Rückführung des Wassers in die Atmosphäre. Es ist ein kostengünstiges Modell, das lokale Bedingungen mit wissenschaftlichem Know-how verbindet – doch es bleibt die Ausnahme.

Fortschritt am Festland – Stillstand auf den Inseln

Während auf den Inseln improvisiert wird, zeigt sich auf dem Festland bereits Veränderung: In bestimmten Stadtteilen wurden Flussläufe kanalisiert, Abwassersysteme installiert und Straßen erneuert. In Gegenden, die früher regelmäßig unter Wasser standen, hat sich die Situation deutlich verbessert. Anwohner*innen berichten, dass sie ihre Möbel nicht mehr bei jedem Regen auf Ziegel stellen müssen – ein einfacher, aber symbolträchtiger Fortschritt.

Auch wenn über fehlende Bäume und Schatten diskutiert wird, überwiegt für viele die Erleichterung über trockene Wohnräume. Die Landesregierung betont, dass diese Maßnahmen bereits vor der COP30 geplant waren und bis zur Konferenz abgeschlossen sein werden. Laut offiziellen Angaben könnten davon rund 900.000 Menschen profitieren. Doch auf den Inseln bleibt die Lage ungewiss. Die offizielle Umweltbehörde wurde zum Stand des Managementplans befragt – eine Antwort steht weiterhin aus.

Ein Appell aus dem Herzen Amazoniens

Die COP30 wird über globale Strategien entscheiden – doch sie darf nicht vergessen, dass die Klimakrise vor Ort beginnt. Die Menschen, die in und mit dem Amazonas leben, brauchen mehr als Symbole. Sie brauchen Wasser, Würde – und endlich konkrete Taten.

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