Vampir-Fledermäuse

Zuletzt bearbeitet: 28. Oktober 2021

Hämatophage Fledermäuse sind im Volksmund als „Vampirfledermäuse“ bekannt, d.h. jene Arten, die sich ausschließlich von Blut ernähren. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Fressgewohnheiten werden sie von den Menschen manchmal gefürchtet und negativ gesehen und sind auch mit einer Reihe von Legenden und Mythen verbunden.

Fledermaus – Foto: Klaus D. Günther

Von den 178 in Brasilien beschriebenen Fledermausarten sind nur drei hämatophag: Der Gemeine Vampir (Desmodus rotundus), der Kammzahnvampir (Diphylla ecaudata) und der Weißflügelvampir (Diaemus youngi), die zur Familie Phyllostomidae und der Unterfamilie Desmodontinae gehören. Neben der Hämophagie haben die Mitglieder dieser Unterfamilie als gemeinsames Merkmal das Vorhandensein eines wenig entwickelten Nasenfortsatzes in der Schnauze, in Form eines Hufeisens und gut entwickelte Daumen.

Beschreibung

Vampirfledermäuse erreichen eine Kopfrumpflänge von 65 bis 95 Millimetern und ein Gewicht von 15 bis 50 Gramm. Die Flügelspannweite des Gemeinen Vampirs beträgt zwischen 35 bis 40 Zentimeter. Der robuste Körper ist von kurzen und weichen Haaren bedeckt, die Färbung variiert von bräunlich bis grau, wobei die Bauchregion heller ist als die Rückenregion. Morphologische Merkmale, die mit seiner hämatophagen Ernährungsweise zusammenhängen, wie z. B. die massive Schnauze, das reduzierte Rostrum (Vorsprung des Gesichts), die großen und scharfen Eck- und Schneidezähne und die gespaltene Unterlippe.

Es wird das Fehlen des Schwanzes und die reduzierte Membran zwischen den Hinterbeinen beobachtet. Bei dieser Art ist das Männchen meist kleiner als die Weibchen. Vampirfledermäuse haben kein echtes Nasenblatt, sondern lediglich einen hufeisenförmigen Ballen über den Nasenlöchern. Schneide- und Eckzähne sind sichelförmig und zum Aufschneiden der Haut ihrer Opfer bestens geeignet, die Backenzähne haben keinerlei zum Kauen geeignete Oberfläche mehr. Eine kurze Speiseröhre und der schlauchförmige Magen sind weitere Anpassungen an die spezielle Ernährung durch Blut.

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet der Vampirfledermäuse reicht von den südlichen USA (Texas) bis ins südliche Südamerika (Zentralchile, Argentinien und Uruguay). Sie finden sich auch auf einigen Südamerika vorgelagerten Inseln (wie Isla Margarita, Trinidad und Tobago), fehlen aber auf den anderen Westindischen Inseln.

Sie besiedeln Gebiete mit feuchtem Wald, Savannen, Feldern und Trockengebieten. Sie bewohnen natürliche Umgebungen wie Höhlen, Baumstämme, felsige Gebiete, passen sich aber auch an von Menschen geschaffene Konstruktionen an. Nach der “International Union for Conservation of Nature“ (IUCN) wird die Art in den Gefährdungsstatus „little concern“ (LC) eingestuft.

Lebensweise

Vampirfledermäuse stellen keine besonderen Ansprüche an ihren Lebensraum – sie bilden Kolonien mit etwa 20 bis 100 männlichen und weiblichen Individuen, die je nach Nahrungsangebot und klimatischen Bedingungen des Gebiets, in dem sie leben, bis zu 2000 Tiere erreichen können. In den Kolonien wurde ein besonderes Sozialverhalten des Putzens und des Teilens von Nahrung beobachtet.

Fledermaus – Foto: Klaus D. Günther

Einige Studien deuten darauf hin, dass Desmodus-rotundus-Kolonien in der Regel aus großen Gruppen bestehen, die sich aus Weibchen und ihren Jungen zusammensetzen und von einem Alpha-Männchen beschützt werden; daneben gibt es kleine Gruppen, die sich in der Nähe versammeln und überwiegend aus anderen Männchen bestehen, die versuchen, den Platz des Alpha-Männchens einzunehmen.

Fortpflanzung

Sie kopulieren das ganze Jahr über, wobei es Hinweise darauf gibt, dass die höchste Anzahl an Geburten in den heißesten und feuchtesten Monaten stattfindet. Die Trächtigkeit dauert etwa 7 Monate, wobei jeweils nur ein Junges auf die Welt kommt.

Die Blutfütterung beginnt ab dem 2. Lebensmonat durch das Erbrechen der Mutter, das behalten sie bei bis zum 5. Lebensmonat, wenn sie völlige Unabhängigkeit erreichen. Geschlechtsreif sind die Jungtiere etwa nach 8 bis 9 Monaten.

Nahrungsaufnahme

Wie andere Fledermausarten nutzen Vampirfledermäuse die Echoortung, Sehen, Riechen und Hören, um ihre Beute zu lokalisieren. Bei der Echolokation werden sehr hochfrequente Wellen durch das Maul oder die Nasenlöcher ausgesendet. Wenn sie ein Objekt erreichen, werden sie als Echo reflektiert und von den Ohren des Tieres aufgefangen, wodurch die Umgebung identifiziert werden kann.

Vampirfledermäuse sind die einzigen Säugetiere, deren Ernährung ausschließlich auf Blut basiert. Ihre nächsten Verwandten dagegen, die Blattnasenfledermäuse, ernähren sich von Insekten oder von Früchten.

Die Nahrungsaufnahme der “Vampire“ erfolgt durch einen kleinen, oberflächlichen Schnitt in die Haut der Beute mit Hilfe der extrem scharfen Schneidezähne (ihr Speichel enthält ein Betäubungsmittel, wodurch das Opfer keinen Schmerz empfindet). Durch diesen Schnitt ernähren sich die Fledermäuse, indem sie das aus der Wunde austretende Blut auflecken, das aufgrund der Wirkung von gerinnungshemmenden Enzymen im Speichel der Fledermaus nicht gerinnt.

Fledermaus – Foto: Klaus D. Günther

Die Ohren, Finger und Extremitäten der Beute sind die am häufigsten genutzten Futterstellen, da sie leicht zugänglich sind und von den Opfern weniger wahrgenommen werden. Während einer Nacht können bei jeder Fütterung bis zu 30 ml Blut aufgenommen werden Die Gefahren des Bisses liegen weniger im Blutverlust als in der Infizierung des Opfers mit Krankheiten wie Tollwut, auch kann es an der offenen Wunde zu Infektionen kommen.

Fortbewegung

Im Gegensatz zu anderen Fledermausarten umfasst die Fortbewegung von Desmodus rotundus auch terrestrische Bewegungen in vierfüßiger Haltung, da sie gehen, laufen und springen kann. Wenn sich die Fledermaus ihrer Beute nähert, landet es nicht direkt, sondern bewegt sich sehr nah an sie heran, um dann langsam aufzusteigen und die Stelle auszuwählen, an der es fressen will. Die Sprungbewegung wird von Fledermäusen auch als eine Form der Flucht und zur Einleitung des Fluges verwendet, insbesondere nach Beendigung einer Nahrungsaufnahme, da sie die einzige Art sind, die in der Lage ist, den Flug von einer horizontalen Fläche aus einzuleiten.

Gefährdung durch Vampirbisse

Wie die Arten D. ecaudata und D. youngi kann sich D. rotundus von Vogelblut ernähren, greift aber auch Säugetiere an, vorzugsweise große Tiere wie Rinder und Pferde. Aufgrund dieser Vorliebe können Angriffe auf Nutztiere zu erheblichen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Problemen führen, z. B. zur Übertragung von Tollwut auf diese Tiere.

So gilt D. rotundus als Hauptüberträger der Tollwut auf Rinder und Pferde, die bei der Blutaufnahme übertragen wird. Aus diesem Grund ist die Herdenimpfung eine wichtige Präventivmaßnahme, denn Tollwut ist eine schwere Krankheit mit einer hohen Sterblichkeitsrate.

Jährlich werden zahlreiche Nutz- und Haustiere Opfer von Vampirbissen. Detaillierte Untersuchungen liegen über den “Gemeinen Vampir“ vor, der als einzige Vampirfledermaus vorrangig Säugetiere, darunter Hausrinder und gelegentlich auch Menschen beißt und dabei vor allem durch die Übertragung von Krankheiten wie der Tollwut als Risiko gilt. Schätzungen gehen von bis zu 100.000 toten Rindern pro Jahr aus, die auf Bisse des Gemeinen Vampirs zurückzuführen sind, was auch einen enormen wirtschaftlichen Schaden darstellt.

Auch Menschen werden immer wieder zu Opfern der Gemeinen Vampire. So haben sie im Jahr 2004 in Brasilien nachweislich in einem Fall bis zu 22 Menschen mit Tollwut infiziert. Alle so infizierten Personen verfügten über keinerlei Impfschutz und sind daher ohne nachträgliche Sofortimpfung in Folge der Erkrankung verstorben. Im August 2010 verstarb in den USA ein junger Mann an Tollwut, an der er sich einige Wochen zuvor in Mexiko durch einen Fledermausbiss infiziert hatte

Fledermaus – Foto: Klaus D. Günther

Es ist jedoch wichtig, klarzustellen, dass Angriffe auf Menschen sehr selten sind und sich auf Orte beziehen, an denen es an anderen Nahrungsangeboten mangelt. Es ist auch wichtig zu wissen, dass nicht-hämophage Fledermausarten, wenn sie mit dem Tollwutvirus infiziert sind, es auch durch Bisse auf andere Tiere, einschließlich Menschen, übertragen können, aber dies ist ein seltenes Vorkommnis. Wenn nötig, werden Programme zur Kontrolle von D. rotundus-Populationen durchgeführt, um das Auftreten von Tollwut an einem Ort zu reduzieren und zu kontrollieren.
Nutzen für das Ökosystem

Vampirfledermäuse haben eine große Bedeutung für das Ökosystem. Die von diesen Tieren hinterlassenen Fäkalien (Guano genannt) sind eine wichtige Nährstoffquelle für kleine wirbellose Tiere, die in den Höhlen leben, die wiederum Nahrung für andere Tiere sind und so zur Aufrechterhaltung der Nahrungskette an einem nährstoffarmen Ort beitragen. Diese Fäkalien können auch als Dünger für andere Zwecke verwendet werden. Es wurden auch Studien durchgeführt, um zu untersuchen, ob gerinnungshemmende Substanzen, die im Speichel dieser Fledermäuse vorhanden sind, für therapeutische Anwendungen zu nutzen sind.

Bedrohung durch den Menschen

Aufgrund dieser Risiken werden Vampirfledermäuse, insbesondere “Gemeine Vampire“ verfolgt und mit verschiedenen Methoden gejagt. Schlafplätze werden gesprengt oder ausgeräuchert, wobei auch viele harmlose Fledermausarten in Mitleidenschaft gezogen werden.

Auch mit Gift oder Fangnetzen sollen die Fledermäuse unschädlich gemacht werden. Insgesamt sind Vampirfledermäuse allerdings weit verbreitet und zählen nicht zu den bedrohten Arten, lediglich der Kammzahnvampir wird von der IUCN als gering gefährdet gelistet.

Bedeutung für die Forschung

Das gerinnungshemmende Enzym im Speichel des “Gemeinen Vampirs“ wurde erst vor einigen Jahren isoliert und biotechnologisch hergestellt. Es soll vor allem als Medikament vorbeugend gegen Herzinfarkte und Schlaganfälle eingesetzt werden.

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AutorIn: Klaus D. Günther

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