Wohnhaft seit 23 Jahren in der Pantanalregion und alljährlichen Besuchen (Angeln, Campieren, Fotosafari¸etc.) durfte ich das Pantanal sowohl in seinem nördlichen wie in seinem südlichen Teil recht gut kennenlernen. Im folgenden Bericht möchte ich die Leser für dieses einmalige Naturparadies begeistern und einige wertvolle Hinweise für potentielle Besucher geben.
Das Pantanal ist eine riesige (5x die Schweiz) Schwemmlandebene im Einzugsgebiet des Paraguayflusses ganz im mittleren Westen Brasiliens. Ein kleiner Teil befindet sich grenzüberschreitend in Bolivien und Paraguay. Während den Hauptmonaten der Regenzeit (November bis Januar) beginnt von den nördlich gelegenen Gebirgszügen her die Überflutung. Die Wasser fliessen, wegen dem geringen Gefälle, langsam Richtung Süden und stauen sich am Amolargebirge, im Herzen des Pantanal auf.
Der Paraguayfluss und seine Zuflüsse treten über die Ufer und verbinden sich mit den auch in der Trockenzeit vorhandenen Seen (Baías, Corixos). Das selbe Szenario findet nochmals, weiter südlich, am Urucumgebirge bei Corumbá statt. Noch weiter im Süden, bei Porto Murtinho, bilden zwei Gebirgszüge eine natürliche Schleuse, wodurch die ganzen Wassermassen allmählich abgelassen werden. Höher gelegene Landstriche bleiben auch während der Regenzeit trocken und bieten Zuflucht für die Tiere. Das Pantanal sieht in der Regenzeit, von der Luft aus gesehen, wie eine Patchworkdecke aus. Zusammenhängende Wasserflächen wechseln sich ab mit nicht überfluteten Gebieten. Nach Beendigung der Regenfälle, nimmt der Wasserstand langsam ab und die Wasser kehren in die Flussbetten und Seen zurück.
In der Regenzeit vermehren sich die über 260 Fischarten und auch die Insekten milliardenfach. Sie sind, neben den Früchten, die Grundnahrung der meisten Vogel- und Tierarten des Pantanal. Laut WWF, gibt es im Pantanal 1.132 Schmetterlingarten, 656 Vogelarten, 122 Säugetierarten und 93 Reptilienarten. Da viele Tiere und im Besonderen die Vögel, der Nahrung wegen, den Wassern folgen, sind sie während der Überschwemmungszeit schwieriger anzutreffen, da sie sich mit den Wasser auf der riesigen Fläche des Pantanal verteilen. In der Trockenzeit konzentrieren sie sich auf die Wasserläufe und Seen und sind deswegen häufiger und in grösserer Zahl zu sehen. Man kann jedoch zu jeder Jahreszeit Tiere beobachten.
Während der Überschwemmungszeit besteht z. B. die Möglichkeit mit Kleinflugzeug oder Schiff, bzw. Boot zu den höhergelegenen Stellen im Innern des Pantanal zu gelangen, wo man zahlreiche Säugetiere antrifft, da diese wie bereits oben erwähnt, dort Zuflucht suchen. Landschaftlich hat das Pantanal am Ende der Regenzeit, wenn die Wasser am zurückgehen sind, am Meisten zu bieten. Die Vegetation ist satt grün, das Flusswasser nicht mehr braun, das Blau des Himmels spiegelt sich im Wasser des teilweise noch überfluteten Pantanal, die Wolkenbilder sind fantastisch, die Dimension des Himmels grandios.
In den Trockenmonaten von Juni bis Oktober können ausser dem Amolargebirge in der Regel alle im Pantanal vorhandenen Touristendestinationen mit 4×4 Offroader (häufig auch mit normalen PW’s) erreicht werden. Auf der, in dieser Zeit, sehr staubigen Erdstrassen kann man meistens schon vielen verschiedenen Tieren begegenen. Von Juni bis August blühen der rosa und gelbe Ipê. Eine typische Baumart des Pantanal, welche in dieser Zeit keine Blätter sondern nur leuchtend-farbige Blüten hat und in der sonst gelbbraunen Landschaft wunderbar heraussticht.
In der Trockenzeit bilden sich an den Flüssen häufig Sandbänke, auf welchen sich die Kaimane, Capivaras und auch andere Tiere sonnen und dabei leicht zu fotografieren sind. In Nhecolândia, im Pantanal-Sul, kann man auch die “salinas“ (kreisrunde Salzwasserseen) antreffen. Sie unterscheiden sich farblich von den Süsswasserseen und besitzen einen durchgehenden, weissen Sandstrand. Des hohen Salzgehaltes wegen leben in ihnen keine Fische, dafür unzählige Insektenlarven, welche viele Vogelarten anziehen, die man aus geringer Entfernung wunderbar beobachten kann.
Für Besucher aus Ländern der Nordhemisphäre ist das Pantanal eine ganz andere Welt. Die Dimension des Himmels, die Wolkenbilder, die sagenhaften Sonnenuntergänge, der beeindruckende Süd-Sternenhimmel weitab von jeder künstlichen Lichtquelle, die Geräuschkulisse, das Erwachen der Natur im Morgengrauen wie auf Kommando, die Fülle an Vögeln, Tieren und Fischen…, man kann es nicht beschreiben – es muss selbst erlebt und erfahren sein!
Interessierte Pantanalbesucher stehen vor der Wahl das Pantanal im Norden oder im Süden zu besuchen. Oftmals sind die diesbezüglichen Angaben auf diversen Webseiten über Touren ins Pantanal nicht ganz korrekt oder gar unehrlich.
Nachfolgend eine kleine Aufstellung der wichtigste Punkte
Pantanal-Nord
Ausgangspunkt ist Cuiabá, Hauptstadt des Bundesstaates Mato Grosso, zusammen mit Varzea Grande wo sich der Flughafen befindet, knapp 1 Million Einwohner. Die Stadt ist bekannt für die hohen Temperaturen, chaotischen Verkehrverhältnissen, intensives Nachtleben und hohe Kriminalität. 60 km nördlich befindet sich die “Chapada dos Guimarães“, das Ende einer Hochebene mit steilen Felswänden und herrlicher Aussicht auf die beginnende Pantanal-Tiefebene. Ebenfalls im Norden ca. 130 km, liegt Nobres wo im angrenzenden Urwald in klaren Flüssen geschnorchelt werden kann. Die Infrastruktur von Nobres ist aber nicht vergleichbar mit Bonito im Pantanal-Sul.
Besucher haben üblicherweise drei Möglichkeiten ins Pantanal zu gelangen: Via Cáceres (230 km) mit Touren auf und um dem Paragauayfluss, via Barão de Melgaço (130 km) mit Touren im Umfeld der Seen Chocororé und Chá Mariana, via Pocone (100km) mit Touren auf und rund um die Transpantaneira (Parkstrasse). Entlang der Transpantaneira befindet sich die Grosszahl der Lodges oder Touristenfazendas. Sie endet in Porto Jofre am Ufer des Cuiabáflusses. Die Lodges um Porto Jofre bieten insbesondere Touren zu Jaguarbeobachtung an. Die Preise für diese Touren sind gesalzen.
Pantanal-Süd
Ausganspunkt ist Campo Grande die Hauptstadt des Bundesstaates Mato Grosso do Sul, eine gute Flugstunde von São Paulo entfernt. Die Stadt hat ca. 800‘000 Einwohner und gilt als eine der sichersten, saubersten und bestorganisiertesten Grossstädte Brasiliens. Sie liegt rund 600 m über Meer auf einer Hochebene. Vorallem die Nächte sind aus diesem Grund nicht so heiss wie in Cuiabá. Zur Zeit wird das das grösste Süsswasseraquarium Südamerikas gebaut wo ein Grossteil der Biovdiversität gezeigt werden soll . Eröffnung ist für Mitte 2014 vorgesehen.
Um in das Pantanal zu gelangen gibt es viele Möglichkeiten. Rund 150 km nördlich von Campo Grande liegen die Orte Rio Negro und Coxim. Von ihnen führen Erdstrassen nach Westen durch das gesamte Süd-PantanaI (ca. 600km). Ende ist Corumbá am Paraguayfluss an der Grenze zu Bolivien. Von Campo Grande ausgehend, 130 km in westlicher Richtung erreicht man Aquidauana.
Die Strasse führt durch interessante Felsformationen (Serra de Maracaju). Von dort führen zwei Erdstrassen nach Nhecolândia, die Pantanalregion mit der grössten Konzentration an Vögeln und Tieren und ausgezeichneten Touristenfazendas. Fährt man nach Aquidauana noch 100 km weiter auf der Hauptstasse gelangt man nach Miranda. In ihrem Umfeld gibt es ebenfalls gute Lodges und Hotels, welche Pantanaltouren anbieten. Noch weitere 110 km auf der Hauptstrasse gelangt man zur Süd-Pantanal Parkstrasse, welche die Besucher 120 km mitten durchs Pantanal nach Corumbá führt wo man viele Tiere beobachten kann. Die Landschaft ist abwechslungsreich. Etwa in der Hälfte der Strecke überquert man mit einer Fähre den Paraguayfluss.
Corumbá, 440km von Campo Grande entfernt ist die eigentliche Hauptstadt des Pantanal, direkt am Paraguayfluss gelegen. Sie besitzt einige interessante Museen über das Pantanal und hat auch historisch und kulinarisch einiges zu bieten. Sie liegt am Fuss des Urucum-Massivs von wo man eine atemberaubende Aussicht auf den Paraguayfluss und auf die ganze südl. Pantanalebene besitzt. 250km flussaufwärts befindet sich das Amolargebirge. Dorthin gelangt man nur mit dem Hotelschiff oder mit dem Kleinflugzeug.
Die Landschaft ist wunderschön, einzigartig, wild, unberührt und unvergleichlich mit dem Rest des ganzen übrigen Pantanal. Nur ganz wenige Touristen haben bisher dieses Herz des Pantanals kennengelernt. Um der seit Genrationen dort ansässigen, einheimischen Bevölkerung in ihrem Überlebenskampf zu helfen, wurde mit Hilfe einer NGO ein Fairtrade-Tourismusprojekt geschaffen. Dieses ermöglicht es interessierten Besuchern, unter Führung der Einheimischen, in dieses Naturparadies einzutauchen und die Gastfreundschaft und kulturelles Alltagsleben der Gemeinschaften kennenzulernen. In diesem Gebiet gibt es auch noch noch sehr viele Jaguare (ohne GPS und Funksender).
Bonito, der 11-fach ausgezeichnete Öko-Tourismusort befindet sich am südl. Rand des Pantanal. 2014 wird dort der weltgrösste Kongress der Ökotourismusbranche “The International Ecotourism Society TIES“ durchgeführt werden. Bonito ist bekannt für seine Höhlen, kristallklaren Wasser, unzähligen Wasserfällen und allgemein liebliche Landschaft wo man auch wandern und viele Vögel und Tiere beoabachten kann. Bonito ist auch ein Mekka für Radikalsportler. Es liegt 150 km von Miranda und 300 km von Campo Grande entfernt.
Fazit
Pantanal-Nord Pluspunkte:
- Kürzerer Wege, grössere Anzahl an guten Lodges, gute Guides, einfacheres Beobachten von Jaguaren. (Dazu muss aber gesagt werden, dass die Jaguare teilweise GPS und Funksender tragen und so leichter aufgespürt werden können).
Pantanal-Nord Negativpunkte:
- Cuiabá, landschaftlich ärmer, nur 35% der bras. Pantanalfläche liegt im Norden, gesalzene Preise.
Pantanal-Süd Pluspunkte:
- Campo Grande (Aquarium), Landschaftlich schöner und vielfältiger, Nhecolândia > mit Abstand die beste Pantanalregion zur Tierbeobachtung, die Touren führen tiefer hinein ins Pantanal, Salinen, Corumbá (kulturelles und historisches Zentrum des Pantanal), Amolargebirge Fairtradetourismus im unberührtesten uns landschaftlich schönstem Teil des Pantanal. Bonito, Brasilien’s Ökotourismus-destination Nr.1 “gleich nebenan“. Etliches günstiger als der Norden.
Pantanal-Süd Negativpunkte:
- Längere Anfahrtswege, geringere Anzahl an guten Lodges und Guides.
Wer das Pantanal besucht wird sowohl im Norden wie im Süden ein unvergessliches Natur-Erlebnis haben. Grundsätzlich wartet der Norden mit einer grösseren Anzahl an guten Lodges und Guides auf. Die Preise für die Touren sind im Norden jedoch deutlich höher als im Süden. Wer nicht nur die Tiere des Pantanal beobachten will, sondern ein Gesamteindruck dieses einzigartigen Ökosystems erhalten und auch seine atemberaubenden Landschaften kennenlernen will, kann dies nur im Pantanal-Sul tun.
Viele Touristen besuchen das Pantanal “im Vorbeigehen“ als eine von verschiedenen Reisezielen eines Südamerika – oder Brasilienbesuches. Ich empfehle ihnen einmal nur das Pantanal-Sul und Bonito zu besuchen. Sie werden diesen Besuch zeitlebens niemehr vergessen.
Ihr Martin Arn, Deutschschweizer Spezialist für Touren ins Pantanal-Sul und Bonito.