Rio 2016: Millionen Brasilianer bangen gemeinsam, um dann Fußball-Gold zu feiern

Es war ein spannendes und ein schönes Spiel zweier starker Mannschaften, das den Brasilianern endlich das ersehnte olympische Gold im Fußball gebracht und Millionen Brasilianer über beinahe drei Stunden hinweg vor den Bildschirmen in den Bann gezogen hat.

Auch wenn der Sieg im Elfmeter-Entscheid gefallen ist, hat der Ausgang für den Rückgewinn des Selbstvertrauens in den brasilianischen Fußball gesorgt und in allen Kanten des Landes eine gigantische Festwelle ausgelöst.

Schon nach dem gewonnenen Viertelfinale, haben die Brasilianer auf ein Finale zwischen Deutschland und ihrer Seleção gehofft. Sie wollten eine Revanche für die sieben Tore der Deutschen gegen sie bei der Weltmeisterschaft 2014.

Neymar - Mann des Spiels - Foto: Roberto Castro/ Brasil2016
Neymar – Mann des Spiels – Foto: Roberto Castro/ Brasil2016

Seleção-Trainer Rogério Micale hat das anders gesehen. Weder die beiden Mannschaften noch das Spiel hätten etwas damit zu tun, sagte er. Was sie wollten war Gold. Dreimal haben sie bei olympischen Spielen um Gold gekämpft und mit ihren Niederlagen gegen Frankreich, die damalige Sowjetunion und Mexiko Silber erreicht. Dieses Mal sollte es anders sein.

Nach 26 Minuten verwandelt Neymar einen Strafstoß in das erste Tor Brasiliens und die Fans des Gastgeberlandes geraten endgültig in Ekstase. Sie feiern jeden Schritt ihrer Seleção und buhen auch mal wieder die Kontrahenten aus. Ein Kameraschwenk zeigt einen Zuschauer mit einem Trikot der deutschen Mannschaft, der gelb-grüne Streifen auf seine Backe gemalt hat.

Er wird von den brasilianischen Kommentatoren kurzerhand zum Vertreter des olympischen Geistes auserkoren, ohne dass die 70.000 pfeifenden Zuschauer im Maracanã-Stadion etwas davon mitbekommen. Da ist das Tor der Deutschen noch nicht gefallen, für das Meyer in der 59. Minute sorgt.

Es ist ein spannendes Spiel, vielleicht das spannendste aller bisherigen Olympiaden. Einer der Kommentatoren des größten Fernsehsenders Brasilien ist so nervös, dass er zwischendurch raus gehen muss, um frische Luft zu schnappen.

Die Straßen in den meisten Städten Brasiliens sind wie leer gefegt. Alle schauen Fußball. In vielen Bars und Kneipen drängen sich die Menschenmassen vor den aufgestellten Bildschirmen. Das gilt nicht nur für Rio de Janeiro und dem “Boulevard Olímpico“, der von tausenden gelb-grünen Brasilianern und tausenden Fans aus allen Ecken dieser Welt in ein wogendes Meer verwandelt worden ist.

Eine Rekordzahl von 200.000 Menschen haben sich allein dort versammelt. Im Parque Olympico sitzen ebenso Massen auf dem Rasen, um das Spiel via Live-Übertragung zu verfolgen. Leinwände sind auch an Plätzen und Treffpunkten in den verschiedensten Städten Brasiliens aufgestellt.

In der Verlängerung schreit es bei jedem Angriff Neymars und seinen Kollegen aus allen Kanten Brasiliens aus Millionen Mündern gleichzeitig, “das ist das Tor, das ist das Goldtor“, während bei den deutschen Attacken scharf die Luft eingezogen wird.

Nur im Maracanã-Stadion wird weiter gepfiffen und mit Chorälen angefeuert. Mit “Ich bin Brasilianer mit viel Stolz und viel Liebe“ versucht das überwiegend gelb-grüne Publikum, ihrer Seleção zum zweiten Tor zu verhelfen.

In der kleinen Pause vor der zweiten Halbzeit der Verlängerung wird es vielerorts erst einmal still. Nicht nur die Fußballer sind erschöpft auch die Fans müssen jetzt ein wenig verschnaufen. Vielleicht sind sie auch einfach nur Baff, weil sie sich einen schnelleren Sieg vorgestellt haben.

Kurz später bringt auch das Buhen, zum Verdruß der brasilianischen Fans, die Deutschen nicht aus der Ruhe. Nur ein Tor, das fällt nicht. Innerlich wird sich schon auf ein Elfmeterschießen eingestellt, während die Dramatik im Stadion mit jeder Minute steigt.

Zwischendurch wird noch der Schiedsrichter mit unschönen, flätigen Beschimpfungen bedacht, weil er kein Foul gibt. Dann kommt der Abpfiff und das fingernagelzerstörende Elfmeterschießen.

Als Torwart Weverton den Schuß von Nils Petersen hält, setzen die Brasilianer schon zum Feiern an. Dass da noch Neymar an Timo Horn vorbeischießen und ins Netz treffen muss, ist beinahe Nebensache.

Kurz später trifft Neymar, wird das Spielfeld gestürmt, liegen sich alle überglücklich über das erste olympische Fußballgold in den Armen, während landauf, landab Feuerwerkskörper gezündet werden.

Kurz steigt die deutsche Mannschaft auf das Podium und bekommt unter Applaus Silber umgehängt. Nicht mehr zu halten ist das Publikum freilich, als dann die Brasilianer mit Gold an der Reihe sind.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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