Löwenkopfäffchen (Leontopithecus rosalia), Gefleckter Jaguar (Panthera onca), Faultier (Bradypus variegatus), Capivara (Hydrochoerus hydrochoeris) – das sind ein paar der bekanntesten Fauna-Vertreter, die im Atlantischen Regenwald vorkommen. Aber die Fauna des Bioms, in dem sich die grössten brasilianischen Städte befinden, ist sehr viel zahlreicher, als die wenigen Arten, die wir in unserem Gedächtnis behalten haben. Nur an Säugetieren sind es bereits 261 klassifizierte Arten. Das heisst,selbst wenn der Eine oder Andere von uns noch den Grossen Ameisenbär (Myrmecophaga tridactyla), das Gürteltier (Dasypus novemcinctus), den Ozelot (Leopardus pardalis), den Kapuzineraffen (Cebus nigritus) und vielleicht den Waldhund (Speothos venaticus)) aus seiner Erinnerung auf die Liste setzen könnte, so fehlten immer noch 252 weitere Säugetiere, um dem Potenzial an Tieren im Atlantischen Regenwald gerecht zu werden.
Dasselbe betrifft die Vogel-, Reptilien-, Amphibien- und Fischarten. Geniert Euch nicht . . . denkt nach . . . welche Tiere fallen Euch dazu ein? Der weisse Reiher (Casmerodius albus), die “Tiê-sangue“ (Ramphocelus bresilius) oder Purpurtangare, Riesentukan (Ramphostos spp.), die Papageien-Vögel, Kolibris oder Sittiche? Die “Jararaca-Lanzenotter“ (Bothrops jararaca), der Brillenkaiman (Caiman yacare), die Korallenschlange (Micrurus lemniscatus)? Der “Sapo-cururu“ oder Erdkröte (Bufo paracnemis), Perereca-verde oder Grüner Laubfrosch (Phyllomedusa tomopterna)? Oder bekannte Fische wie der “Dourado“ (Salminus brasiliensis), der “Pacu“ (Colossoma macropomum) und der “Traíra“ (Hoplias malabaricus)?
Nun, diese Namen sind schon ein guter Anfang, jedoch seid Ihr noch weit weg von den 1.020 Vogelarten, den 197 Reptilienarten, den 340 Amphibienarten und den 350 Fischarten, die man bis heute aus dem Biom des Atlantischen Regenwaldes kennt! Und von den Insekten und anderen Wirbellosen haben wir noch gar nicht gesprochen – auch nicht von jenen, die bisher unentdeckt von der Wissenschaft, in einem dieser restlichen Teilstücke leben!
Und noch eine Zahl aus der Fauna ist beeindruckend, sie bezieht sich auf den Endemismus, das heisst, auf jene Spezies, die einzig und allein innerhalb von spezifischen Biotopen des Bioms Atlantischer Regenwald existieren. Von den 1.711 Wirbeltieren, die dort leben, sind 700 endemisch(!) – 55 Säugetierarten, 188 Vogelarten, 90 Amphibienarten und 133 Fischarten. Diese beeindruckenden Zahlen machen den Atlantischen Regenwald zum Biom mit der Welt grösster Biodiversifikation!
Und dieser Reichtum an biologischer Vielfalt hält immer noch Überraschungen für die Wissenschaft bereit. Immer noch werden neue, bisher unbekannte Spezies entdeckt. Erst vor kurzem wurden der “Rã-de-Alacatrazes“ (Crossodactylus sp.) und der “Rã-cachoeira“ (Cycloramphus duseni), die Vögel “Tapaculo-ferrerinho“ (Scytalopus pachecoi) und “Bicudinho-do-brejo“ (Stymphalornis acutirostris), die Fische “Listrura boticário“ (Aphyolebias boticarioi) und “Moenkhausia bonita“ (Crenicichla lepidota) entdeckt und sogar ein neuer Primat, das Schwarzgesichtige Löwenäffchen – unter anderen, weniger spektakulären Entdeckungen.
In einem Biom, der auf zirka 7% seiner ehemaligen Fläche reduziert worden ist, ist es unvermeidlich, dass der faunistische Reichtum von den antropischen Aktivitäten unter Druck steht. Der Atlantische Regenwald beherbergt heute 383 der 633 vom Aussterben bedrohten Tiere Brasiliens – nach Auskunft des “Brasilianischen Instituts für Umwelt und erneuerbarer Naturressourcen“ (IBAMA).
Ursachen für das Verschwinden der Spezies und Individuen sind illegale Jagd und Fischfang, die Einschleppung von exotischen Lebewesen und Organismen ins Ökosystem des Atlantischen Regenwaldes, aber in erster Linie die Vertreibung der Tiere aus ihrem angestammten Habitat, die Zerstörung ihres Lebensraumes verursacht von der Ausbreitung der Landwirtschaft und Viehzucht, sowie die Urbanisierung und kurzsichtig geplante Infrastrukturmassnahmen.
Nehmen wir zum Beispiel die Amphibien: Ihre Lebensräume zur Fortpflanzung, wie Feuchtgebiete, Sümpfe und überschwemmte Areale, werden einfach als störend empfunden und wegplaniert oder gar als Müllplätze und Sammelbecken für Abwasser benutzt. Amphibien sind ungewöhnlich wichtig für das Gleichgewicht in der Natur, denn sie kontrollieren die Bevölkerungsdichte der Insekten und anderen Wirbellosen, und sie dienen Reptilien, Vögeln und Säugetieren zur Ernährung.
Der Schutz der Fauna steht in direkter Verbindung zum Umweltschutz. Parallel dazu sind folgende Massnahmen von entscheidender Bedeutung: Die Kontrolle der Jagd, der Tierhaltung in Käfigen, des illegalen Handels mit Wildtieren, eine effektive Kontrolle des Fischfangs und die Durchführung von edukativen Programmen zum Umweltschutz mit der Bevölkerung.
Was die Gesetzgebung betrifft, so ist der Tierschutz auf föderativer Ebene in der Verfassung durch das Gesetz 5.197/67 vorgesehen und auch durch das Gesetz der Umweltverbrechen (9.605/98). Initiativen von globalem Charakter, mit Darlegung regionaler und lokaler Aktionen, wie die “Agenda 21”, sind ebenfalls unterstützende Instrumente zum Schutz der Fauna. Jedoch sind alle diese Elemente abhängig von dem politischen Willen der Regierenden, der Bewusstwerdung, der Mobilisierung und der Teilnahme der Bürger sowie einer Aufnahme des naturerhaltenden Konzepts in die wirtschaftlichen Aktivitäten.
Die “Stiftung SOS” hat im Jahr 2005 das Buch “União pela Fauna da Mata Atlântica” (Union für die Fauna des Atlantischen Regenwaldes) heraus gebracht, welches aus einer Partnerschaft der GNO mit der “Rede Nacional de Combate ao Tráfico de Animais Silvestres (RENCTAS)” (Nationales Netz zur Bekämpfung des Wildtier-Handels) entstand.
Bibliotheken und Wissenschaftler können ein Exemplar dieses Werkes mittels folgendem Email bestellen: cedoc(a)sosma.org.br