Mythen indigener Völker

Zuletzt bearbeitet: 1. März 2022

Alle Volksgruppen haben ihre eigenen Mythen und Vorstellungen über den Ursprung der Welt, darüber, wie die Elemente und die Wesen in der Natur entstanden sind: Sterne, der Himmel, die Erde, Landschaften, Flüsse, Menschen, Tiere, Pflanzen… usw. Oft werden diese Ideen und Überlegungen über ihre Entstehung in Form von Geschichten erzählt, die wir Mythen nennen!

Mythen – Foto: Darkmoon_Art auf Pixabay

Was sind Mythen?

Mythen sind Geschichten über eine sehr ferne Vergangenheit, die gleichzeitig dem Leben in der Gegenwart einen Sinn geben, weil sie erklären, wie die Welt, die Wesen und die Dinge so geworden sind, wie sie heute sind. Sie werden meist von älteren Menschen an jüngere weitergegeben. Auf diese Weise wird wichtiges Wissen mündlich von einer Generation zur nächsten vermittelt.

Mythen sind mit dem sozialen Leben, den Ritualen, der Geschichte und der Lebens- und Denkweise einer jeden Gesellschaft verbunden und drücken daher unterschiedliche Sichtweisen auf das Leben, den Tod, die Welt, die Lebewesen, die Zeit und den Raum aus. Sie sind Teil der kulturellen Tradition eines Volkes, aber diese Tradition ist stets im Wandel!

Wie ist das möglich?

Nun, jedes Mal, wenn ein Mythos erzählt wird, kann er von der Person, die ihn erzählt, neu erschaffen werden. Erlebte Erfahrungen und Ereignisse, die zum Zeitpunkt der Erzählung als wichtig erachtet werden, können den Erzähler beeinflussen und die Geschichte verändern. Aus diesem Grund sind Mythen stets im Wandel! Und deshalb gibt es mehrere Versionen desselben Mythos, das heißt, es gibt verschiedene Arten, den Inhalt derselben Geschichte zu erzählen.

Indigene Mythen

Indigene Völker wie auch andere Volksgruppen überliefern ihr Wissen und ihre Erfahrungen auch durch Mythen. Da es sich um Bevölkerungen handelte, die bis vor kurzem ihr Wissen nicht in Form von schriftlichen Texten festzuhalten verstanden, war – und ist – die wichtigste Form der Wissensvermittlung ihre Sprache. Und man sollte nicht vergessen zu erwähnen, dass es neben den erzählten Mythen auch andere Formen des mündlichen Ausdrucks gibt, wie Gesänge, zeremonielle Dialoge und andere Arten der auditiven Kommunikation.

Warum ist es oft schwierig, Mythen zu verstehen?

Wir haben gelernt, dass Mythen die Überlegungen und Vorstellungen eines Volkes zu verschiedenen Themen wiedergeben. Wenn wir jedoch dieses Volk, seine Werte und seine Kultur nicht gut kennen, werden wir viele Details in ihren Geschichten missverstehen. Um Mythen zu entschlüsseln, muss man die entsprechenden Volksgruppen studieren, um die Lebens- und Denkweise der Menschen kennenzulernen, die sie geschaffen haben. Nur auf diese Weise können wir den Reichtum ihrer Bedeutungen wirklich verstehen.

Gilt das auch für indigene Mythen?

Ja, denn im Allgemeinen weiß man sehr wenig oder fast gar nichts über die verschiedenen indigenen Völker in Brasilien, und daher ist es sehr schwierig, ihre Geschichten zu verstehen. Mehr und mehr stellen wir fest, dass es eine Menge über sie zu lernen gibt!

Haben alle indigenen Völker die gleichen Mythen?

Nein, ganz im Gegenteil! So wie es viele indigene Gruppen gibt, so gibt es auch viele Unterschiede zwischen ihren einzelnen Mythen. Wir haben bereits gelernt, dass ein Mythos viele Versionen haben kann. In Brasilien gibt es mehr als 300 indigene Völker, stellt Euch nur einmal vor, wie viele verschiedene Mythen es wahrscheinlich gibt! Die Mythen eines Volkes vermitteln einen Eindruck ihrer Vorstellungswelt

Gibt es bei allen Unterschieden auch Gemeinsamkeiten zwischen den Mythen?

Es gibt gemeinsame Themen in den Mythen der indigenen Völker, die auf dem gesamten amerikanischen Kontinent leben, denn sie lebten Jahrtausende lang zusammen, tauschten Produkte, teilten Erfahrungen und Ansichten, und schufen so eine Reihe von gemeinsamen Grundzügen ihrer Mythologie.

Sonne und Mond – Foto: Hans Braxmeier auf Pixabay

Zum Beispiel die Geschichten über die Sonne und den Mond

Die Inuit, die in der Region der Beringstraße (im Norden des amerikanischen Kontinents) leben und auch Eskimos genannt werden, erzählen, dass vor langer Zeit, in einem Dorf an der Küste, ein Mann und eine Frau lebten. Sie hatten zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen.

Als die Kinder erwachsen wurden, verliebte sich der Junge in seine Schwester. Als er sie weiter belästigte, rannte sie in den Himmel und verwandelte sich in den Mond. Seitdem hat der Junge nicht aufgehört, sie in Form der Sonne zu verfolgen. Manchmal gelingt es ihm, sich ihr zu nähern und sie zu umarmen. In diesem Moment kommt es zu einer Mondfinsternis.

Und so erzählen die Kanamari von Sonne und Mond

Die Kanamari sprechen eine Sprache der Katukina-Familie und leben in verschiedenen indigenen Gebieten des Bundesstaates Amazonas. Sie erzählen, dass vor langer Zeit in einem Dorf zwei Kinder geboren wurden: ein Junge und ein Mädchen, und die wuchsen zusammen auf. Als sie erwachsen waren, legte sich der Bruder eines Nachts in die Hängematte seiner Schwester und sie liebten sich. Da er nur nachts zu ihr kam und nicht sprach, wusste seine Schwester nicht, wer der Besucher war.

Das Mädchen wollte jedoch herausfinden, wer der Junge war, und hatte eine Idee: Sie füllte schwarzen Jenipapo-Saft in ein Gefäß und stellte es unter ihre Hängematte. Nachts kam der Junge wieder zu ihr, und bevor er ging, markierte sie sein Gesicht mit der Farbe. Im Morgengrauen sah sie, dass der Junge mit dem Jenipapo-Fleck im Gesicht ihr eigener Bruder war! Beide schämten sich sehr und trennten sich. Von diesem Tag an wurde der Junge zum Mond und das Mädchen zur Sonne, und sie trafen sich nie wieder.

Was erzählen sich die Taurepang von Sonne und Mond?

Die Taurepang, die an der Grenze zwischen Brasilien, Venezuela und Guyana leben, sagen, dass Wei und Kapei, die Sonne und der Mond, sich früher sehr nahe standen und sich nie trennten. Zu dieser Zeit hatte Kapei (Mond) ein reines und anmutiges Gesicht.

Er verliebte sich in eine der Töchter der Sonne und begann, sie jede Nacht zu besuchen. Das gefiel der Sonne nicht, und sie befahl ihrer Tochter, das Gesicht ihres Geliebten (Mond) mit Menstruationsblut zu beschmieren. Seitdem sind die beiden Gestirne zu Feinden geworden, und der Mond, dessen Gesicht ganz verschmiert ist, meidet die Sonne.

Mythen über den Diebstahl des Feuers

In Brasilien leben die Ticuna im Bundesstaat Amazonas. Sie leben auch in Peru und Kolumbien. Sie erzählen, dass vor langer Zeit noch keiner süße Maniokknollen kannte, und sie wussten nichts vom Feuer. Eine alte Frau erfuhr das Geheimnis der Maniok von ein paar Ameisen. Und ihr Freund, ein Nachtvogel namens ”Urutau”, gab ihr das Feuer.

Dieser Vogel trug das Feuer im Inneren seines Schnabels und verwendete es zum Maniok-Kochen. Andere Leute konnten ihren Maniok nur in der Sonne wärmen.

Feuer Diebstahl – Foto: Ivan Tamas auf Pixabay

Die Menschen fanden das Maniokbrot (Beiju) der alten Frau köstlich. Sie wollte das Rezept dafür haben. Da sagte sie ihnen, sie würde es in der Sonnenwärme backen. Der Vogel Urutau fand diese Lüge sehr lustig. Er konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen! Und da sah jeder die Flammen in seinem Schnabel. Die Menschen zwangen den Vogel seinen Schnabel zu öffnen, und es gelang ihnen, das Feuer zu stehlen. Deshalb haben die Urutaus bis heute so große Schnäbel. Und von diesem Tag an waren die Menschen in der Lage, ihr Essen mit Feuer zu kochen!

Und so erzählen die Tembé den Diebstahl des Feuers

Vor langer Zeit besaß der Königsgeier das Feuer. Die Menschen mussten ihr Fleisch in der Sonne trocknen. Sie konnten es nicht kochen. Aber eines Tages beschlossen sie das Feuer zu stehlen. Sie töteten einen Tapir. Als der Kadaver voller Würmer war, kam der Königsgeier mit seinen Freunden vom Himmel. Sie warfen ihre Federn ab und verwandelten sich in Menschen.

Sie entzündeten ein großes Feuer. Sie wickelten die Würmer in Blätter und legten sie ins Feuer um sie zu backen. Die Männer, die sich in der Nähe des toten Tiers versteckten, versuchten das Feuer zu stehlen, aber sie hatten keinen Erfolg. Sie versuchten es wieder, und schließlich gelang es ihnen, den Geiern das Feuer zu entwenden!

Der Diebstahl des Feuers bei den Katukina

Die Katukina-Pano sprechen eine Sprache aus der Familie der Pano und leben in der Region Alto Juruá in Acre. Es gibt bei ihnen auch mehrere Geschichten über den Ursprung des Feuers: – dies ist eine:

Eines Tages, als der Jaguar auf die Jagd gehen wollte, bat er den Papagei und die Eule, ein Auge auf sein Feuer zu haben. Er wollte nicht, dass das Feuer ausginge. Er sagte, wenn sie auf sein Feuer achtgeben würden, würde er ihnen dafür etwas von dem Fleisch abgeben, das er von der Jagd mitbringen wollte. Abgemacht!

Der Papagei und die Eule blieben und sahen nach dem Feuer. Aber als der Jaguar zurückkam, fraß er alles allein. Am nächsten Tag bat der Jaguar den Papagei und die Eule um dasselbe. Er ging los und am Ende des Nachmittags kehrte er von der Jagd zurück.

Dieses Mal hielt sich der Papagei nicht zurück: Er fragte, ob der Jaguar ihm ein Stück Fleisch zum Rösten geben würde. Der Jaguar stimmte zwar zu aber, gefräßig wie er war, er tat es wieder nicht – er fraß das ganze Fleisch allein auf.

So ging es mehrere Tage lang. Dann beschlossen Papagei und Eule, dem Jaguar das Feuer zu stehlen. Die Eule hatte eine Idee. Sie schlug vor, das Feuer in einem Baumloch zu verstecken. Der Papagei tat dies, bevor der Jaguar zurückkam. Als der Jaguar sah, dass das Feuer verschwunden war, war er sehr verzweifelt. Er versuchte, ein neues Feuer zu machen, aber es gelang ihm nicht. Er erkannte, dass er rohes Fleisch würde essen müssen.

Der Papagei kümmerte sich währenddessen sorgfältig um das Feuer. Es war in einem sehr großen Baum versteckt. Es verbrannte ihm seinen großen Schnabel. Deshalb haben Papageien heute so kleine, gekrümmte Schnäbel. Es war der Papagei, der als erster den Menschen das Feuer brachte. Bis dahin hatten sie nie gekochtes Fleisch gegessen!

Es gibt viele Ähnlichkeiten zwischen den Mythen der Amerindios (amerikanische Indianer). Aber wenn man genau hinsieht, wird man auch viele Unterschiede erkennen. Und solche indigenen Mythen gibt es auch über die Pflanzen:

Herkunft der Kulturpflanzen

Wir haben zwei Mythen zu diesem Thema ausgewählt. Die erste Version stammt von den Iranxe-Manoki und den Menky-Manoki-Indios – die zweite ist bei den Enawenê-Nawê verbreitet.

Maniok – Foto: falco auf Pixabay

Die Iranxe Manoki und Menky Manoki, die in Mato Grosso leben, erzählen, dass früher ein Junge sehr traurig war, weil er spürte, dass sein Vater ihn nicht mochte. Eines Tages rief die Mutter den Jungen, er solle in den Wald gehen um Früchte zu sammeln. Auf dem Heimweg entschied der Junge, nicht in sein Dorf zurückzugehen.

Er bat seine Mutter ihn zu beerdigen, dort im Wald. Er sagte, sie könne seinen Kopf über dem Erdboden lassen, so dass er nicht sterben würde. Seine Mutter war traurig, aber sie tat, worum der Junge sie bat. Dann ging sie fort, ohne sich umzusehen, wie der Junge es von ihr verlangt hatte.

Als sie nach Hause kam, erzählte sie ihrem Ehemann alles, und einige Zeit später gingen sie zu der Stelle, an der der Junge begraben war. Als sie näher kamen, hörten sie eine schöne Musik und bemerkten ein großes Feld, das voller essbarer Pflanzen war!

Der Kopf des Jungen war zu einem Kürbis geworden, seine Beine und Arme zu Maniokstauden, seine Zähne zu Mais und seine Nägel zu Erdnüssen… So sind die verschiedenen Pflanzen entstanden, die heute von den Iranxe Manoki und Menky Manoki angebaut werden!

Und die Enawenê-Nawê erzählen denselben Mythos so:
Die Enawenê-Nawê, die ebenfalls in Mato Grosso leben, erzählen eine ähnliche Geschichte wie die Iranxe Manoki und Menky Manoki. Doch statt eines Jungen war es ein Mädchen, das ihre Kulturpflanzen hervorbrachte.

Eines Tages bat ein junges Mädchen seine Mutter, es zu beerdigen. Obwohl sie traurig war, tat die Mutter, was ihre Tochter erbat, und sie beerdigte sie bis zum Bauch mit weicher, kühler Erde. Sobald sie eingegraben war, bat das Mädchen seine Mutter, sie zu verlassen, ohne sich noch einmal umzusehen. Sie bat sie auch, zurückzukommen, sobald der erste Regen gefallen war. Am Schluss sagte sie, sie solle ihr etwas Fisch bringen und sich darum kümmern, dass die Erde um sie herum gut gepflegt würde.

Die Mutter tat alles, worum die Tochter gebeten hatte, und als sie zurückkam, fand sie einen Garten voller schöner, reifer Maniokpflanzen vor. Jeder Körperteil ihrer Tochter war zu einer anderen Pflanze geworden. So kamen die verschiedenen Maniok-Arten, die die Enawenê-Nawê anbauen, auf die Welt.

Die Mutter kam oft in ihren Garten. Sie jätete die Erde um die Pflanzen herum, erntete sorgsam die Maniokwurzeln und brachte sie in ihr Dorf, wo sie Nahrung für alle daraus machten.

Andere Mütter sahen, was geschehen war, und gruben ihre Töchter ebenfalls ein. So entstanden Pflanzen wie die Süßkartoffel, Mais und verschiedene Gemüse.

Wer erzählt die Mythen?

In jeder indigenen Gruppe gibt es Menschen, die sich in der Kunst der Mythenerzählung auszeichnen. Es handelt sich in der Regel um ältere Menschen, die ein großes Wissen über die kulturellen Traditionen ihres Volkes haben. Es ist durchaus üblich, dass Schamanen oder Meistersänger diese Weisen sind. Ihre Geschichten werden von der gesamten Gemeinschaft gewürdigt.

Meerjungfrau – Foto: Sergei Tokmakov Terms Law auf Pixabay

In welchen Momenten werden Mythen erzählt?

Die Mythen können zu Zeiten erzählt werden, in denen das Dorf ruhiger ist, in der Regel am Nachmittag oder am frühen Abend, wenn alle ihre Arbeit bereits erledigt haben und zu Hause versammelt sind. Die Geschichten können auch während einer alltäglichen Aktivität erzählt werden, bei einem Spaziergang im Wald, beim Fischen, bei der Arbeit auf dem Feld…

Gibt es gesungene Mythen?

Ja, es gibt Situationen, in denen Mythen in Form von Liedern erzählt werden. Bei den Marubo, die im Bundesstaat Amazonas leben, werden die Mythen von den Kechitxo gesungen, Sängern, die, um Sänger zu werden, einen langen Lernprozess durchlaufen. In diesem Prozess bringen die ältesten Kechitxo einem jungen Verwandten die Mythengesänge bei.

Die Marubo intonieren ihre Mythen, um Krankheiten zu heilen, und für jede Krankheit gibt es einen anderen Gesang. Die Gesänge können kurz sein, d. h. nur 20 Minuten dauern, oder sehr lang sein, d. h. bis zu drei Tage lang gesungen werden. Ein häufiges Thema in langen Gesängen ist die Entstehung von Menschen, Tieren, Geistern, kurz gesagt, das Entstehen des gesamten Universums kann darin enthalten sein.

Mythen können nachts, nach dem Essen oder bei Festen, bei denen Verwandte aus mehreren Malocas (Dörfern) zusammenkommen, für einige wenige Personen gesungen werden. Bei diesen Anlässen singt der Kechitxo in Begleitung der jungen Leute.

Verstehen indigene Kinder die Mythen ihres Volkes überhaupt?

In den meisten Fällen sind die Geschichten sehr komplex, d. h. für Kinder, die noch nicht viel Wissen haben, schwer zu verstehen. Wenn die Ältesten den Kindern die Mythen erzählen, machen sie die Geschichte zugänglicher, mit weniger komplizierten Details. Auf diese Weise kommen sie mit wichtigen Themen in Berührung und entdecken und lernen nach und nach den Reichtum ihrer Kultur kennen.

Wovon erzählen die indigenen Mythen?

Mythen erzählen von vielen Dingen. Sie erzählen von Abenteuern und Helden, von Wesen, die am „Anfang der Zeit“ lebten – damals konnten Menschen und Tiere miteinander reden – der eine verstand, was der andere sagte.

Die Erzählungen berichten auch darüber, wie sich Menschen, Tiere, Pflanzen und andere Lebewesen voneinander unterscheiden. Sie erzählen von Eroberungen, Entdeckungen, Überschwemmungen, Katastrophen und Verwandlungen. Sie erzählen, wie die Wesen, die am Anfang der Zeit lebten, die Welt so verändert oder geschaffen haben, wie sie heute ist.

Diese Wesen lehrten die Menschen, wie man in einer Gesellschaft lebt, wie man Feste und Rituale abhält, wie man pflanzt, jagt und fischt, Hängematten und Körbe herstellt und vieles mehr, was für das Leben wichtig ist.

Erfahren Sie, wie das Volk der Desana, das im brasilianischen Bundesstaat Amazonas und in Kolumbien lebt, die Geschichte vom Ursprung der Menschheit erzählt.

Für die Desana hat die gesamte Menschheit denselben Ursprung. Es heißt, dass am Anfang, als die Welt noch nicht existierte, eine Frau namens Yebá Buró, die Großmutter der Welt, fünf Männer zur Welt brachte. Sie sollten die zukünftige Menschheit erschaffen, aber sie konnten es nicht. So schuf sie den Urenkel der Welt, Yebá Gõãmu, und dann seinen Bruder, Umukomahsu Boreka.

Urknall – Foto: Gerd Altmann auf Pixabay

Die beiden Brüder zogen aus, um die zukünftige Menschheit zu erschaffen, und nahmen dafür alle Reichtümer mit, die sie besaßen. Sie tauchten auf den Grund eines Sees hinab. Dort bauten sie Häuser unter Wasser, und an jedem Ort, an dem sie anhielten, führten sie Rituale mit den mitgebrachten Reichtümern durch. Diese Reichtümer wurden zu Menschen. Danach schufen die Brüder die Sprachen der verschiedenen Gruppen, die noch heute in der Region des oberen Rio Negro leben.

Auf dem Rückweg kamen sie zu einem Wasserfall. Yebá Gõãmu, der Urenkel der Welt, ging nicht an Land, sondern schuf den Häuptling der Tukano, der als erster das Neuland betrat. Dann kam Boreka, der Häuptling der Desana, hinterher. Der dritte war der Häuptling der Pira-Tapuya, der vierte der Siriano, der fünfte war der Häuptling der Baniwa und der sechste war der Häuptling der Maku. Der Urenkel der Welt gab ihnen allen einige Gegenstände und die Kraft, ruhig zu sein, große Feste zu feiern und mit vielen Menschen gut auszukommen.

Der siebte, der ging, war der Weiße Mann, der ein Gewehr in der Hand hatte. Yebá Gõãmu gab ihm keine Güter, sondern sagte, er sei ein Mensch ohne Furcht, der Krieg führen würde, um den Reichtum anderer zu stehlen. Nachdem der weiße Mann einen Schuss mit seinem Gewehr abgegeben hatte, machte er sich auf den Weg nach Süden, um Krieg zu führen.

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