Sambaschulen setzen auf Recycling: Tausende Mülltüten in Luxuskostüme verwandelt

Hunderte von Händen verwandeln jedes Jahr aufs Neue Tonnen von Stoff, Kilometerweise Spitze, Tüll, Moosgummi, Perlen, Federn und anderes Material in prachtvolle „fantasias“, Kostüme, für die berühmten Sambaparaden der großen Städte Brasiliens. Die Hauptzutaten der Kostüme sind dabei Phantasie und Kreativität. Die sind auch gefragt, wenn es um die Beschaffung der Materialien geht.

Beija-flor Carnaval 2023 – Foto: Museu de Arte Moderna do Rio/MAM

Denn längst wird nicht mehr alles neu gekauft, sondern recycelt. Was im vergangenen Jahr einen Hut geziert hat, schmückt dieses Jahr Kleider. Ausrangierte Musik-CDs werden zu Spiegeln, Plastiktüten zu Röcken und Teppichreste zur Verkleidung.

Mal sind die Kostüme prachtvoll, mal witzig. Gemein haben sie, dass Teile von ihnen von Kostümen der Vorjahre stammen. Manchmal kommen aber auch völlig neue Materialien hinzu. Damit die fantasias glitzern werden unter anderem tausende von Perlen und Spiegel aufgeklebt.

Die Sambaschule Unidos da Tijuca von Rio de Janeiro hat sich dieses Mal aber noch etwas anderes einfallen lassen. Sie hatte zu Spenden von alten CDs aufgerufen, die heutzutage kaum mehr benutzt werden und eigentlich Müll sind. Über 800 der runden Scheiben sind als Spenden eingegangen. Sie wurden kleingeschnitten und statt der Spiegel auf die Kostüme aufgeklebt, um diese bei den Umzügen zum Glitzern zu bringen.

Auch Acadêmicos do Salgueiro setzt auf ungewöhnliche Materialien. Die Kostümschöpfer haben tausende von Müllsäcken und übrig gebliebene Stoffreste verarbeitet. Insgesamt werden am Sonntag (19. Februar) sechs Kilometer in Kostüme verwandelte Mülltüten auf der Avenida des Sambódromos da Marquês de Sapucaí zu sehen sein. Gleich drei Alas (Abteilungen) werden mit in Luxus verwandeltes Recyclingmaterial auftreten, um die Geschichte des Carnevalesco Joãozinho Trinta zu erzählen.

Bei Paraíso do Tuiuti bekommt Zierpapier für Torten eine völlig neue Verwendungsart. Statt Torten wird es Allegorien schmücken. Auch Joghurtbecher, Schachteln, Eierkarton und anderes Material, das für gewöhnlich im Müll landet, werden bei den Sambaschulen zu einzigartigen Schmuckstücken.

Viele der Sambaschulen setzen bei Kostümen und Allegorien auf die Wiederverwendung. Ist der Karneval vorbei werden Zierbänder, Perlen, Steine abgetrennt und sortiert. Auch die Federn landen in Schachteln und Regalen. Vor allem die Verwendung von Federn von Faisanen, Gänsen, Pfauen, Strauß und anderen Vögeln hat in den vergangenen Jahren in Brasilien für Diskussionen gesorgt. Laut Veganbusiness haben die großen Sambaschulen Brasiliens die 30 Kilogramm oder mehr wiedgenden Kostüme der Porta Bandeira und anderer wichtiger Paradefiguren mit insgesamt drei Tonnen Federn geschmückt.

Allein für die fantasia der Rainha de Bateria der Sambaschule Acadêmicos do Tucuruvi sind im vergangenen Jahr 500 Federn des in Brasilien vorkommenden Nandus verknüpft worden. Die wurden allerdings nicht neu gekauft. Vielmehr werden sie seit 30 Jahren immer wieder verwendet. Manche Rainhas und Prominente weigern sich indes völlig, ihre Kostüme mit Federn von Vögeln ausstatten zu lassen. Sie setzen auf Kunstfedern oder auf Kreationen aus Stoff und Bändern, die entfernt an Federn erinnern.

Genaue Zahlen wieviel von dem Material wieder verwendet wird, das die Sambaschulen für die Kostüme ihrer jeweils 1.500 oder mehr Mitglieder und ihre Allegorien benötigen, gibt es nicht. Fest steht aber, dass sie immer mehr auf Recycling setzen. Das kommt unserem Planeten zugute und verringert ebenso die Ausgaben. Auf der Samba-Avenida selbst erscheinen die Recyclingmaterialen indes als prächtige Luxuskostüme.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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