Das “Institut Alana“ macht darauf aufmerksam, dass die während der Fussball-Weltmeisterschaft forcierte Bier-Werbung unter Kindern und Jugendlichen zu einem wachsenden Alkoholkonsum führen könnte.
“Mit diesem Event verstärken die Bierfirmen ihre Werbekampagnen enorm. Kurios ist die Tatsache, dass Bierwerbung, hinsichtlich des in Brasilien herrschenden TV-Werbeverbots für Alkohol, zu jeder Sendezeit ausgestrahlt werden darf – ergo, gar nicht als alkoholisches Getränk eingestuft wird! Die Fussball-Partien, die tagsüber stattfinden werden, werden wahrscheinlich auch von einer Menge Bierwerbung begleitet werden – abhängig von der Art und Weise dieser Werbung, wird sie direkt das infantile Publikum beeinflussen“, hebt Isabella Henriques hervor, die Direktorin des Institus Alana.
Die Psychologin und Professorin der föderativen Universität von São Paulo (Unifesp) verstärkt diese Warnung des Instituts und weist darauf hin, dass die Anzahl von Untersuchungen besonders gross ist hinsichtlich der Relation zwischen einer vergrösserten Exposition gegenüber Alkoholwerbung und dem entsprechenden Anwachsen eines Konsums desselben. “Diese Verbindung ist bestens bekannt, und bei Kindern – auch das ist bekannt – ist sie besonders wirksam. Sie beginnen bereits in frühem Alter die Alkoholmarken kennenzulernen, besonders die Biermarken – das sind die Unternehmen, die sich beim Sponsern von Events und besonders beim Fussball engagieren“, sagt sie.
Die Psychologin führt weiter aus, dass zum Beispiel ihr Sohn von 10 Jahren sämtliche Biermarken bereits kennt. “Und ich trinke nicht, und in meinem Haus gibt es auch keine alkoholischen Getränke. Das geschieht vielmehr durch das Fernsehen und die sozialen Netze, und durch den Fussball. Und es hat seinen Einfluss auf viele Kinder dieser selben Altersgruppe“, fügt sie hinzu.
Die Werbe-Einschränkung bezüglich alkoholischer Getränke fusst in Brasilien auf dem Gesetz 9.294/96 und gilt für Produkte mit einem Alkoholgehalt von über 13 Grad Gay-Lussac (OGL), wie zum Beispiel Whisky und Cachaça. Bier jedoch, fällt nicht in diese Kategorie.
Die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates São Paulo sammelt Unterschriften, seit 2012, um mittels Volksentscheid vorschlagen zu können, diese im Gesetz festgelegte Alkoholgrenze zu verändern – und zwar auf 0,5OGL. Nach dem Grundgesetz muss eine solche Volksentscheidung mindestens von 1% der nationalen wahlberechtigten Bürger, aus mindestens fünf Staaten, unterschrieben sein.
Das “Institut Alana” weist darauf hin, dass ein grosser Teil der Zuschauer bei den Spielen eben Kinder sein werden, und dass eine direkte Ansprache der Kinder durch die Bierwerbung bestehe, denn unter den offiziellen Sponsoren der “Copa“ in Brasilien befindet sich auch eine bekannte Biermarke. “Wenn man die Nationalspieler – die grossen Idole besonders der Kinder – vor die Kamera stellt, und ihr Trainer Werbung für den Bier-Sponsor macht und anschliessend die Kinder als seine “Mitstreiter“ aufruft, dann ist das eine ernste Gefahr“, erklärt die Direktorin und fügt hinzu: “Und genau das ist bereits mehrmals passiert“!
Nach einem Bericht der “6. Nationalen Erhebung von Daten über den Konsum von Psychotropischen Drogen“ unter Schülern der staatlichen und privaten Grund- und Mittelschulen in 27 brasilianischen Hauptstädten, publiziert Ende 2013, liegt das Durchschnittsalter des ersten Kontakts mit alkoholischen Getränken bei 13 Jahren.
Diese Untersuchung interviewte 50.890 Schüler. Zirka 15,4% zwischen 10 und 12 Jahren erklärten, dass sie im Jahr dieser Untersuchung Alkohol getrunken hätten. Die Proportion steigt auf 43,6% bei Jugendlichen zwischen 13 und 15 Jahren, und auf 65,3% bei den 16 bis 18-Jährigen. Insgesamt erklärten 60,5% der Schüler, schon Alkohol getrunken zu haben.
“Diese Werbung bewirkt als Konsequenz eine immer frühere Zunahme des Bierkonsums bei Kindern. Heute liegt in Brasilien das Alter, in dem Probleme mit dem Alkohol auftauchen, bei 11 Jahren! Und wir sind ernstlich in Sorge hinsichtlich des Schocks, den die Bierwerbung während der “Copa“ auslösen wird“, sagt die Direktorin.
Die Nachrichtenagentur “Agência Brasil“ hat auch die Ambev aufgesucht, die viertgrösste Bierbrauerei der Welt, aber das Unternehmen wollte sich zu diesem Thema nicht äussern.