Die Versteigerung von 19 Erdölförderblöcken im Amazonasdelta durch die brasilianische Erdölbehörde ANP (Agência Nacional do Petróleo) hat scharfe Kritik von Umweltorganisationen wie Greenpeace Brasilien und WWF-Brasilien ausgelöst. Die NGOs sehen in dem Schritt einen Widerspruch zu den klimapolitischen Verpflichtungen Brasiliens – insbesondere in einem Jahr, in dem das Land Gastgeber der UN-Klimakonferenz COP30 in Belém sein wird.

Was ist passiert?
Von den 47 ausgeschriebenen Förderblöcken der 5. Runde des ANP-Dauerangebots wurden 19 versteigert. Zehn davon gingen an ein Konsortium bestehend aus Petrobras und ExxonMobil Brasilien. Auch Chevron Brasilien und CNPC Brasil beteiligten sich an der Auktion. Insgesamt wurden über 16.000 km² in einer der ökologisch sensibelsten Küstenregionen des Amazonasgebietes vergeben.
Versteigerung fällt mit Klimaverhandlungen in Bonn zusammen
Laut Greenpeace ignoriert die Versteigerung den aktuellen Kontext der Klimaverhandlungen bei der UN-Klimakonferenz in Bonn, bei der Delegationen daran arbeiten, Fortschritte für eine gerechte Energiewende zu erzielen. Anstatt empfindliche Ökosysteme zu schützen, erweitere Brasilien seine Erdölexploration in einer Region mit hoher sozioökologischer Bedeutung.
Gefahr für die Biodiversität
Der WWF-Brasilien betont, dass die Amazonasmündung, Teil der sogenannten Äquatorialen Atlantikküste, zu den artenreichsten Regionen der Erde zählt. Sie beherbergt unter anderem Mangrovenwälder, die essenziell für den Küstenschutz, die Kohlenstoffbindung und die Ernährungssicherheit tausender Menschen sind. Zudem überschneiden sich laut WWF mehrere Förderblöcke mit Schutzgebieten und indigenen Territorien, was rechtliche und soziale Konflikte nach sich ziehen könnte.
WWF: Erdölprojekte ökonomisch fragwürdig
Untersuchungen zufolge könnten bis zu 85 % der von Petrobras geplanten Erdölförderung in einem 1,5°C-kompatiblen Szenario wirtschaftlich unrentabel sein. Der WWF sieht das Explorationsmodell daher als unvereinbar mit den Zielen des Pariser Abkommens, das einen schrittweisen Ausstieg aus fossilen Energieträgern vorsieht.
Umweltaufsicht in Gefahr
Zusätzlich warnen Umweltverbände vor dem möglichen Inkrafttreten des Gesetzentwurfs PL 2159/2021. Dieses Vorhaben könnte das Umweltgenehmigungsverfahren erheblich vereinfachen und somit den Schutz empfindlicher Regionen wie der Äquatorialküste weiter schwächen. Umweltorganisationen bezeichnen den Vorschlag als „Gesetz der Verwüstung“ und sehen darin eine ernsthafte Bedrohung für die Integrität der Umweltkontrollmechanismen in Brasilien.
Greenpeace fordert eine erdölfreie Amazonasregion
Greenpeace kritisiert das Argument, die Einnahmen aus der Erdölförderung zur Finanzierung der Energiewende zu nutzen. „In Öl zu investieren, um Erneuerbare zu finanzieren, ist wie ein Feuer mit Alkohol löschen zu wollen“, so die Sprecherin von Greenpeace Brasilien.
Stimmen zum Thema
„Es ist alarmierend, dass über 40 % der ausgeschriebenen Förderblöcke in der Amazonas-Mündung bei der Auktion vergeben wurden. Mit der Übernahme von zehn Blöcken im Konsortium mit ExxonMobil Brasilien übernimmt Petrobras eine führende Rolle in einem riskanten politischen Projekt, das Brasiliens Umweltglaubwürdigkeit untergräbt,“ sagt die Sprecherin für Meerespolitik bei Greenpeace Brasilien.
„Mit dem Erwerb von Förderblöcken in der Foz do Amazonas ignoriert Petrobras wissenschaftliche Warnungen, soziale und ökologische Risiken sowie das Pariser Abkommen. Es ist eine gefährliche Wette auf fossile Vermögenswerte, die nur dann profitabel sind, wenn die Welt beim Kampf gegen den Klimakollaps scheitert. Wir sprechen hier über eine der empfindlichsten Regionen des Planeten – mit einzigartigen Ökosystemen wie dem Großen Amazonasriffsystem und über 80 % der Mangrovenwälder des Landes“.
„Diese Ökosysteme bilden die Grundlage für Fischerei, Ernährungssicherheit und den Lebensunterhalt tausender Familien. Anstatt die Energiewende aktiv voranzutreiben, setzt Petrobras auf ein risikobehaftetes Portfolio mit ungewissem Ertrag – und gefährdet damit die klimatische Zukunft Brasiliens und des gesamten Planeten, so die Sprecherin von Greenpeace Brasilien.“