Die Küste des brasilianischen Südens wurde eigentlich zuerst von Mitgliedern spanischer Expeditionen erkundet. 1515 segelte zum Beispiel der Spanier Juan Diaz de Solis an ihr vorbei, in Richtung auf den Rio de la Plata/ Argentinien. Elf Schiffbrüchige dieser gescheiterten Expedition wurden von den Carijó-Indianern freundlich aufgenommen und mischten sich mit ihnen. Diese Eingeborenen bezeichnete der Jesuit Manuel da Nóbrega als „das beste Volk an dieser Küste“ und Pater José de Anchieta setze hinzu:“ Sie sind friedfertig und den Dingen Gottes zugetan!“
Die Spanier
Verschiedene Expeditionen hinterliessen ihre Spuren in Santa Catarina: Don Rodrigo de Acuña (1525) setzte 17 Mitglieder seiner Besatzung auf der Insel aus, wo diese sich freiwillig ansiedelten (gemeint ist die Santa-Catarina-Insel, auf der sich heute die Hauptstadt Florianópolis befindet). Sebastian Caboto (1526), der auf der Insel seine Wasservorräte ergänzte, segelte weiter zum La Plata und kam zurück – von ihm hat die Insel, die vorher Ilha dos Patos (Enteninsel) genannt wurde, ihren Namen Santa Catarina. Nach Caboto legte auch Diego Garcia hier an und ziemlich viel später (1541) der uns schon aus der Geschichte über die Iguaçu-Wasserfälle bekannte Alvaro Núñez Cabeza de Vaca – Nachfolger des Don Pedro de Mendoza, dem Gründer von Buenos Aires.
Letzterer hatte einige Jahre vorher seinen Neffen Gonzalo de Mendoza auf die Santa-Catarina-Insel geschickt, um dort Vorräte und Mannschaften an Bord zu nehmen, mit deren Hilfe die Spanier dann den Rio Paraná hinauffuhren und die Stadt Assuncion gründeten (1537), heutige Hauptstadt des Landes Paraguay.
Stets motiviert von der Absicht, die Herrschaft über El Brasil Meridional zu übernehmen, berief die spanische Regierung Juan Sanabria zum Gouverneur von Paraguay, mit der Aufgabe, das Tal des Rio de la Plata zu kolonisieren und auch den Hafen von São Francisco, in Santa Catarina zu besiedeln. Als Juan Sanabria starb, wurde er von seinem Sohn Diego ersetzt. Einige Schiffe seiner Expedition erreichten die Santa-Catarina-Insel, wo sich die Spanier zwei Jahre lang einnisteten. Eine ihrer Expeditionen, unter dem Befehl des Kommandeurs Hernando Trejo de Sanabria, liess sich in São Francisco nieder, bis sie mangels Vorräten und stets bedrängt von feindlichen Indianern, sich entschlossen, nach Assuncion auszuweichen. Bemerkenswert an der Expedition Sanabria sind zwei Dinge: erstens, dass der Deutsche Hans Staden daran teilnahm – er hat in seinem bereits erwähnten Buch später ausführlich auch über diese Expedition berichtet – und zweitens, die Geburt des kleinen Herdinando Trejo de Sanabria, Sohn des Hernando und zukünftiger Bischof und Gründer der Universität von Córdoba/Argentinien.
Ein gewisser Ortiz de Zarate hielt sich 1572, auf dem Weg nach Assuncion, sieben Monate lang in Santa Catarina auf, wo er unglaubliche und völlig sinnlose Gewalttaten verübte – dies war die letzte spanische Expedition.
Besetzung durch die Portugiesen
Der Zusammenstoss zwischen Portugal und Spanien war fatal. Er wurde durch einen Angriff der Spanier auf die Capitania de São Vicente eingeleitet, die erste Siedlung an der Küste des späteren Bundesstaates São Paulo. Das lieferte den Portugiesen einen guten Vorwand, um ihrerseits die Alliierten der Spanier, die Carijó-Indianer anzugreifen und sie als Sklaven nach São Vicente zu schaffen. Nur die Jesuiten erhoben sich als Verteidiger der „Wilden“, und Manuel da Nóbrega gelang es, den Befehl vom General-Gouverneur zu erhalten, die Indianer nach Santa Catarina zurückzubringen – als freie Menschen. Ein neuer Krieg und eine erneute Anstrengung der Jesuiten, die mit dem Gesetz der definitiven Freiheit für die Indianer (1595) endete. Es gereicht den Portugiesen zu einer gewissen Ehre, dass sie nicht, wie die Spanier in den Antillen, die eingeborene Bevölkerung völlig ausgerottet haben.
Die Portugiesen breiteten sich langsam nach Süden hin aus – vorläufig friedlich und ohne Blutvergiessen. Ihre Rinder, von São Vicente über Land getrieben, erreicht die Grenzen von Paraguay. Die Nachricht von Minen lockt verschiedene Schübe von Abenteurern nach Süden. Im Jahr 1642 errichtet man eine Kapelle in São Francisco – 1660 wird aus der Siedlung ein Dorf. Im Jahr 1645 lässt sich der Patriarch Francisco Dias Velho mit seinen Kindern, Bediensteten und Sklaven auf der Santa-Catarina-Insel nieder – sie gründen die Siedlung Nossa Senhora do Desterro – und das war der erste Name der zukünftigen Stadt Florianópolis. Dasselbe macht Domingos de Brito Peixoto, im Jahr 1676, in Laguna – und die Gründung der Colônia do Sacramento, im Jahr 1680, gibt endlich den verschiedenen Siedlungs-Kernen in Santa Catarina Gewicht.
Trotz zahlreicher Angriffe von Piraten, existiert um 1695 schon eine reguläre Handelsbeziehung zwischen Paranaguá (Paraná) – São Francisco und Itajaí, und die Bewohner von Laguna verkehren regelmässig mit denen von Colônia do Sacramento. Um die Verteidigung gegen die Piraten zu verbessern, trennt die Regierung 1709 die Capitania São Paulo von der Capitania Rio de Janeiro. Santa Catarina verbleibt unter der militärischen und polizeilichen Befehlsgewalt des Capitão der Stadt Santos/São Paulo. Im Jahr 1714 wird die Siedlung Laguna in den Status einer Vila (Dorf) erhoben.
Barriga-Verde
Die grosse Zeit der Geschichte Santa Catarinas sollte mit der Regierung des Brigade-Generals José da Silva Pais beginnen.
1726 wird die Siedlung Nossa Senhora do Desterro in den Stand eines Dorfes (Vila) erhoben – man beginnt auf die Insel aufmerksam zu werden. 1737 werden die ersten Linien-Truppen auf der Insel stationiert. Im darauf folgenden Jahr wird Silva Pais als Gouverneur bestätigt und 1739 tritt er sein Amt auf der Insel an, direkt der Regierung von Rio de Janeiro unterstellt. Von der Uniform der Milizen – besonders der Farbe ihrer Westen – hat der Volksmund den Spitznamen Barriga-Verde (Grün-Bauch) abgeleitet, der den Bürgern von Santa Catarina bis auf den heutigen Tag anhaftet – aber, so behaupten sie, „er hat keinerlei diskriminierenden Charakter – ganz im Gegenteil!“ Innerhalb von zehn Jahren gelingt es dem Brigade-General die gesamte Struktur einer Capitania auf die Beine zu stellen.
Die Azorianer
Der Bedarf an Neusiedlern in der neuen Capitania fiel mit einer Übervölkerungs-Krise auf den portugiesischen Azoren-Inseln und Madeira zusammen. Es entstand eine spontane Auswanderungs-Bewegung nach Brasilien, vom Conselho Ultramarino zur grössten systematischen Völkerwanderung der portugiesischen Geschichte kanalisiert – insgesamt wurden 4.500 Emigranten auf verschiedenen Schiffen herübertransportiert. Empfangen wurden sie vom Gouverneur Manuel Escudeiro, dem Nachfolger von Silva Pais. Aber nicht alle Versprechungen der Regierung konnten eingelöst werden, weil die Mittel fehlten. Und nicht alle Emigranten, unter denen sich viele Adelige befanden, waren gewillt, Spaten und Hacke der Landwirtschaft in die Hand zu nehmen oder sich einer mechanischen Tätigkeit zu widmen, um so der königlichen Verordnung zu entsprechen, deren Absicht es war, die Einwanderung von Sklaven zu verhindern.
Ein anderes Problem war ihre Verteilung auf das Land. Die Krone verlangte, das sich die Neueinwanderer nicht nur auf der Insel ansiedelten, sondern auch Siedlungen entlang der Festlandküste gründen sollten – und bestand sogar darauf, dass man Paare zur Familiengründung bis hinunter nach Rio Grande do Sul schicken sollte. Diese Bestimmungen, obwohl mit vielen Schwierigkeiten und auch Protesten verbunden, wurden erfüllt, und so kam es, dass die Azorianer bis in den extremen Süden Brasiliens vordrangen und die typischen Eigenschaften ihrer Rasse dorthin verpflanzten: Bescheidenheit, Zuversicht und Lebensfreude. Und ihren Nachkommen haben sie ein paar Eigenschaften hinterlassen, in denen sie immer noch präsent sind – ihren Sitten, ihrer Sprache – besonders auf der Santa-Catarina-Insel und im Küstenstreifen, der sich bis hinunter nach Rio Grande do Sul erstreckt.
Nachdem sich die Neuankömmlinge auf der Insel und an der Küste verteilt hatten, begannen sie mit der Kultivierung des Bodens und probierten die ersten Pflanzen-Kulturen aus: der Weizen – wurde ein Misserfolg, denn der „Rost“ (Pilz) befiel ihn sofort – eine Hanf-Spezies, (die heute als Hasch, Marihuana etc. zu den Drogen gehört) mit guten Resultaten – und die Baumwolle, die von der Krone zum Anbau verordnet worden war (unter Strafandrohung).
Aber was in Wirklichkeit sehr gute Ergebnisse brachte, war der Anbau der Maniok-Wurzel – die Kolonisten hatten die Frucht durch die Indianer in der Neuen Welt erst kennen und schätzen gelernt. Mit der Maniok erreichten sie viel versprechende Ernten und konnten sogar einen Teil exportieren.
Die spanische Invasion
1777 ging der Gouverneur von Buenos Aires, Don Pedro de Zevallos, mit seinen Truppen in der Bucht von Canavieiras an Land und eroberte die gesamte Insel ohne den geringsten Widerstand. Bis heute hat man noch nicht verstanden, warum eine Truppe von fast 2.000 Soldaten, die aus Soldaten des Königreichs, aus Milizen von Rio de Janeiro und lokalen Kontingenten bestanden, sich nicht zur Wehr gesetzt haben. Erst im Juli 1778, dank des Traktats von Santo Ildefonso, unter der Regierung von Doña Maria I. wurde die Insel zurückgegeben. Aber sie war vollkommen zerstört – sogar das Hospital hatten die Besetzer dem Erdboden gleichgemacht.
Zwischen dem neuen Gouverneur, Veiga Cabral da Câmara, und dem Vize-König, Marques de Lavradio, wurde nach langem Briefwechsel vereinbart, dass man noch mehr Familien entlang der Festlandküste ansiedeln müsse, denen man grosszügige Grundstücke zur Verfügung zu stellen habe, um ihre Konzentration auf der Insel aufzulösen, wo sie über kurz oder lang verarmen würden. Denn der Boden der Insel liess sich mit dem auf dem Festland – der zu den besten Böden Brasiliens gehört – nicht vergleichen.
Brasilien wird unabhängig
Die Proklamation der Unabhängigkeit von Portugal traf die Bevölkerung von Santa Catarina durchaus nicht unvorbereitet. Denn schon damals gab es auch hier ein paar intellektuelle Köpfe, die sich nicht nur mit der Landwirtschaft befassten, sondern sich auf ihre Art mit der Entwicklung des Landes beschäftigten, indem sie sich Gedanken machten, revolutionäre Theorien aufstellten und sie unters Volk streuten. Pater Lourenço Rodrigues de Andrade war einer von diesen revolutionären Denkern – die Unabhängigkeit von der portugiesischen Krone hatte er längst als „Gebot der Stunde“ vorausgesehen und seinen Schäfchen so geschickt beigebracht, dass diese sie als ihre eigene Idee ansahen und schon einige Jahre vor 1822 auf die Loslösung von Portugal vorbereitet waren. Als sie dann kam, wählten sie sofort zu ihrem Vertreter in der Regierung, als Abgeordneten, Diogo Duarte Silva (1823). Doch ihr Triumph währte nur kurz: Infolge einer Carta Imperial (kaiserlichen Bestimmung) wurde die Regierung der Provinz Santa Catarina schon im folgenden Jahr, 1824, von einem Präsidenten übernommen, den die Zentral-Regierung zu bestimmt hatte – und dabei blieb es bis zum Ende des Imperiums.
Bis zum Jahr 1889 waren es insgesamt 39 Präsidenten, die vom so genannten Conselho Provincial in den exekutiven Sessel gehoben wurden.
Die Europäer
Es war gegen Ende des Ersten Imperiums unter Dom Pedro I., dass sich im ganzen Land Brasilien eine grosse Kolonisationsbewegung einleitete. Die Provinz Santa Catarina war eine der Regionen, in welcher sie die vielversprechendsten Resultate erzielte – sei es durch offizielle Initiative oder durch private. Durch staatliche Initiative wurden gegründet: São Pedro de Alcântara – von Deutschen (1829), Itajaí – von verschiedenen Nationalitäten (1836), Piedade – von Deutschen (1847), Santa Isabel – von Deutschen (1847), Santa Teresa – von landwirtschaftlich ausgebildeten Soldaten (1854), Teresópolis – von Deutschen (1860), Brusque – von Deutschen (1860), Angelina – von verschiedenen Nationalitäten (1862), Azambuja – von Italienern (1877), Luis Alves – von verschiedenen Nationalitäten (1877).
Aus privater Initiative wurden gegründet:
Nova Itália – von Italienern (1836), Flor da Silva – von verschiedenen Nationalitäten (1844), Belga – von Belgiern (1845), Blumenau – von Deutschen (1850), Dona Francisca – von Deutschen (1851), später genannt Joinville, Leopoldina – von Brasilianern, Belgiern und Deutschen (1853), Príncipe Dom Pedro – von Iren und Amerikanern (1860) und Grão-Pará – von Italienern, Spaniern, Russen, Polen, Franzosen, Engländern und Holländern (1882).
Besondere Erwähnung verdient die Colônia do Saí (1842), in der Baía de Babitonga, von der aus ein gewisser Fourier den misslungenen Versuch machte, seine kommunistischen Ideen im Land zu verbreiten. Aus allen diesen Siedlungen entstanden später neue, so dass das Territorium von Santa Catarina sich mit einem Netz von Kolonien überzog, aus dem dann Dörfer und Städte entstanden sind.
Der Farrapos-Krieg
Hatten sich die Catarinenser schon Jahre vor ihrer Verwirklichung mit der Unabhängigkeit Brasiliens beschäftigt, so wurden sie nun von den Vordenkern aus Rio Grande do Sul noch übertroffen, die bereits im Jahr 1835 gedachten, die Republik auszurufen – 54 Jahre vor ihrer Verwirklichung. Als der vierte Präsident der Provinz, Nunes Pires, gerade seine Força Pública (Volks-Miliz) organisiert hatte, musste er sie auch schon einsetzen: die Revolutionäre aus Rio Grande do Sul drohten die Provinz Santa Catarina zu vereinnahmen, um ihre Ideen einer autonomen Republik auszubreiten – sie nannten sie República de Farroupilha. 1839 gelang ihnen die Invasion ihrer Nachbar-Provinz, und der gesamte Süden von Santa Catarina wurde von den Revolutionären zur Republik erklärt, mit der Hauptstadt Laguna, die sie in Cidade Juliana umbenannten.
Die Revolutionäre, unter ihrem geistigen Führer Bento Gonçalves da Silva, beabsichtigten eine Föderation zu gründen, mit allen brasilianischen Provinzen, die sich ihnen anschliessen würden. Der grösste Teil der Rio-Grandenser kämpften für dieses Ideal gegen die Truppen des Imperiums, die von soviel Enthusiasmus immer wieder geschlagen den Rückzug antreten mussten – in der berühmten Schlacht am Rio Pardo, am 30. April 1838, wurden sie geradezu vernichtend von den „Farrapos“ geschlagen. Die Revolutions-Truppen zu Land wurden von David Canabarro geführt, und den Befehl über die Flotte hatte der „Held zweier Welten“, der italienische Emigrant Giuseppe Garibaldi, der Canabarro bei der Einnahme von Laguna vom Meer her Schützenhilfe gab. In Laguna war es auch, wo Garibaldi seine grosse Liebe Anita kennen lernte, der er von da an alle seine Siege weihte. Auch dieses historische Liebespaar hat Einzug in die brasilianische Folklore gefunden – in der Poesie, in der Musik, in Film und TV-Inszenierungen sind die beiden unsterblich geworden.
Bis zur Schlacht von São José do Norte, am 16. Juli 1840, die mit dem Sieg der Imperialisten endete, hatten die Revoluzzer die Hoffnung genährt, sich durchsetzen zu können. Aber die kaiserlichen Truppen waren einfach zahlreicher und besser bewaffnet – dagegen konnte auch aller Idealismus auf die Dauer wenig ausrichten. Von diesem Tag an fing der Stern der Revolution an zu sinken – aber erst 1843, unter dem Kommando des Barão de Caxias, häuften sich die Siege des Imperiums. Die Schlacht bei Quaró (29. Dezember 1844) auf uruguayischem Territorium, wohin sich die restlichen Revolutionäre geflüchtet hatten, war dann das endgültige Aus aller Ideen und aller Kräfte – am 28. Februar 1845 unterwarfen sich die übrig gebliebenen Rebellen dem Kaiser und gaben ihre Waffen ab.
Dom Pedro II. zeigte sich sehr grosszügig und erliess eine allgemeine Amnestie, inklusive der Anerkennung der Dienstgrade – ausgenommen nur die Anführer. Darüber hinaus akzeptierte er verschiedene Bedingungen der Rebellen, wie zum Beispiel die Anerkennung der von ihnen gewählten Regierungsvertreter.
Leben in der Provinz
Inzwischen organisieren sich die politischen Parteien während des Imperiums. Im Jahr 1831 gründet Jerônimo Coelho die erste Zeitung. Die Angewohnheit, sich in politische Debatten zu verwickeln, bildet eine Elite heran, die alle Qualitäten einer Regierung oder ihrer Opposition in sich vereint. In der Staatsversammlung repräsentieren die Herren Marcelino Dutra und der Vikar Oliveira Paiva oppositionelle Richtungen. Man gründet die Bibliothek, das Lizeum, das Kolleg der Jesuiten und die erste Literarische Gesellschaft (1862). Während des Paraguay-Krieges verlassen zwei Freiwilligen-Battallions die Provinz.
Als der Krieg zu Ende ist, machen die Schriftsteller auf sich aufmerksam: Lacerda Coutinho, Araújo Figueiredo und Luís Delfino in der Poesie – Virgílio Várzea in der Fiktion. In der Malerei macht Vítor Meireles von sich reden.
Die Republik
Das neue Regime (1889) kommt in Santa Catarina sofort an – endlich ist die Zeit reif für die Gedanken der „Farrapos“ – zum Gouverneur wird der Leutnant Lauro Müller gewählt, der Staatsrat bestätigt die Verfassung im Rahmen der Brasilianischen Föderation. Wenig später (1892) erheben sich die „Gaúchos“ von Rio Grande do Sul schon wieder, weil ihnen verschiedenes nicht passt – die Revolução Federalista (1892-94) installiert ihre provisorische Junta unter ihrem Comandante Lorena in der Insel-Hauptstadt – knapp zwei Jahre später wird er von den regulären Regierungstruppen, unter dem General Floriano Peixoto, verjagt. Ihm zu Ehren nennen die Bürger von nun an ihre Stadt Florianópolis. Die Ordnung wird wieder hergestellt, man wählt Hercílio Luz zum neuen Gouverneur (1894-98).
Einige Jahre später wird der wirtschaftliche Aufstieg des Bundesstaates noch einmal durch eine traurige Grenzstreitigkeit zwischen dem Nachbarland Paraná und Santa Catarina gebremst – der Kampf um Contestado wird dann 1915 mit einem Sieg der regulären catarinensischen Truppen über die paranaensischen Fanatiker beigelegt. Jetzt wird wieder die Expansion der Kolonien aufgenommen – ein Strom von Einwanderern aus Rio Grande do Sul bevölkert den Westen Santa Catarinas. In der Zwischenzeit war auch die Entwicklung der Mittel- und der Oberschicht nicht stehen geblieben. Im Jahr 1906 gründeten Jesuiten das Ginásio Catarinense, von inzwischen internationalem Renomée. Viele seiner ehemaligen Schüler haben es zu höchsten Posten und Ehren im öffentlichen Leben, auf professioneller oder intellektueller Ebene, gebracht. Die Universität von Santa Catarina, gegründet 1959, beherbergt auch die Fakultäten der Medizin, des Rechts, der Philosophie und Literatur, der Pharmazie und Odontologie. Seit 1921 organisierte man die Catarinensische Literarische Gesellschaft, die sich dann in die Catarinensische Akademie der Literatur verwandelte. Von 1947 an integriert der Círculo de Arte Moderna (Kreis der Modernen Kunst) die Intellektuellen des Staates in die kulturelle Bewegung des Landes.
Die Revolution von 1930
Der Bundesstaat von Santa Catarina war der erste, der von den Truppen vereinnahmt wurde, die dem Diktator Getúlio Vargas zur Macht verhalfen. Nach der provisorischen Regierung, und nachdem die neuen Regierungsmitglieder die neue Staatsverfassung abgesegnet hatten, ernannten sie Nereu Ramos zum neuen Regierungschef von Santa Catarina – er verlor sein Amt erst mit dem Sturz von Vargas im Jahr 1945.
Wirtschaftliche Entwicklung
Unter allen Bundesstaaten Brasiliens ist der kleine Staat Santa Catarina der einzige, dessen Reichtümer, besonders in Bezug auf seine Bodenflächen, offensichtlich gerechter aufgeteilt worden sind als anderswo. Besonders in der Ebene sind es kleinere Grundstücke, die mehr Menschen zugute kommen – auf der Hochebene, mit ihrem Weideland für die Rinder, sind die Flächen etwas grösser, weil das Vieh grössere Weiden beansprucht.
Die wirtschaftliche Entwicklung des kleinen Bundesstaates seit 1930 war Aufsehen erregend. Vor allem seine natürlichen Ressourcen – wie die Kohle in den Distrikten Araranguá, Criciúma, Uruçanga und Orleães – die pflanzlichen Essenzen, besonders die der Pinie, in Canoinhas, Curitibanos, Bom Retiro, Lages und São Joaquim – und schliesslich der Mate-Tee, in Canoinhas, Porto União, Curitibanos, Joaçaba und Chapecó – wurden in Santa Catarina nicht nur gefördert, sondern auch gleich weiterverarbeitet. In den Tälern und an den Ufern der Flüsse Araranguá, Tubarão, Itajaí und Tijucas, sowie an den Nebenflüssen des Rio Paraná und des Rio Uruguay schlossen sich arbeitsame Menschen in Siedlungen zusammen, von denen die meisten sich inzwischen zu Städten entwickelt haben. Im Tal des Rio Itajaí (Städte Blumenau und Brusque) und in der Stadt Joinville, entwickelten sich die verschiedensten Industrien – allen voran die Textilindustrie.
Im Westen hat sich die Fleischverarbeitung stark entwickelt, besonders in Nachbarschaft mit den Schweinzüchtern, deren Produktion zu den grössten Brasiliens gehört. In derselben Gegend ist der Weizenanbau ein relevanter Faktor geworden, mit den entsprechenden Mühlen gleich in der Nachbarschaft. Im Süden, neben der Kohleförderung, deren Produktion in den Häfen Laguna und Imbituba zur Ausfuhr kommt, hat sich vor allem die Produktion von Maniok zu einem ernstzunehmenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. Alles in allem beschäftigt immer noch die Landwirtschaft in den vielen Kleinbetrieben die meisten Menschen in Santa Catarina.
Santa Catarina hat den Riesenstaat São Paulo als grösster Kaffee-Produzent Brasiliens abgehängt! Produkte, für die Santa Catarina ebenfalls als vorbildlicher Produzent steht sind: Mais, Soja, Reis und Tabak. Rebstöcke, obwohl noch in beschiedener Menge, wachsen im Süden entlang der Eisenbahnlinie Estrada de Ferro São Paulo – Rio Grande.