Es war einmal eine junge Grille, die pflegte auf einem Ast zu zirpen, der sich über einen Ameisenhaufen reckte. Und wenn sie müde wurde, unterhielt sie sich damit, die Ameisen bei ihrer unermüdlichen Plackerei zu beobachten, ihre Vorratskammern zu füllen.
Schliesslich ging die schöne Jahreszeit zu Ende, und die Regenperiode setzte ein. Alle die vielen Tiere, von Kälteschauern geschüttelt, verbrachten nunmehr den Tag schlafend in ihren Höhlen.
Die arme Grille, ohne Unterschlupf auf ihrem trockenen Ast, war in grossen Schwierigkeiten – also beschloss sie, jemanden um Hilfe zu bitten.
Hinkend, und einen ihrer nassen, zerknitterten Flügel hinter sich herschleppend, wendete sie sich dem Ameisenhaufen zu. Sie klopfte – tick, tick, tick… und es erschien eine Ameise, fröstelnd, in einen Baumwollschal gewickelt.
“Was willst du“? fragte sie und betrachtete die traurige Gestalt, die schlammbespritzt und hustend vor ihr stand.
“Ich wollte dich um eine Unterkunft bitten – das schlechte Wetter hört nicht auf und ich…“
Die Ameise musterte die bettelnde Grille von oben bis unten.
“Was hast du während der schönen Jahreszeit gemacht – hast du denn kein Haus gebaut“?
Die arme Grille, zitternd vor Kälte und nach einem erneuten Hustenanfall, antwortete:
“Ich habe gesungen, weisst du…“
“Ah!… rief die Ameise aus, als sie sich erinnerte – “Das warst du also, die da über uns im Baum gesungen hat, während wir gearbeitet haben, um unsere Vorräte aufzufüllen?
“Ja, das war ich…”
“Nun, dann komm herein, meine Freundin”! Wir werden die schönen Stunden nie vergessen, die du uns mit deinem Gesang bereitet hast – er hat uns erfreut und die Arbeit erleichtert. Stets haben wir zueinander gesagt:
Was für ein Segen, dass unsere Nachbarin so schön singen kann! Tritt ein, meine Freundin, hier wirst du ein Bett und Verpflegung bekommen, bis die kalte Zeit vorüber ist“.
Und die dankbare Grille trat ein, ihr Husten verging, und sie wurde wieder zur fröhlichen Sängerin der sonnigen Tage.