Brasiliens Fußball: die neuesten Entwicklungen seit dem WM-Debakel

Der 8. Juli 2014 gilt als der Tag, an dem das deutsche Team im Halbfinale der WM Geschichte geschrieben hat. Die Mannschaft von Luis Filipe Scolari hatte bereits einige schwierige Spiele gegen Chile un Kolumbien gewonnen, und die ganze Nation feuerte das Team an, das kurz davor zu sein schien, die WM zu gewinnen. Aber der Druck schien zu groß zu sein, als die Brasilianer in Belo Horizonte gegen Joachim Löws Mannschaft antraten. Was damals geschah, sorgte in aller Welt für großes Entsetzen. Bereits in den ersten 25 Minuten gelangen den Deutschen fünf Tore, und sie beendeten das Spiel schließlich mit 7:1. Das Spiel gilt bis heute als peinlichstes in der Geschichte des brasilianischen Fußballs. Brasilien war an einem Gegner gescheitert, der seit Langem selbst bei großen Turnieren als professionell und gelassen gilt. Während Deutschland also mühelos ins Finale einziehen konnte, war ganz Brasilien schockiert und fragte sich, wie es zu einer solchen Niederlage überhaupt kommen konnte.

In Belo Horizonte gab es viele Tränen der Enttäuschung. Scolari wurde als Manager direkt in Frage gestellt; der brasilianische Fußballverbund (CBF) glaubte, dass er hauptverantwortlich für das Debakel war. Aber auch diverse Spieler, darunter auch Fred, wurden weltweit für ihre schlechte Leistung kritisiert. In den darauffolgenden Spielen wurden sie häufig ausgebuht. Dani Alves gab auch den Medien die Schuld daran, dass das Team mehr damit beschäftigt war, Selfies hochzuladen statt sich auf eine ebenso detaillierte und methodische Planung zu konzentrieren wie die Deutschen. Diese zogen sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück, was auch erklären könnte, warum Welten zwischen den Leistungen der beiden Mannschaften lagen. In Brasilien wurde nun gefordert, dass man Jugendmannschaften ebenso gut fördern sollte wie in Deutschland, wo Jugendakademien in den letzten Jahrzehnten geradezu revolutioniert wurden, um stets neue Generationen von herausragenden Spielern zu gewährleisten. Der junge Palmeiras-Spieler Gabriel Jesus galt als glänzendes Beispiel dafür, wie die Zukunft der Nationalmannschaft im Idealfall aussehen könnte.

Der CBF wandte sich an Dunga, der die Mannschaft nun wieder betreuen sollte. Doch auch dieser geriet in die öffentliche Kritik, da er eher eine defensive Taktik förderte als schnell und effektiv anzugreifen – genau das hatte schließlich dazu geführt, dass Brasilien innerhalb von 90 Minuten die größte Blamage seiner Fußballgeschichte erlebt hatte. Obwohl sich die Ergebnisse langsam verbesserten, ließen die Leistungen in den nächsten Spielen auch weiterhin zu wünschen übrig. Selbst Politiker, die zuvor in ihren Kampagnen mit dem brasilianischen Fußballteam und den finanziellen Gewinnen der WM geworben hatten, vermieden es nun, den Sport überhaupt nur zu erwähnen, da dies schmerzhafte Erinnerungen an die WM zurückbringen könnte. Auch im Copa America 2015 konnte Brasilien beim Elfmeterschießen gegen Paraguay nicht überzeugen, und bei den Qualifikationsspielen für die WM haben sie einen schlechten Start hingelegt. Selbst beim Copa America 2016 schied Brasilien früh aus, was dazu führte, dass Dunga entlassen wurde. Ihm war es nicht gelungen, das Beste aus der Mannschaft herauszuholen und eine gute Taktik zu implementieren. Selbst Starspieler wie Neymar, Coutinho und Firmino fehlte es an Form, Tempo und Ideen.

Der frühere Corinthians-Manager Tite soll nun dafür sorgen, dass die Nationalmannschaft wieder die alten Leistungen erbringt und dass die WM-Qualifikationsphase von nun an besser läuft. Er trat seinen Job genau zu dem Zeitpunkt an, als Brasiliens Platz in der WM 2018 stark gefährdet war, obwohl sie auch weiterhin als Favoriten gelten, sich als eins der ersten Teams zu qualifizieren. Brasilien wird derzeit von einer Reihe junger und aufsteigender Trainer betreut, die großes Talent unter Beweis stellen, und Tite hat die Dynamik und die durchdachten Angriffe zurückgebracht. Nach sechs Siegen in Folge ist Brasilien in Südamerika von Platz sechs auf Platz eins aufgestiegen. Die Tatsache, dass sie Argentinien im gleichen Stadion, in dem das Debakel einst stattfand, mit 3:0 besiegt haben, könnte das Trauma endlich heilen. Und auch wenn der Mannschaft noch einiges an harter Arbeit bevorsteht, kämpft sich Brasilien derzeit wieder an die Spitze zurück.

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