Antônio de Pádua Almeida, vom „PROJEKT TAMAR“ (zum Schutz der Meeresschildkröten), versucht es gar nicht erst mit Diplomatie, als er über das Gebiet spricht, wo er und seine Kollegen zwei neue Amphibien-Arten identifiziert/entdeckt haben.
Der Verlust ihres Lebensraumes macht Amphibien empfänglicher für Krankheiten. „Dieses Gebiet als degradiert zu bezeichnen, ist zu wenig. Die Szenarios sind einfach verheerend. Kilometerweit Weideflächen ohne einen einzigen Baum“, bestätigt er zornig, und bezieht sich damit auf das Gebiet von Mucurici, im Interior von Espirito Santo.
Trotzdem haben Almeida und zwei andere Forscher es fertig gebracht, dort den Sphaenorhynchus botocudo und den Sphaenorhynchus mirim zu identifizieren – beide sind ihnen durch ihre Lautäusserungen innerhalb der Vegetation einer Lagune aufgefallen.
Amphibien-Experten demonstrieren, dass jenes Munizim von Espirito Santo keine Ausnahme ist. Obwohl der Atlantische Regenwald auf nur 7% seines ursprünglichen Areals reduziert worden ist – offiziell anerkannt als der meist geschädigte Biom des Landes – werden weiterhin neue Arten entdeckt, und das den unwahrscheinlichsten Orten – diese Entdeckungen scheinen sogar zuzunehmen.
Eine der jüngsten Aufstellungen, im März diesen Jahres von der Sociedade Brasileira de Herpetologia (Gesellschaft für Amphibien- und Reptilien-Experten) in Umlauf gebracht, beweist, dass Brasilien von 751 registrierten Amphibien-Arten im Jahr 2004 auf 875 im Jahr 2010 gesprungen ist!
Brasilien steht bereits an erster Stelle in der Welt hinsicht der Diversifikation dieser Gruppe. Hunderte dieser Tierchen sind endemisch im Atlantischen Regenwald – das heisst, sie existieren nur in ihm und durch ihn – in sonst keinem anderen Ort der Welt.
Amphibische Wiedergeburt
Nachfolgend lernen Sie ein paar der im Atlantischen Regenwald neu entdeckten Arten kennen.
An der Grenze
Die Fröschlein der Spezies Brachycephalus sind vielleicht eins der typischsten Beispiele des Endemismus, welcher den Atlantischen Regenwald immer noch charakterisiert.
Eine vom Biologen Célio Haddad geleitete Equipe, von der zoologischen Abteilung der UNESP (Staatliche Paulistanische Universität) aus Rio Claro, hat kürzlich den Brachycephalus pitanga beschrieben, der wenig mehr als einen Zentimeter gross ist und sich durch seine rot-orangene Körperfarbe auszeichnet – wie die Frucht gleichen Namens.
Haddad und seine Kollegen haben bereits einen weiteren Trumpf im Ärmel: Eine neue Art der gleichen Spezies. Der Experte erklärt, warum die FAPESP (Fundação de Amparo à Pesquisa do Estado de São Paulo) das Studium dieser winzigen Tierchen finanziert: Sie helfen uns zu verstehen, wie die verschiedenen Amphibien-Arten in ihre hoch gelegenen Lebensräume gelangten.
„Verschiedene Arten von Brachycephalus verlieren ihren Lebensraum durch Abholzung und werden auch ernsten Problemen mit dem Klimawechsel gegenüber stehen“, erklärt er. Es ist erwiesen, dass sie sich auf Gebiete in einer Höhe zwischen 900 und 1.100 Meter beschränken, in denen vernebelter Wald vorherrscht, und in denen tiefe Wolken und Nieselregen die Landschaft regelmässig einhüllen.
Für diese Tierchen ist jeder Berggipfel eine Art Insel (in einem tiefer gelegenen Ambiente ohne Wolken würden sie nicht überleben), auf der ihre Populationen in der Vergangenheit isoliert wurden – und die Insel hat sogar neue Arten hervor gebracht.
„Die globale Erwärmung, welcher wir in den kommenden Jahrzehnten entgegensehen, dürfte die Wolken nach weiter oben verdrängen. An verschiedenen Orten, besonders in den südbrasilianischen Gebieten, sieht man voraus, dass dort die vernebelten Wälder verschwinden, und mit ihnen werden auch die endemischen Arten des Brachycephalus aussterben“, sagt Haddad.
Wenn sich dieses Verschwinden bestätigen sollte, verlieren wir, unter anderen, einige der wenigen tagaktiven Amphibien. Mehr als 90% der Spezies dieser Tiere sind nämlich nachtaktiv, weil sie sich ihre Hautfeuchte bewahren müssen, die ihnen beim Atmen hilft – unter dem Sonnenlicht trocknet ihre Haut aus. Weil aber die Fröschlein Brachycephalus innerhalb eines kontinuierlich feuchten Klimas leben, können sie es sich leisten, tagaktiv zu sein – unter gefallenen Blättern auf dem Waldboden oder am Ufer von kleinen Bächen.
Niemand weiss genau, wozu jene fremdartigen Knochengebilde auf der Haut dieser Fröschlein dienen. „Einige nehmen an, es sei zum Schutz, aber das wurde nie beobachtet. Diese Verknöcherungen finden einerseits bei den kleinsten dieser Art und auch bei ihren grössten Repräsentanten, wie zum Beispiel dem „Sapo-itanha“, der bis zu 20cm gross wird. Mit anderen Worten, diese eigenartigen Knochenbildungen auf der Haut erscheinen nur bei den beiden Extrem-Grössen“, sagt Haddad.
Das Verschwinden vieler Amphibien ist ein weltweites Phänomen und hat verschiedene Ursachen. Ausser dem Verlust des Lebensraumes und den klimatischen Veränderungen, sind die Tierchen anfällig für infektiöse Krankheiten und ebenfalls gegen exzessive Umweltverschmutzung.
„Diese Tiere spielen eine bedeutende ökologische Rolle, indem sie die Insektenpopulationen kontrollieren. Und sie repräsentieren auch ein biomedizinisches Versprechen“, erklärt Haddad.
Copyrigth Grafik/Foto: ArteFolhapress