Atlas der brasilianischen Amazonasregion zeigt neue Perspektiven auf

Was steckt wirklich hinter dem grünen Mythos?
Ein neuer Atlas gibt der brasilianischen Amazonasregion eine Stimme – jenseits von Klischees über undurchdringlichen Urwald und „unberührte Natur“. Die Publikation beleuchtet die Lebensrealitäten der Menschen vor Ort, zeigt die Folgen von Umweltzerstörung und organisiertem Verbrechen – und macht Mut mit Beispielen für Widerstand und nachhaltige Zukunftsmodelle Der Atlas vereint 32 Beiträge, Autorinnen und Autoren indigener, quilombolischer und ribeirinho-Gemeinschaften kommen ebenso zu Wort wie Wissenschaftlerinnen und Aktivisten.

Flussbewohner Amazoniens – Foto: paulo duarte auf Pixabay

Im Mittelpunkt steht die Erkenntnis, dass der Amazonas weit mehr ist als nur „unberührter Regenwald“. Rund 75 Prozent der Bevölkerung lebt in urbanen Räumen. Gleichzeitig bestehen enge, traditionell gewachsene Beziehungen zwischen Mensch und Natur, die oft übersehen werden – etwa in Formen nachhaltigen Wirtschaftens und Lebens, die zum Schutz des Ökosystems beitragen.

Der Atlas erscheint in einer Zeit tiefgreifender Krisen: Massive Entwaldung, der Anstieg illegaler Aktivitäten wie Goldabbau und Landraub, sowie eine zunehmende Präsenz des organisierten Verbrechens belasten die Region. Zwischen 2019 und 2022 nahm die Zerstörung der Wälder stark zu, während bewaffnete Gruppen – auch durch politischen Rückhalt begünstigt – ihren Einfluss ausweiten konnten. Umweltaktivistinnen und -aktivisten sind massiv gefährdet: Allein 2022 wurden in der Region 39 von ihnen ermordet.

Hinzu kommen klimatische Extremereignisse wie historische Dürren, die Flusssysteme lahmlegten und Versorgungskrisen auslösten. Im Jahr 2024 erreichte die Zahl der Waldbrände den höchsten Stand der letzten 17 Jahre. Rauch und Luftverschmutzung wirkten sich bis weit über die Amazonasregion hinaus auf die Gesundheit der Bevölkerung aus.

Die Publikation richtet den Blick jedoch nicht nur auf Missstände. Sie zeigt auch den Widerstand und die Mobilisierung vor Ort: zivilgesellschaftliche Organisationen, indigene Bewegungen und lokale Kollektive entwickeln Gegenmodelle und fordern Mitsprache in politischen und ökologischen Entscheidungsprozessen – auf regionaler wie globaler Ebene. Ihre Perspektiven bilden einen wichtigen Beitrag zur Diskussion um Klima- und Umweltgerechtigkeit.

Mit dem Atlas soll nicht zuletzt der internationale Dialog gestärkt werden – auch im Hinblick auf die UN-Klimakonferenz COP30, die 2025 in der brasilianischen Amazonasregion stattfinden wird. Die Publikation versteht sich als Einladung, die Region neu zu betrachten: nicht als rückständigen Naturraum, sondern als komplexes, lebendiges Territorium mit vielfältigen Stimmen und Zukunftsentwürfen.

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