Nach Angaben des Observatório Brasileiro de Políticas Públicas com População em Situação de Rua (OBPopRua) an der Universität von Minas Gerais lebten im Oktober insgesamt 358.553 Menschen auf der Straße. Besonders betroffen ist der Bundesstaat São Paulo mit 148.730 Obdachlosen, davon 99.477 allein in der Hauptstadt.

Es folgen Rio de Janeiro mit 33.081 und Minas Gerais mit 32.685 Menschen. Diese drei Bundesstaaten vereinen damit rund 60 Prozent der gesamten Straßenbevölkerung Brasiliens auf sich.
Die Erhebung stützt sich auf Daten der Plattform CadÚnico, die landesweit Sozialhilfe-Informationen aus den Kommunen bündelt. Etwas geringere, aber dennoch beachtliche Zahlen zeigen sich im Süden und Nordosten des Landes, darunter:
- Paraná: 17.091 Menschen
- Bahia: 16.603
- Rio Grande do Sul: 15.906
- Ceará: 13.625
- Santa Catarina: 11.805
- Roraima: 9.954
Deutlicher Anstieg
Auffällig ist die Lage im nördlichen Bundesstaat Roraima, der inzwischen mehr Menschen auf der Straße hat als etwa der Distrito Federal, Pernambuco oder Amazonas, obwohl diese Regionen deutlich mehr Einwohner und größere Städte aufweisen.
Zum Vergleich: Die Hauptstadt Boa Vista hat weniger als eine halbe Million Einwohner, während Brasília, Recife und Manaus jeweils über 1,5 Millionen Menschen zählen.
Noch eindrücklicher wird das Bild beim Blick auf die Entwicklung: 2018 lebten in Boa Vista etwas über 1.000 Menschen auf der Straße – heute fast zehnmal so viele. Dieser Anstieg liegt weit über dem landesweiten Durchschnitt:
Im selben Zeitraum stieg die Zahl der Obdachlosen in Brasilien insgesamt von 138.000 auf 358.000, in São Paulo von knapp 39.000 auf rund 100.000.
Das Observatorium spricht von einer alarmierenden Tendenz und weist auf strukturelle Probleme hin:
„Die Missachtung der Bundesverfassung von 1988 gegenüber der obdachlosen Bevölkerung hält an. Es gibt kaum Fortschritte bei der Sicherung ihrer Rechte, besonders für die mehrheitlich Schwarze und historisch stark benachteiligte Bevölkerungsgruppe“, heißt es in einer Stellungnahme.
Zudem kritisieren die Forschenden die mangelnde Transparenz bei den Daten: Informationen über die Situation obdachloser Menschen müssten öffentlich, zugänglich und nachvollziehbar für die gesamte Gesellschaft sein, was bisher nicht der Fall ist.
