Karneval in Rio 2013: Parade Unidos da Tijuca

Unidos da Tijuca präsentiert Deutschland in einer kreativen Parade, aber voller Probleme

Unidos da Tijuca_Dietmar Lang  IAPF_IMG_9479Hämmer, die schweben, Kostüme, die ihre Farben wechseln, Sound-Effekte, die Donner imitieren, ein Toboggan von fünfzehn Metern mitten auf der Avenida Sapucaí. Um das Deutschland-Jahr in Brasilien zu feiern, überraschte die “Unidos da Tijuca“ mit zahlreichen Spezialeffekten.

Als Dritte der Paraden dieses Sonntags (10), präsentierte der Champion des Rio-Karnevals im vergangenen Jahr diesmal das Thema “Desceu num raio, é trovoada! O Deus Thor pede passagem para mostrar nessa viagem a Alemanha Encantada“ (Mit einem Blitz kam er herunter, er ist der Donner! Der Gott Thor möchte auf dieser Reise das entzückende Deutschland präsentieren.). Die Parade zeigte den Beitrag des deutschen Volkes an die brasilianische Zivilisation und erfasste Themen wie Kunst, Musik, Wissenschaft und Technologie.

Die “Unidos da Tijuca“ ist der derzeitige Karnevals-Champion der Cariocas und hat auch den Titel im Jahr 2010 gewonnen. Der Karnevalist Paulo Barros, bekannt durch die Originalität seiner Arbeit, präsentierte auf der Sapucaí Wesen aus der deutschen Mythologie und dem Reich der Märchen – und viel Spielzeug.

Trotz der Kreativität dieser Parade, stellten sich zahlreiche Probleme ein. Der Druck begann gleich am Anfang, als wegen eines Fehlers beim Rangieren ein Teil des “Abre-alas-Wagens“ zerbrach, und einer der Mitwirkenden es während der gesamten Parade halten musste. Deshalb entstand ein “Loch“ zwischen der Front-Kommision und dem “Abre-alas“ – was zu Punktabzug führen kann.

Paulo Barros zeigte sich besorgt. “Wenn ich bis jetzt keinen Infarkt bekommen habe, dann bekomme ich ihn nicht mehr“, sagte er zu einem Reporter. Seiner Meinung nach ist die Kurve am Anfang der Avenida hinderlich. “Der Sambadromo ist herrlich, aber ihr müsst eine Lösung für dieses Problem finden. Es ist schwierig, den Karneval in diesem Zustand reibungslos durchzuziehen Obtakel, meinte er.

Derselbe Wagen hatte dann noch ein elektrisches Problem gegen Ende der Parade und blieb stehen, kurz vor dem Ausgang. Die nachfolgenden Teilnehmer der Alas mussten um ihn herum marschieren – und dann war man besorgt, dass die nachfolgenden Wagen nicht vorbeikommen könnten. Man löste dann das Problem, indem man den Wagen mit einer elektrischen Säge zerschnitt.

Auch der zweite Wagen hatte Probleme. Gleich nach Einfahrt in die Avenida stieg Rauch von seinem Oberdeck auf. Vier Feuerwehrleute kletterten hinauf, um den Mitgliedern oben zu Hilfe zu kommen. Das Problem wurde schnell beseitigt und der Wagen konnte weiterfahren, aber ein weiteres “Loch“ in der Parade bildete sich zwischen ihm und der ersten Allegorie.

Weiter vorne wurde es einer Person eines anderen Wagens schlecht – wahrscheinlich durch die Hitze. Sie wurde von den Feuerwehrmännern behandelt – es geht ihr gut. Und am Ende der Parade, schon am Ausgang, fiel eine Frau im Wagen des “Zauberwalds“ in Ohnmacht und wurde mit einer Ambulanz abtransportiert.

Die “Unidos da Tijuca“ war in sechs Sektoren unterteilt, mit sechs Allegorien, jede von ihnen inszenierte einen Abschnitt des Themas. Insgesamt paradierten 3.800 Komponenten, unterteilt in 30 Alas.

Die Überraschungen von Paulo Barros begannen bereits mit der Front-Kommission. Teilnehmende verkleidet als der Donnergott Thor – verantwortlich für den Verlauf der Geschichte entsprechend dem Thema – führten einen Hammer mit sich, der zu schweben schien.

Auf einem Wagen, der eine Fahne mitführte, deren eine Hälfte die deutsche, die andere Hälfte die brasilianischen Hoheitszeichen präsentierte, bogen andere ihre Körper weit nach hinten, dass es den Anschein hatte, sie würden jeden Moment fallen – jedoch steckten ihre Beine fest in auf den Boden genagelten Stiefeln – jeder von sieben Kilo Gewicht.

Die “Alte Garde“ der Schule, jene honorigen, betagten Mitglieder, die in der Regel erst am Ende der Parade auftreten, wurden in diesem Fall bereits vor dem Wagen “Abre-alas“ postiert.

Und mit dem Auftritt des “Abre-alas“ erzitterte die Sapucaí im Donner aus gigantischen Lautsprechern. Angespornt vom donnernden Sound-Effekt, schritten einige Teilnehmer zu einer Demonstration des Wasserspringens in einen Pool mit schwarzem Schaum. Dieser Wagen war der grösste der Schule in diesem Jahr – 11 Meter Länge.

Zusammen seit zwanzig Jahren auf der Avenida, war das erste Paar “Mestre-sala und Porta-bandeira“ vollkommen schwarz eingekleidet, das Kostüm aus Fasanenfedern, gespickt mit LED-Lichtern, die während der Parade die Farben wechselten – in Gelb, Blau, Rosa und Rot.

Ein anderes Paar danach war in Kostüme verpackt, die ganz aus Gummi bestanden und in verschiedenen, matten Blautönen bemalt waren.

Ein weiterer lebendiger Wagen der Allegorie “A floresta encantada“ (Der Zauberwald) präsentierte 75 Zwerge, die sich in tanzende Pilze verwandelten. Die Mitglieder dieses Wagens durften nicht grösser als 1,72 m sein, um in ihr Kostüm zu passen.

Der Themen-Samba wurde interpretiert von Bruno Ribas, angefeuert von der Perkussion unter Mestre Casagrande. Die Rhythmiker waren als “Bremer Stadtmusikanten“ kostümiert, in Referenz an das Märchen der Gebrüder Grimm. Die Schauspielerin Juliana Alves gab ihr Debut als Königin der Perkussion bei der “Tijuca“.

Der dritte Teil der Parade widmete sich der Kunst und der Kultur. In diesem Sektor erschienen Referenzen auf den deutschen Film “Der blaue Engel“, auf das Theater von Goethe, auf die Musik und die Oper “Der fliegende Holländer“, von Wagner, und andere.

Dann betrat “Tijuca“ das infantile Universum, mit Spielzeug, das von den Deutschen erfunden worden ist, wie der Seilturner und das Playmobil. Auch verschiedene Figuren aus Märchen der Gebrüder Grimm wurden zum Leben erweckt.

Ein Wagen, der einen Vergnügungspark darstellte, präsentierte auf der Piste des Samba einen Pool mit 12.000 Litern Wasser und einem Toboggan (kufenloser Schlitten), von dem dreissig Mitwirkende während der Parade ins Wasserrutschten – bei der herrschenden Hitze ein besonderes Privileg.

Mit dem fünften Sektor erschienen deutsche Erfindungen auf der Bildfläche, wie der Röntgenapparat, der Zeppelin und die für Kriegszwecke entwickelten Raketen – Vorläufer der Raumschiffe, die den Menschen zum Mond gebracht haben. Auch der von Gutenberg entwickelte Buchdruck wurde geehrt.

Die Parade endete mit einer besonderen Ehrung des Deutschen Jahres in Brasilien, mit der Präsentation der deutschen Küche, dem Bier und dem Vermächtnis der deutschen Einwanderer. Der letzte Wagen präsentierte 60 gigantische “Tulpen“ (Gläser) mit Bier – ein Kompressor produzierte sprudelnden Schaum.

Nach der Präsentation der Parade sagte Paulo Barros im TV, dass die Parade “perfekt“ gewesen sei. TV Globo bestätigte, dass sie von den Problemen am Eingang zur Avenida nichts gewusst hätten. “Hatte es etwas mit dem Wagen “Abre-alas“ zu tun? “ fragte die Entertainerin Ana Paula Araújo. Und fuhr fort: “Das ist ein sehr komplexer Wagen, da gibt’s immer ein Risiko“.

Paulo Barros: “Ich habe das Gefühl, dass mein Auftrag erfüllt ist. Die Tribüne war fröhlich und empfänglich. Ich bin zufrieden“, sagte er.

Gegründet 1931, ist die Samba-Schule “Unidos da Tijuca“ eine der ältesten Brasiliens – sie entstand aus der Vereinigung von zwei Blocks rund um den Morro do Borel, einem Favela-Wohngebiet im Stadtteil Tijuca, in der Nordzone von Rio de Janeiro. Die Schule war Champion im Jahr 1936 und danach hatte sie viele Jahre lang Schwierigkeiten – stieg ab in die Aufsteigergruppe A. 2004, mit dem Karnevalisten Paulo Barros, erregte sie die Aufmerksamkeit des Publikums mit dem kreativen “Carro do DNA“. Von da an bis heute hat die Schule zweimal den Titel, als Champion der Spitzengruppe, und dreimal den des Vize errungen.

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Aus unserer Redaktion · Bildquelle: Dietmar-Lang-IAPF

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