Wiederaufnahme der nachhaltigen Kautschukgewinnung im Nordwesten von Mato Grosso

Im Nordwesten des brasilianischen Bundesstaates Mato Grosso hat das indigene Volk der Rikbaktsa die nachhaltige Gewinnung von Kautschuk wieder aufgenommen – ohne Zwischenhändler und unter Achtung der Natur. Diese Tätigkeit, vor etwa einem Jahrzehnt aufgegeben, wird heute erneut als Möglichkeit gesehen, Einkommen zu generieren und gleichzeitig die Erhaltung der Kautschukbäume (Hevea brasiliensis) zu fördern, die in der Region als „Mütter des Waldes“ gelten.

Kautschukgewinnung – Foto: Fernando Frazão/Agencia Brasil

Die Kautschukproduktion erfolgt im Einklang mit den natürlichen Zyklen der Pflanzen. Dabei wird darauf geachtet, die Bäume nicht zu stark zu verletzen. Die Schnitte zur Latexgewinnung bleiben oberflächlich, und regelmäßige Pausen ermöglichen die Regeneration der Bäume, die über 200 Jahre alt werden können.

In der Vergangenheit kam es zwischen den Rikbaktsa und nicht-indigenen Kautschuksammlern häufig zu Konflikten um das Land. Später begannen die Indigenen selbst mit der Latexgewinnung, gaben sie jedoch aufgrund niedriger Preise und logistischer Herausforderungen wieder auf. Derzeit erleben Gemeinschaften in der Amazonasregion eine Wiederbelebung dieser traditionellen Praxis – diesmal unter fairen Bedingungen und mit direktem Marktzugang, unterstützt durch Projekte zur nachhaltigen Nutzung des Regenwaldes.

Eines dieser Projekte ist „Biodiverso“, das in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Organisationen – unter anderem dem Memorial Chico Mendes und dem französischen Reifenhersteller Michelin – umgesetzt wird. Das Projekt unterstützt indigene Gemeinschaften durch Schulungen, Umweltbildung, Ausrüstung und Logistik. Es ist Teil des Programms „Juntos pela Amazônia“ (Gemeinsam für den Amazonas), das die extraktivistische Kautschuk-Wertschöpfungskette revitalisieren will.

In den Jahren 2008 produzierten die beteiligten Territorien rund 17 Tonnen Naturkautschuk für Michelin. Nun sollen diese Partnerschaften wieder aufgenommen und langfristig gesichert werden. Bis 2027 wird mit einem Gesamtvolumen von 90 Tonnen Kautschuk gerechnet. Das Projekt umfasst mehrere indigene Territorien und eine extraktivistische Reservatfläche.

Auch in den Dörfern selbst stößt die Wiederaufnahme der Produktion auf großes Interesse. Sowohl erfahrene als auch jüngere Bewohner engagieren sich in der Latexgewinnung, um Einkommen zu erzielen und das Wissen an die nächste Generation weiterzugeben. Dabei steht stets der respektvolle Umgang mit den Bäumen im Vordergrund.

In der extraktivistischen Reserve Guariba Roosevelt wird der gewonnene Kautschuk bereits an das französische Schuhunternehmen Veja verkauft. Dort erzielte man 2024 ein Volumen von 8,2 Tonnen, was rund 123.000 Reais einbrachte. Für die indigenen Territorien im Nordwesten von Mato Grosso ist ab 2025 ein fester Abnahmepreis von 13 Reais pro Kilogramm Latex mit Michelin vereinbart worden.

Das Projekt Biodiverso wird von der Organisation Pacto das Águas umgesetzt und durch das Petrobras-Sozialprogramm finanziert. Es verfolgt das Ziel, nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt in indigenen und traditionellen Gemeinschaften zu fördern – als Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels.

Bis 2027 soll das Projekt 300 extraktivistische Produzent*innen unterstützen und die Produktion von 800 Tonnen Paranüssen, 90 Tonnen Kautschuk und 15 Tonnen Copaíba-Öl ermöglichen. Zugleich sollen 1,4 Millionen Hektar Amazonaswald erhalten bleiben.

Das Volk der Rikbaktsa hat die nachhaltige Gewinnung von Kautschuk wieder aufgenommen – Foto: Fernando Frazão/Agência Brasil

Mit der direkten Zusammenarbeit zwischen Produzent*innen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Unternehmen wird ein neues Modell der wirtschaftlichen Nutzung des Waldes etabliert: transparent, gerecht und umweltverträglich – ohne ausbeuterische Zwischenhändler und mit fairen Preisen für nachhaltige Produkte.

Extraktivistisch: bezieht sich auf eine traditionelle Form der Ressourcennutzung, bei der natürliche Produkte wie Latex, Nüsse oder Öle schonend aus dem Wald entnommen werden, ohne ihn zu zerstören. Diese Form der Nutzung wird oft von indigenen oder traditionellen Gemeinschaften betrieben.

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