Aus der Geschichte des Bundesstaates Acre

Zuletzt bearbeitet: 11. Dezember 2020

Das Wort „Acre“ hat seinen Ursprung im indianischen Namen „Aquiri“, womit die Eingeborenen den heutigen Fluss Rio Acre bezeichneten, der in den Rio Purus mündet. Dieser Name wurde von den eingewanderten Kolonisten entsprechend verformt, als sie den Dialekt der Indianer zu imitieren versuchten.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gehörte die Region des heutigen Bundesstaates Acre zu Bolivien und war nur von Indianern bewohnt. Der Prozess der Integration des Acre im Land Brasilien war, will man dem Historiker Leandro Tocantins Glauben schenken, einer der Aufsehen erregendsten des gesamten Kontinents. Er begann mit dem so genannten „Gummi-Boom“, welcher die ersten Emigranten aus dem von der Sonne ausgetrockneten Nordosten Brasiliens heranlockte. Männer aus den Bundesstaaten Amazonas, Pará, Maranhão und vor allem aus Ceará, eröffneten so genannte „Seringais“ (Kautschuk-Sammelstellen) als Pioniere um die drei wichtigsten hydrografischen Transportwege herum: den Rio Acre, den Oberen Purus und den Oberen Juruá. Man gründete hier, im bolivianischen Acre, eine spontane soziale Gemeinschaft, stimuliert durch die wirtschaftliche Attraktivität des Gummis.

Obwohl das Land, auf dem sie arbeiteten, zu Bolivien gehörte, fühlten sich alle diese aus Brasilien einströmenden Emigranten als Brasilianer. Sie widersetzten sich der bolivianischen Autorität und verlangten, Brasilien angegliedert zu werden, denn sie behaupteten, ein unabhängiges Territorium geschaffen zu haben.

1899 machte die bolivianische Regierung einen Versuch, sich das „Territorium der aufsässigen Kautschuk-Sammler aus Brasilien“ wieder mit Gewalt unterzuordnen, gründete die Stadt Puerto Alonso (heute Porto Acre) und versuchte mit einem kräftigen Steuererlass die so genannten „Gummi-Soldaten“ klein zu kriegen. Aber die wurden nur noch aufsässiger durch diese Massnahmen.

Es folgte eine Zeit der Revolte und vieler Konflikte, bis schliesslich der spanische Journalist Luiz Galvez Rodrigues de Arias als erster den „Unabhängigen Staat Acre“ proklamierte (1.Mai 1899) und sich für seine administrative Struktur einsetzte. Die Tat erweckte den nationalen Geist und lenkte sogar die Aufmerksamkeit des Auslands auf die „Acre-Frage“.

3 Jahre später, als die Bolivianer sich von dem Schreck erholt hatten, führte der brasilianische „Gaúcho“ Plácido de Castro die Revolution gegen Bolivien im Acre an (vom August 1902 bis zum 24. Januar 1903) und setzte nun die Gedanken von Galvez in die Realität um, indem er die Ablösung des Acre-Territoriums von Bolivien erzwang, den „Estado Independente do Acre“ in die Tat umsetzte und die von Galvez idealisierte administrative Struktur übernahm – inklusive der neu geschaffenen Flagge, eines roten Sterns auf gelb/grünem Grund – die später auch vom brasilianischen General-Gouvernement so bestätigt worden ist.

Alle Konflikte gingen endgültig mit der Unterzeichnung des „Traktats von Petrópolis“ – am 17. November 1903 – zu Ende. Der Vertrag überliess Brasilien offiziell die Acre-Region im Tausch gegen Teile von Mato Grosso (das ebenfalls an Bolivien grenzt) und einer Draufzahlung von 2 Millionen Pfund Sterling. Dem aber nicht genug, Brasilien musste sich darüber hinaus noch verpflichten, die Eisenbahnstrecke „Madeira-Mamoré“ zu bauen, jene Verbindung zum Transport des Kautschuks, die später so viele Menschenopfer fordern sollte (so viele Gleisleger starben bei dieser Arbeit im Urwald an Malaria, dass jenes geflügelte Wort von „jeder Gleisschwelle für ein Menschenleben“ entstand).

Der Vertrag wurde vom Baron von Rio Branco, dem damaligen Aussenminister Brasiliens unterzeichnet, und die Zentralregierung ernannte Delegierte zur Verwaltung der Departements „Alto Acre“, „Alto Purus“ und „Alto Juruá“.

Der Historiker Leandro Tocantins berichtet: „Der Acre, obwohl weit weg vom Süden, aus dem die kulturellen Einflüsse uns erreichten und, obwohl Nachbar von Bolivianern und Peruanern und, trotz der Tatsache, dass der brasilianische Norden jener Zeit gewissermassen direktem und sehr markantem Einfluss Europas unterlag. Trotz alledem hat sich der Bundesstaat von vorne bis hinten brasilianisch erhalten: in seiner Sprache, seinen Sitten und Gebräuchen und seinen Gefühlen. Sämtliche Nordost-Populationen, welche sich im Acre ansiedelten, behaupteten sich in ihrer angestammten Lebensweise und ihrer Kultur, obwohl sie noch keine Telefonverbindung hatten und die Verbindung zur Aussenwelt per Dampfschiff auch nur während ganzen 6 Monaten pro Jahr funktionierte.“

Das „Territorium do Acre“ wurde dann am 15 Juni 1962 endlich in einen Bundesstaat umgewandelt, im Gesetz Nr. 4.070, sanktioniert vom damaligen Präsidenten João Goulart, ein Projekt des delegierten „Acreano“ José Guiomard dos Santos.

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