Ein Bericht über die größten Süßwasserspeicher der Erde
Von außen wirkt der Baikalsee ruhig, beinahe zeitlos. Still liegt er in der Weite Sibiriens, sein Wasser glasklar, tiefblau, eiskalt. Doch unter der Oberfläche verbirgt sich ein Schatz, der in den kommenden Jahrzehnten möglicherweise wertvoller wird als Öl oder Gold: Süßwasser. Fast ein Fünftel der weltweiten flüssigen Süßwasserreserven lagern in diesem einzigen See. Tausende Kilometer entfernt, in Brasilien, fließt der Amazonas – gewaltig, unaufhaltsam, Leben spendend. Und unter der Erde schlummert dort ein weiteres Juwel: der Guarani-Aquifer, eines der größten Grundwasserreservoire der Erde. Die Frage ist: Wie lange noch?
Der stille Riese Sibiriens: Der Baikalsee
Mit über 1.600 Metern Tiefe und einem Volumen von rund 23.000 Kubikkilometern ist der Baikalsee nicht nur der tiefste, sondern auch der volumenmäßig größte Süßwassersee der Welt. Etwa 20 Prozent des globalen flüssigen Süßwassers befinden sich in diesem einen See. Ein ökologisches Juwel – klarer als jedes andere Gewässer seiner Größe, uralt und Heimat zahlreicher endemischer Arten.

Doch der Baikalsee ist kein abgeschottetes Naturwunder. Klimawandel, Industrieabwässer und geplante Wasserexporte, etwa in Richtung China, setzen dem Ökosystem zu. Was heute noch wie ein unerschöpflicher Speicher wirkt, könnte in Zukunft zum Symbol eines globalen Wasserkonflikts werden.
Brasilien – reich an Wasser, arm an Management?
Auch Brasilien könnte eigentlich entspannt in die Zukunft blicken: Der Amazonas ist der wasserreichste Fluss der Welt. Etwa 20 Prozent des weltweit abfließenden Süßwassers rauschen täglich durch sein weitverzweigtes Becken. Doch es ist ein Fluss, kein Speicher – das Wasser kommt, geht, überflutet, trocknet aus. Hinzu kommt: Das Amazonasgebiet ist besonders sensibel gegenüber dem Klimawandel. Die zunehmende Abholzung gefährdet die natürlichen Wasserzyklen in einem noch kaum verstandenen Ausmaß.
Und dann gibt es da noch den Guarani-Aquifer – ein unterirdisches Wasserreservoir, das sich unter Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay erstreckt. Etwa 37.000 Kubikkilometer Süßwasser lagern dort, geschützt vor Verdunstung, aber nicht vor Übernutzung. 70 Prozent dieses Aquifers befinden sich in brasilianischem Boden. Seine Bedeutung als strategische Wasserquelle wächst – doch wie nachhaltig ist seine Nutzung wirklich?
Kann das Wasser ausgehen?
Rein rechnerisch lässt sich abschätzen, wie lange ein Süßwasserspeicher reicht. Nimmt man das Volumen und setzt es ins Verhältnis zum jährlichen Verbrauch, entsteht eine theoretische Zahl – 500 Jahre, 800 Jahre, vielleicht weniger. Aber solche Rechnungen sind trügerisch.Wasser lässt sich nicht wie Erdöl aus einem Tank zapfen. Nicht alles ist erreichbar, nicht alles ist sauber, und nicht alles lässt sich schnell genug erneuern.

Im Fall des Guarani-Aquifers etwa ist nur ein Teil des Wassers technisch und wirtschaftlich nutzbar. Die Wiederauffüllrate ist langsam, mancherorts fast null. Auch der Baikalsee lebt vom Gleichgewicht zwischen Zuflüssen, Verdunstung und menschlichem Eingriff. Gerät dieses Gleichgewicht ins Wanken, kippt das System.
Wer trägt die Verantwortung?
Sowohl Brasilien als auch Russland besitzen gewaltige Mengen an nutzbarem Süßwasser – eine Art natürlicher Reichtum, der im 21. Jahrhundert womöglich zu einem entscheidenden geopolitischen Faktor wird. Doch damit geht auch Verantwortung einher. Brasilien kämpft mit ungleicher Wasserverteilung, Verschmutzung durch Landwirtschaft, und politischem Druck zur Privatisierung. Im wasserreichen Norden fließen Milliarden Liter täglich durch den Regenwald, während im Süden des Landes teils Trockenheit herrscht.
Russland dagegen steht vor der Herausforderung, den Baikalsee zu schützen, ohne den wirtschaftlichen Nutzen zu opfern. Die Versuchung, Wasser zu exportieren oder Industriezonen rund um den See zu entwickeln, ist groß. Doch der Preis könnte hoch sein – ökologisch wie diplomatisch.
Die Welt schaut hin
In einer Zeit, in der der Zugang zu sauberem Wasser nicht mehr selbstverständlich ist, könnten die Länder mit den größten Reserven bald im Mittelpunkt internationaler Interessen stehen. Schon heute sprechen Analysten davon, dass Wasser das neue Öl sein könnte.
Was bleibt, ist eine Verantwortung, die über nationale Grenzen hinausgeht. Der Baikalsee in Russland und die Süßwasserressourcen Brasiliens sind nicht nur nationale Schätze – sie sind Teil des globalen Wasserkreislaufs, von dem alle abhängen.
Fazit: Süßwasserspeicher – Reichtum mit Verantwortung
Süßwasser ist keine unerschöpfliche Ressource. Die größten natürlichen Speicher – ob sichtbar wie der Baikalsee oder verborgen wie der Guarani-Aquifer – sind beeindruckend in ihrer Größe, aber empfindlich in ihrem Gleichgewicht. Sie sind nicht nur nationale Vorräte, sondern globale Lebensgrundlagen, die unter Druck geraten: durch den Klimawandel, durch Übernutzung, durch politisches Kalkül.
Russland und Brasilien verfügen über entscheidende Wasservorkommen – und damit über eine große Verantwortung. Beide Länder könnten in einer wasserknappen Zukunft geopolitisch an Bedeutung gewinnen, aber nur, wenn sie gleichzeitig als Hüter und nicht als Ausbeuter ihrer Ressourcen handeln.
Die entscheidende Frage lautet nicht: Wie viel Wasser haben wir?, sondern: Wie nachhaltig gehen wir damit um? Denn die Zukunft des Wassers entscheidet sich nicht nur in Gletschern, Seen oder Flüssen – sie entscheidet sich in unserem Umgang mit einem Gut, das für viele heute schon knapp ist.
Größte Süßwasserspeicher der Welt: Vergleich Brasilien und Baikalsee
Wasser ist eine der wichtigsten natürlichen Ressourcen – insbesondere Süßwasser ist entscheidend für das Leben auf der Erde. Zwei der größten Süßwasserspeicher befinden sich in Brasilien und in Russland. Beide Länder tragen auf unterschiedliche Weise massiv zum globalen Wasservorkommen bei.
Baikalsee – Der größte flüssige Süßwasserspeicher der Erde
Ort: Sibirien, Russland
Tiefe: ca. 1.642 Meter (tiefster See der Welt)
Volumen: ca. 23.000 km³ Süßwasser
Anteil am weltweiten flüssigen Süßwasser: etwa 20 %
Besonderheiten:
Ältester Süßwassersee der Erde (ca. 25 Millionen Jahre)
Kristallklares, nährstoffarmes Wasser mit einzigartiger Biodiversität
Brasilien – Ein globales Süßwasser-Kraftwerk
Amazonasbecken
Ort: Nordbrasilien und angrenzende Länder
Wasserführung: Amazonas führt mehr Wasser als jeder andere Fluss (~209.000 m³/s)
Anteil am weltweiten Abfluss von Süßwasser: etwa 20 %
Ausdehnung: über 7 Millionen km²
Vielfalt: Tausende Flüsse, Überschwemmungswälder und Seen bilden ein riesiges Süßwasser-Netzwerk
Guarani-Aquifer (Grundwasserreservoir)
Ort: Brasilien, Argentinien, Paraguay, Uruguay
Gesamtspeichervolumen: geschätzt ca. 37.000 km³ (größer als Baikalsee, aber unterirdisch)
Fläche in Brasilien: etwa 840.000 km² (ca. 70 % des Aquifers)
Nutzung: Trinkwasserversorgung, landwirtschaftliche Nutzung, strategische Wasserreserve
Nutzungseinschränkung: Nicht vollständig zugänglich; Schutz vor Übernutzung nötig
Künstliche Süßwasserspeicher (Stauseen)
Wichtige Stauseen für Energiegewinnung:
Itaipu-Stausee (einer der leistungsstärksten Wasserkraftwerke der Welt)
Tucuruí, Sobradinho, u.a.
Diese Speicher sind groß, aber vorrangig zur Energieerzeugung gebaut, nicht zur Trinkwasserspeicherung
Vergleich: Baikalsee vs. Brasilianische Süßwassersysteme
Baikalsee: See
Volumen: (flüssiges Süßwasser) ca. 23.000 km³
Tiefe: 1.642m
Anteil an weltweitem Süsswasser: ca. 20%
Brasilien (Amazonas/Guarani): Flusssystem & Grundwasser (Aquifer)
Volumen Amazones: riesige Durchlaufmenge
Guarani: ca. 37.000 km³ (Grundwasser)
Tiefe: Guarani: bis zu 1.800 m unter der Erde
Anteil an weltweitem Süsswasser: ca. 20%
Fazit
Sowohl der Baikalsee als auch die Süßwasserressourcen in Brasilien zählen zu den bedeutendsten der Erde – allerdings in unterschiedlicher Form:
- Der Baikalsee ist der größte stehende Süßwasserspeicher mit weltweit einzigartigen Tiefen- und Klarheitswerten.
- Brasilien besitzt mit dem Amazonasbecken das größte Flusssystem und mit dem Guarani-Aquifer eines der größten Grundwasserreservoire weltweit.
