Jorge Amado

Zuletzt bearbeitet: 30. Dezember 2012

jorge armadoEr ist bei weitem der meist gelesene Autor brasilianischer Fiktion des 20. Jahrhunderts – sowohl in Brasilien als auch im Ausland. Geboren 1912 auf einer Kakao-Plantage ausserhalb von Ilhéus, im Süden des Bundesstaates Bahia, war ihm eine recht abenteuerliche Jugend beschieden, mit direktem Kontakt und eigener Erfahrung hinsichtlich der endemischen Gewalt, welche die Landansprüche jener Tage umgab – er hat sie in später in seinen Novellen „Terras do sem-fim“ (das endlose Land, von 1943) dramatisch verarbeitet.

Politisch tendierte er stets zur Linken, obgleich seine Position sich im Lauf seines Lebens etwas gemässigt hat und diese Veränderungen auch in seinen Fiktionen zu bemerken sind. In seiner frühen Periode (1931 – 1952) zeigte er grosses Interesse an der Armut der Landbevölkerung wie der Städter: zum Beispiel in Novellen wie „Jubiabá“ (1935) – über die Selbsterziehung eines schwarzen Mannes – oder „Capitaes de areia“ (Sandkapitäne, von 1937) – eines seiner besten Bücher, in dem er sich auf eine Gang von Strassenkindern konzentriert. Schliesslich begann er sich für die Macht des „Candomblé“ (afro-brasilianische Religion) zu interessieren.

1946 trat er der Kommunistischen Partei als Landesdeputierter bei und 1948, nachdem die Partei verboten worden war, ging er ins europäische Exil, wo er sich als eine Art Propagandist des Sowjet-Kommunismus betätigte und den „Stalin-Friedenspreis“ 1951 erhielt. Die von ihm verfasste Fiktion dieser Zeit (zum Beispiel „Seara vermelha“ Rote Ernte) ist, mit Verlaub zu sagen, das Schlechteste, was er je schrieb.

1953 kehrte er nach Brasilien zurück und 1958 erschien dann die Novelle, die seiner Karriere neues Leben einhauchte: „Gabriela, cravo e canela“ (Gabriela wie Zimt und Nelken). In diesem wunderbaren Werk tauschte er die Politik gegen Komödie und Mythos: Ilhéus der 20er Jahre, sein Hafen kurz vor der Eröffnung, sodass der Kakao des Hinterlands exportiert werden kann – dieser Hintergrund wird dem Leser zusammen mit einem sehr farbigen Arrangement von Charakteren präsentiert, in dessen Mittelpunkt Nacib steht, ein arabischer Einwanderer und Ladenbesitzer, und die heissblütige Gabriela, eine junge Frau aus dem Hinterland, deren Kochkunst und sexueller Anziehung er rettungslos verfällt. Eine moderne, optimistische Version von Alencars „Iracema“: Einwanderer trifft natives Mädchen und muss sich ihrer Kultur anpassen, während im Hintergrund die Exportwirtschaft sich öffnet. Gabriela wurde ein phänomenaler Erfolg, verkaufte 100.000 Exemplare innerhalb eines Jahres! Teilweise ist Jorge Amado im Lauf der Kubitschek-Präsidentschaft (die zum Bau von Brasília führte) zum Optimisten geworden.

Sex, Komödie und gute Küche erwiesen sich als eine erfolgreiche Kombination. Andere Novellen nach Gabriela wurden ähnlich erfolgreich: „Dona Flor e seus dois maridos“ (Dona Flor und ihre zwei Ehemänner, von 1966) – handelt von einem Kochkursleiter, dessen respektierliche zweite Ehe vom Geist des ersten Ehemannes, eines unverbesserlichen Bohemiens, gestört wird (und das Buch präsentiert darüber hinaus einige nachkochbare Rezepte).“Tenda dos milagres“ (Das Zelt der Wunder, von 1969) – über rassische Diskrimination und andere Probleme, mit denen man nicht oder nur schwer fertig wird, viele davon in Salvador (Bahia). Amado wurde vielfach von Kritikern angegriffen, zum Beispiel ein „gewissenloser Anti-Feminist“ zu sein und sogar „Rassist“ (seine Schwarzen tendieren zu gutherzigen Stereotypen, mit einem steten Lächeln auf dem Gesicht).

Aber versuchen wir mal, es auf den Punkt zu bringen: Jorge Amado war grundsätzlich ein populärer Romanschreiber in der traditionellen Art eines Scott, Dumas und Hunderten von anderen, Vorläufern von Fernseh-Seifenopern, und wurde in diesem Medium ebenfalls sehr erfolgreich verarbeitet.

Kultur ist die Visitenkarte eines Volkes. Brasilien ist ein „kultureller Schmelztiegel“, so sagt man – treffender ausgedrückt vielleicht: ein „kultureller Shaker“, denn die zahlreichen Einflüsse seiner Immigranten aus aller Welt sind nicht etwa „untrennbar ineinander verschmolzen“, sondern haben sich lediglich gemischt – dieser Kultur-Mix Brasiliens präsentiert sich dem Besucher ebenso kontrastreich wie seine Landschaften. Eine faszinierende Visitenkarte!

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