Schnee und Eis unter tropischer Sonne

Zuletzt bearbeitet: 18. August 2014

Das Thermometer zeigt klar und deutlich einige Grad unter Null an. Und wir sind in Brasilien! Es mag für das Land im Herzen Südamerikas ungewohnt erscheinen, wird der Gigant doch vornehmlich von tropischer Sonne verwöhnt. Aber ganz so außergewöhnlich ist es dann doch nicht. Vor allem in den Höhenlagen in den südlichen Bundesstaaten Paraná, Santa Catarina und Rio Grande do Sul ist im alljährlichen Winter durchaus mit Raureif zu rechnen. Bis auf -5 Grad Celsius sinkt das Quecksilber in den kleinen Städten in den Mittelgebirgen im Hinterland dann gerne einmal und stellt dabei seine Bewohner sowie die vorhandene Tier- und Pflanzenwelt einmal mehr auf die Probe.

Die nach der Kolonisierung des Südens übrig gebliebenen kümmerlichen Reste des atlantischen Regenwaldes auf bis zu 1.000 Meter Höhe trotzen allerdings den Minusgraden genauso wie die Palmen in den verwunschenen Ortschaften, die einst von Einwanderern aus Pommern, dem Hunsrück oder Tirol gegründet wurden. Die kennen zumindest vom Hörensagen „Väterchen Frost“, der nun Felder und Wiesen in Gemeinden wie Bento Gonçalves, São José dos Ausentes oder Caxias do Sul mit einer dünnen weißen Schicht überzieht. Und der Region damit einen ganz eigenen Charme verleiht.

neve1Damit verwandeln sich Teile Brasiliens also alljährlich ein paar Mal am frühen Morgen in mehr oder weniger spektakuläre Winterlandschaften. Doch es kann weitaus „dramatischer“ kommen: wenn die Wetterlage stimmt, und die polare Kaltfront genügend Wolken vom Atlantik auf das Festland treibt, dann kann es sogar richtig schneien. Im Winter 2013 war dies gleich mehrfach der Fall. In über 150 Städten und Gemeinden registrierten Meteorologen Schneefälle, tausende Fotos zirkulierten anschließend in den sozialen Netzwerken und zeigten Schneemänner, zugeschneite Autos oder Bewohner, die auf ihre ganz eigene Art mit der Wetterlage umgingen.

Wie die Familie Honnef aus Caxias do Sul in Rio Grande do Sul. Die Nachfahren deutscher Immigranten setzten sich kurzerhand in Shorts und Badeschlappen in den zugeschneiten Garten, tranken heißen Mate-Tee und posierten zur Freude der Netzgemeinde „oben ohne“ für Fotos. So ein bisschen Schnee und Eis kann einen echten „Riograndenser“ natürlich nicht erschüttern. Und auch das restliche Brasilien bekommt immer mehr Lust, der Hitze zu entfliehen und einen Winterurlaub im Süden zu verbringen. Schon längst hat sich dort in den teilweise noch unberührten Canyons und Hochebenen der Serra Gaúcha eine bescheidene touristische Infrastruktur entwickelt, die vornehmlich Öko-Touristen und Wanderer anzieht.

StepMap-Karte

Wer sich nach diesen Zeilen nun nicht mehr ganz sicher ist, ob es denn wirklich der heiße Nordosten mit den endlosen Stränden sein soll: am besten gleich mehrfach seinen Urlaub in Brasilien verbringen! Doch man sollte sich im klaren darüber sein, dass Europäer um den echten Süden eher einen weiten Bogen machen. Sie steuern tatsächlich lieber den glühenden Nordosten, den dampfenden Amazonas oder die pulsierenden Metropolen Rio de Janeiro und São Paulo an. Und vergessen dabei, dass es Brasilien tatsächlich Regionen mit echten Jahreszeiten gibt und nicht alles in Regen- und Trockenzeit unterteilt werden kann. Brasilien ist also auch klimatisch einmal mehr das Land der Gegensätze.

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AutorIn: Dietmar Lang · Bildquelle: Persönliches Archiv

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