Wenn man als Europäer eine Hochzeitsreise plant, die möglichst unvergesslich bleiben soll, denn so etwas macht man ja, in der Regel, nur einmal im Leben, dann denkt man natürlich an einen möglichst paradiesischen Ort – vielleicht an eine sonnige Insel mit weissem Sandstrand, begrenzt von Kokospalmen, umgeben von blau-grün schimmerndem, warmem Meerwasser… Unser Vorschlag wäre da zum Beispiel Brasilien, genauer: der brasilianische Bundesstaat Bahia! Und wenn Ihre romantische Hochzeitsreise zwischen Juli und November fallen sollte, dann werden Sie an Bahias Südküste noch zahlreiche weitere Hochzeiter antreffen können – nämlich Hunderte Paare der gigantischen Buckelwale (Megaptera novaeangliae) auf Hochzeitsreise wie Sie – und die machen keinen Hehl daraus, ihre romantisch verliebte Stimmung zu verbergen. Jedes Jahr erscheinen sie in grösserer Anzahl – zwischen 1.500 und 1.800 Wale sind es inzwischen – und ihr Ziel ist der “Abrolhos-Archipel“, zirka 70 Kilometer vor der südbahianischen Küste, auf der Höhe von “Caravelas“.
Die kosmopolitischen Riesen des Meeres kommen aus den Gewässern der Antarktis herauf – sie sind drei Monate unterwegs, um jenen Ort zu erreichen, den sie sich als Destination für ihre Hochzeitsreise ausgesucht haben – und auch als ideale Wiege für die ersten Monate des Lebens ihrer Neugeborenen – allerdings liegen zwischen Paarung und Geburt in den warmen brasilianischen Gewässern, rund zwölf Monate Tragzeit der Weibchen, deren grössten Teil sie wieder in den antarktischen Gewässern verbringen, um sich zu ernähren.
Während des antarktischen Sommers bietet das Meer den Walen wahre Bankette ihrer bevorzugten Nahrung, dem “Krill“ (Euphausia superba). Die steigenden Wassertemperaturen und die länger werdenden Tage beschleunigen die Produktivität der ozeanischen Mikroflora und Mikrofauna – des so genannten Fito- oder Zooplanktons – von dem sich die Krill-Krebse, (kleine transparente Shrimps) ernähren und explosionsartig vermehren – sie leben in riesigen Schwärmen in den kalten Meeresregionen und werden von den Barten-Walen (Wale, die mit “Barten“ statt Zähnen, zum Filtern kleiner Beutetiere, ausgerüstet sind) samt dem Wasser verschluckt – letzteres wird wieder ausgeschieden. Die Fressgier der Wale lässt sich mit keinem anderen Tier vergleichen. Pro Tag brauchen sie zirka zwei bis drei Prozent ihres Körpergewichts an Nahrung – das heisst, ein einziger Buckelwal von 40 Tonnen Gewicht frisst täglich zwischen 800 und 1.200 Kilogramm Krill! Dieser gastronomische Überfluss des antarktischen Sommers wird von den Giganten intensiv genutzt, denn auf ihrer langen Wanderung in den tropischen Norden werden die Mahlzeiten seltener. Jedoch die dicke angefressene Speckschicht der Antarktis dient ihnen dann als Energiereserve während der Wanderung.
Die beginnt mit Einbruch des antarktischen Herbstes – das Nahrungsangebot geht zurück und die Temperaturen ebenfalls, die im Winter auf minus 30oC fallen – aber die Wale sind dann längst unterwegs in die warmen Gewässer der brasilianischen Küste, mit einer mittleren Temperatur von 25,5oC – entweder um sich zu paaren oder ihre Jungen dort zur Welt zu bringen. Besonders die trächtigen Weibchen sind hinsichtlich der sinkenden Wassertemperatur besorgt – sie sind auch die Ersten, die sich auf die Wanderung in wärmere Gewässer begeben – und das hat seinen Grund: Die Speckschicht der Neugeborenen, durch die sie vor Kälte geschützt werden, ist relativ dünn, sie würden den rigorosen antarktischen Winter nicht überleben – selbst mit der dickflüssigen, kräftigen Muttermilch, von der sie pro Tag an die 200 Liter verkonsumieren!
Ein weiteres wichtiges Detail, welches die Buckelwale zum Abrolhos-Archipel lockt, ist die dortige mittlere Wassertiefe von nur 20 Metern. Während der ersten Lebensmonate lehrt die Mutter ihr Junges zu atmen, indem sie es an die Wasseroberfläche bringt. Dafür braucht sie ruhiges, seichtes Wasser. Ausserdem sind die Wal-Babys im warmen Meerwasser sicherer, weit weg von den Orcas, dem Schwertwal (Orcinus orca), ihren natürlichen Feinden. Die Hochsaison der Geburten liegt in den Monaten August und September.
Die jungen Wale kommen mit einer Länge von 3 Metern und einem Gewicht von zirka 3 Tonnen auf die Welt. Sie begleiten ihre Mutter länger als ein Jahr und werden während dieser Zeit von ihr gesäugt. Erst nach der Entwöhnung ihres Babys ist die Mutter wieder paarungsbereit. Also wandert sie wieder in die warmen Gewässer der brasilianischen Küste, um sich dort zu paaren, und kehrt in die Antarktis zurück, um dort ihr Junges auszutragen. Jede Wal-Mutter bringt nur ein einziges Junges zur Welt, und das erklärt auch das sehr langsame Ansteigen der Walpopulationen, nachdem die Jagd auf diese Meeressäuger verboten worden ist.
Noch ist die Existenz der Buckelwale klassifiziert als Schwertwal verletzlich“ – von der IUCN (International Union for Conservation of Nature) genauso wie vom “Plano de Ação para Mamíferos Aquáticos do Brasil“, in dem sie als “vom Aussterben bedrohte Spezies der brasilianischen Fauna“ gelistet ist. Vor der weltweiten Jagd auf die Buckelwale wurde ihre Anzahl auf 150.000 Exemplare geschätzt – heute sind es immer noch nicht mehr als 25.000. In Brasilien wurde die Jagd auf Wale im Jahr 1987 verboten. Und mit der Zeit vergrösserte sich die Zahl jener Menschen, die den wirtschaftlichen Wert der lebenden Wale erkannten, als Einkommensquelle aus dem Tourismus. Die ersten Erfahrungen mit der Beobachtung der Wale als kommerzielle Aktivität wurden gesammelt – und das Interesse der Bevölkerung an entsprechenden Forschungsprojekten nahm ebenfalls zu.
Die Zunahme des Tourismus hinsichtlich der Walbeobachtung mobilisiert nichtstaatliche Organisationen, öffentliche Organe und Bewohner der bahianischen Küstenregion. Die historische “Entdecker-Küste“ schmückt sich inzwischen auch mit dem Titel “Wal-Küste“. Ab dem Städtchen “Prado“, über “Caravelas“, bis nach “Nova Viçosa“, verlassen Boote die Häfen jede Woche, um begeisterte Besucher zu einem Tête-a-tête mit den Buckelwalen zu schippern.
Ein solches Forschung-Schiff verlässt den Hafen von “Caravelas“ mit voller Besatzung und Studenten der Biologie, die aus unterschiedlichen Gegenden Brasiliens kommen und hier eine Probezeit absolvieren. Plus die Koordinatorin der Forschungsfahrt, Maria Luiza und die Fotografin Graciele.
Das Boot hat gerade mal den Kanal zwischen “Parcel das Paredes“ und der Insel “Coroa Vermelha“ hinter sich gelassen, um nun den Bug zum Abrolhos-Archipel auszurichten, da schreien alle schon – “Baleia a vista“ (Wal voraus)! Luiza, die Koordinatorin, beginnt mit ihren Aufzeichnungen – die Fotografin Graciela rennt, mit gezückter Kamera, zum Heck des Schoners. Gebrüllte Anweisungen von Luiza an den Kapitän betreffs der einzuschlagenden Fahrtrichtung und an die Andern Informationen, die sie in ihrem täglichen Bericht festhalten sollen. Die Hektik an Bord nimmt zu, je mehr man sich den “Blas-Fontänen“ nähert, die weithin sichtbar sind. Diese scheinbaren “Wasserfontänen“ der Wale sind eigentlich ihre komprimierte Atemluft, die von den beiden “Blaslöchern“ auf ihrem Kopf ausgestossen wird und im Kontakt mit der Atmosphäre kondensiert (Bartenwale haben zwei, die Zahnwale nur ein Blasloch) – die ausgestossene Atemluft der Wale nennt man in der Fachsprache den “Blas“.
Jetzt können alle die beiden Blas-Strahlen unterscheiden, und als die bei den Buckelwalen besonders langen “Flipper“ (Brustflossen) sichtbar werden, ist die Gruppe begeistert. Sie haben ein erstes “Hochzeitspaar“ entdeckt – die gigantischen Ausmasse der Tiere vor ihnen sind beeindruckend, ausgewachsene Tiere in Paarungsstimmung. Die Fotografin Graciela verpasst keinen Sprung – tatsächlich, die Kolosse springen bis zu zwei Dritteln ihrer Körperlänge aus dem Wasser und klatschen dann auf die Wasseroberfläche zurück, dass der Schoner ins Schwanken kommt.
Die Fotos werden zur Identifikation der Tiere benutzt, die Unterschiede in Färbung und Form der “Fluke“ (Schwanzflosse) aufweisen. “Das ist wie ein Daumenabdruck. Diese beiden ausgewachsenen Exemplare, die wir gerade gesehen haben, werden als “Muster Nr.5“ eingestuft, weil ihre Fluke schwarz ist. Andere haben natürliche weisse Streifen, die sich kaum verändern. Und dann haben wir Untergruppen, die zwischen ganz weiss und ganz schwarz variieren. Und wir können jedes Individuum im Lauf der Jahre anhand unserer Aufzeichnungen identifizieren“, erklärt Luiza, die selbst als Forscherin am Projekt “Baleia Jubarte“ mitarbeitet.
Die Kamera und der Computer sind die wichtigsten Werkzeuge für diese Arbeit, die 1988 begonnen wurde. Graciela fotografiert aus jeder möglichen Perspektive und kopiert dann die Bilder im Computer. Auf diese Weise ist es dem “Projeto Baleia Jubarte“ gelungen, die grösste Datenbank dieser Spezies innerhalb der südlichen Hemisphäre einzurichten – mit 2.500 registrierten Individuen. “Mit dieser Arbeit können wir die Lebensgeschichte des Buckelwals skizzieren: wie viele Male er zum Abrolhos-Archipel kam – ob sie Junge bekommen hat und wie viele. Wir können sogar eine Schätzung bezüglich der Population riskieren und herausfinden, wie viele Buckelwale während der Saison hier waren“, ergänzt die Koordinatorin.
Die nächste Etappe ergänzt die Forschungsarbeit dieser Fahrt. Die Studentin Luciana begibt sich zum Heck, in der Hand trägt sie eine Armbrust. Der Kapitän dirigiert sein Schiff in unmittelbare Nähe der verliebten Wale – was nur in einem solchen Forschungsfall zum Sammeln genetischen Materials erlaubt ist. Luciana spannt den Bogen, legt den knallroten Pfeil auf – und trifft das erste Tier mühelos und sicher – der Wal hat von diesem “Mückenstich“ anscheinend gar nichts gespürt. Der Pfeil ist so beschaffen, dass er nicht in der Haut des Wals stecken bleibt – anschliessend wird der schwimmende, gut sichtbare, rote Pfeil aus dem ruhigen Wasser gefischt. Luciana entnimmt mit einer Pinzette ein winziges Stückchen Haut und Fett vom Wal aus der hohlen Pfeilspitze für die Analyse im Labor. Durch die Haut wird das Geschlecht des Wals bestimmt, und sie liefert auch Daten über den Verwandtschaftsgrad zwischen den einzelnen Individuen, während das Fett Aufschluss über eventuellen Befall von Bakterien gibt.
Der Schoner segelt weiter in Richtung des Abrolhos-Archipels, und die Forscher halten nach weiteren Riesen des Meeres Ausschau. Der einzige Leuchtturm der Insel “Santa Bárbara“ lässt bereits seinen Richtstrahl über den Archipel gleiten, als das Boot endlich im seichten Wasser einer Bucht vor Anker geht. Auf der Logbuchseite des Tages, ausgefüllt von den Studenten, ist folgendes registriert: “Am ersten Tag haben wir 55 Meilen zurückgelegt, 12 Wale gesehen, 6 von ihnen fotografiert und identifiziert – mittels einer Gen-Probe“. Die Arbeit beschäftigt uns weitere drei Tage, aber uns wird die Zeit nicht lang, denn das alles Mal aus der Nähe sehen zu können, ist ein Privileg und zweifellos auch ein tiefgreifendes Erlebnis!
Ein Händchen für die Wissenschaft
Es ist nicht das erste Mal, dass Marcos ein Rechtsanwalt, sich von allen Verpflichtungen frei macht, die ihn an die grösste Stadt Brasiliens – die Hauptstadt São Paulo – binden, um im Atlantischen Ozean vor Bahias Küste ein paar erholsame Tage mit der Walbeobachtung zu verbringen. In diesem Jahr erlebte er dieses erregende Spektakel auf eine ganz neue Art und Weise, die in Brasilien noch kaum bekannt ist: innerhalb eines Forschungsprogramms als “Ökovolontär“.
Bereits 1997 entdeckte er, durch sein grosses Interesse an den Giganten des Meeres, das das “Projeto Baleia Jubarte“ interessierten Besuchern die Möglichkeit bietet, an jenen Forschungsfahrten teilzunehmen, wenn sie ein Programm-Paket von einer oder zwei Wochen buchen. Die Tour hat ihm gefallen, und er wiederholte, sieben Jahre später, dieses Erlebnis. “Und diesmal habe ich mir sogar zwei Wochen frei genommen, um die Arbeit der Biologen zu begleiten und ihre Fortschritte kennenzulernen, und wieder diese Tiere aus der Nähe erleben zu können, wie das nur hier möglich ist“, sagt er dazu.
Der Preis für einen solchen Turn beläuft sich auf R$ 940,00 (zirka 400,00 Euro) oder R$ 1.600,00 (zirka 700,00 Euro) für eine oder zwei Wochen. Das Paket enthält die Überwachung und Kontrolle des Neulings bei der Team-Arbeit – Eintritt in den Naturschutzpark “Parque Nacional Marinho dos Abrolhos“ – Unterkunft in einem Hotel in “Caravelas“ (vor und nach der Kreuzfahrt) und Unterkunft und Vollpension auf dem Forschungsschiff. Jede Forschungsfahrt kann maximal nur drei “Ökovolontäre“ mitnehmen.
Das Ziel des Programms ist nicht der Tourismus. Das Projekt “Baleia Jubarte“ braucht Volontäre mit Interesse an Aktionen zur Erhaltung der Spezies, zwischen dem 12. Juli und dem 14. November, einem Zeitraum, in dem sich die “Cetaceae“ in brasilianischen Gewässern aufhalten, und die Forschungsarbeit auf Hochtouren läuft. Die Aufgaben eines solchen “Ökovolontärs“ reichen von der Vorbereitung der Forschungsreise, (zum Beispiel als Helfer beim Einkauf von Lebensmitteln), bis zur Assistenz der Forschungs-Equipe bei der Lokalisierung der Wale oder der Bedienung des GPS. Alles hängt von den persönlichen Fähigkeiten des eingeschriebenen Teilnehmers ab. “Man hilft dabei den Walen in zweifacher Weise: finanziell, indem man in das Projekt investiert, und durch die Assistenz bei der Forschung zu ihrer Erhaltung“, bemerkt der Rechtsanwalt.
Die Forschungsfahrt selbst dauert zirka vier Tage. Der Schoner bewegt sich während des ganzen Tages – zirka 9 Stunden. Am Spätnachmittag geht er am Abrolhos-Archipel vor Anker. Bei starken Regenfällen und Windstärken über zwanzig Knoten wird der Ausflug verschoben oder ganz abgesagt. “Ich kam an einem Montag an und wir tankten das Schiff auf. Am Dienstag hatte das Wetter umgeschlagen, und wir konnten nicht starten – ich begann, mir Sorgen zu machen, ob ich wohl umsonst den weiten Weg von São Paulo angreist war. Doch dann hat alles noch prima geklappt – wir hatten vier wundervolle Tage auf einem ruhigen Meer und konnten viele Wale beobachten“, erinnert sich der “Ökovolontär“.
Regeln für “Whale-Watcher”
Jedes Jahr kommen mehr Wale an die brasilianische Küste, und der ebenfalls zunehmende Tourismus zur Beobachtung der Tiere kann ihren Reproduktionszyklus empfindlich stören. Um solche Probleme zu verhindern, hat das “Instituto Brasileiro de Meio Ambiente e Recursos Naturais Renováveis (IBAMA)” (Brasilianisches Institut für Umweltschutz) im Erlass Nr.117, vom Dezember 1996, für die Beobachtung von Walen in brasilianischen Gewässern folgende Empfehlungen herausgegeben:
- Sich auf Schiffen oder Booten niemals jedweder Wal-Spezies mit laufendem Motor nähern. Die Distanz zu den Tieren sollte wenigstens 100 Meter betragen, und wenn sich das Tier freiwillig den Beobachtern nähert, soll der Motor abgestellt werden.
- Einen Wal nicht länger als 30 Minuten mit laufendem Motor verfolgen – auch wenn der erwünschte Mindestabstand eingehalten wird.
- Die Bewegungsrichtung der Wale nicht unterbrechen oder versuchen sie einzuschränken oder umzulenken.
- Gruppen der Tiere nicht durchqueren oder zerstreuen und ab 300 Metern Distanz keinen exzessiven Lärm machen.
- Keinerlei Abfall ins Meer werfen.
- Von einer Annäherung absehen, falls bereits ein anderes Schiff oder Boot die Gruppe oder das Individuum beobachtet.
- Niemals in Nähe der Wale schwimmen oder tauchen.
Noch ein paar abschliessende Bemerkungen zum Buckelwal
Er ist mit einer Länge zwischen 12 und 14 Metern unter den so genannten Barten-Walen eher ein kleiner Vertreter – er kann ein Gewicht zwischen 20 und 28 Tonnen erreichen. Die Oberseite des Buckelwals ist schwarz gefärbt, die Unterseite kann individuelle Farbnuancen zwischen weiss bis schwarz aufweisen, je nach Population. Die beiden Blaslöcher befinden sich in der Kopfmitte, der zum Maul hin flach abfällt, im Maul befinden sich die so genannten Barten – 80 bis 100 cm lang – die bei geöffnetem Maul in vertikalen Reihen stehen und die einströmende Nahrung filtern. Grösser als bei anderen Walen sind die Brustflossen, auch “Flipper“ genannt, die erreichen beim Buckelwal fast ein Drittel seiner Körperlänge. Dagegen ist seine Rückenflosse oder “Finne“ vergleichsweise unscheinbar – sie kann eine dreieckige bis sichelartige Form haben. Besonders gross und kräftig ist allerdings seine Schwanzflosse oder “Fluke“, und sehr tief gekerbt.
Grundsätzlich leben Buckelwale in allen Meeren – wobei sie ihren Sommeraufenthalt in den polaren Ozeanen wählen und sich während des Winters in tropischen und subtropischen Gewässern aufhalten und dazu relativ geringe Meerestiefen bevorzugen. Auf ihren Wanderungen von der einen Zone in die andere können sie mehrere tausend Kilometer zurücklegen.
Buckelwale ernähren sich, so wie andere Bartenwale, vorzugsweise von “Krill“ (ein Wort aus der norwegischen Sprache, das “Walnahrung“ bedeutet) – dabei handelt es sich um bis zu sechs Zentimeter grosse Leuchtkrebschen, die sich ihrerseits von Algen ernähren und besonders in den polaren Meeren zu Millionen Tonnen vorkommen. Die Buckelwale fressen nur während der polaren Sommersaison und zehren im Winter (in den Tropen) von ihren Fettreserven. Zur Nahrungsaufnahme an der Wasseroberfläche schwimmt der Wal mit weit offenem Maul auf den Schwarm zu und taucht anschliessend mit gefülltem Maul ab. Greift er den Schwarm dagegen von unten an, konzentriert er den Schwarm durch einen Vorhang aus aufsteigenden Luftblasen, die er mit seinem Blasloch produziert, um sich dann auf den “Krebsklumpen“ zu stürzen. Oft schliessen sich mehrere Wale zu einer Treibjagd zusammen, wenn der Schwarm entsprechend gross ist.
Die Schwimmgeschwindigkeit der Buckelwale während ihrer Wanderungen schwankt zwischen 2 und 10 Kilometern pro Stunde – eine maximale Geschwindigkeit von 26 Kilometern pro Stunde wurde bei Tieren in erregtem Zustand gemessen. Wenn der Wal abtaucht, formt er jenen charakteristischen Buckel, nachdem er seinen Namen bekommen hat, und er hebt in diesem Moment auch seine Fluke hoch aus dem Wasser. Dieses Abtauchen währt in der Regel höchstens fünfzehn Minuten, manchmal taucht er auch alle drei bis acht Minuten wieder auf. Während der Reproduktionszeit kann man ihre akrobatischen Sprünge beobachten, bei denen sie oft den gesamten, tonnenschweren Körper aus dem Wasser katapultieren – dann produzieren sie mit Flippern und Fluke laute Klatschgeräusche auf der Wasseroberfläche.
Eigentlich sind sie Einzelgänger, die sich nur gelegentlich zur Jagd und zur Paarung in Gruppen zusammenfinden. “Kühe“ (so bezeichnet man die weiblichen Wale) mit ihren Jungen werden nicht selten von “Bullen“ (so bezeichnet man die männlichen Wale) zum Schutz begleitet. Nur während der Reproduktionsperiode kommt es gelegentlich zu Aggressivitäten der Bullen untereinander – sie bedrohen sich mit offenem Maul und rammen sich gegenseitig oder drängen sich ab. Diese Aggressivität lässt sich aus ihrem polygamen Paarungsverhalten erklären – sie paaren sich mit mehreren Partnern.
Ein interessantes Phänomen, das besonders während der Paarungszeit beobachtet wurde, ist der für die Buckelwale typische “Gesang“. Sonore Lautäusserungen sind zwar von allen Bartenwalen bekannt, aber nur die Buckelwale präsentieren eine so breite Skala an Tönen – eine Forschungsgruppe hat kürzlich mehr als 600 unterschiedliche Laute registrieren können, die vorwiegend von männlichen Tieren unter Wasser produziert werden. Dieser “Gesang“ der Giganten erreicht eine Lautstärke von 190 Dezibel und stellt damit nicht nur die breiteste, sondern auch die lauteste Tonskala im Tierreich dar.
Buckelwale paaren sich, wie schon berichtet, in ihren Winterquartieren der tropischen Meere – auch auf Geburt und Aufzucht der Jungtiere sind wir bereits eingegangen. Nach etwas mehr als einem Jahr bei der Mutter geht, beziehungsweise schwimmt, der Jungwal seine eigenen Wege oder schliesst sich einer Gruppe an. Nach zirka fünf Jahren hat er eine Grösse von zwölf Metern erreicht und damit auch die geschlechtliche Reife – ausgewachsen ist er dann nach etwa 15 Jahren. Der älteste Buckelwal, von dem die Wissenschaft Kenntnis hat, war 48 Jahre alt.