Die grosse Schlange

Zuletzt bearbeitet: 5. Oktober 2014

SAGEN UND LEGENDEN DER ÍNDIOS AUS BRASILIEN
Schlangen_Anaconda_Eunectes_KlausEine Indianerin, von einer „Sucuri“ (Anaconda) geschwängert, gebar ein Pärchen von Zwillingen – das Mädchen bekam den Namen Maria und den Jungen nannte sie Honorato. Weil sie um ihr Leben bangte, denn die Kinder zeigten bereits deutliche Merkmale ihres reptilischen Vaters, setzte sie die Kinder am Ufer eines Flusses aus und floh.  

Die Kinder überlebten und verwandelten sich beide in Riesenschlangen. In ihren persönlichen Eigenschaften jedoch, waren sie grundverschieden – während Honorato von gutmütigem Charakter erschien, zeigte sich Maria von Tag zu Tag bösartiger. Sie vergnügte sich damit, kleinere Boote umzuwerfen und die im Fluss treibenden Menschen zu verschlingen. Weil er des Treibens der Schwester müde wurde, tötete Honorato sie in einem fürchterlichen Kampf. Dann begann er in den Flüssen Amazoniens herumzuvagabundieren – ohne ein bestimmtes Ziel.

In bestimmten mondhellen Nächten verwandelte sich Honorato in einen hübschen jungen Mann. Dann suchte er eine Siedlung der Flussbewohner auf, wo er, dank seines sympathischen Auftretens, immer sofort Freundschaften schloss. Und dann erzählte er von seinem Schicksal und bat seine neuen Freunde, ihm zu helfen, dass er für immer seine menschliche Gestalt behalten könne. Und damit dies geschehe, sollte der entsprechende Volontär Muttermilch in den Rachen seiner Schlangengestalt giessen und den Schlangenkopf mit einem Messer einstechen, bis er blute.

Viele, die sich von dem sympathischen Burschen angezogen fühlten, versprachen, diese Aufgabe zu erfüllen – versagten aber kläglich, als sie Honorato in seiner zurückverwandelten Riesenschlangengestalt erblickten – und rannten schreiend davon.

Man erzählt sich, dass schliesslich ein mutiger Soldat aus „Cemetá“ im Bundesstaat „Pará“ die Aufgabe erfüllte und bis zum Schluss durchhielt – Honorato wurde von seiner Verdammnis befreit und begann ein normales Leben mit Frau und Kindern.

Andere Zungen behaupten, dass Honorato niemals von seiner Verdammnis erlöst wurde, sondern bis zum heutigen Tag in den Flüssen Amazoniens und an deren Ufer nach einem mutigen Menschen sucht, der ihn endlich von seinem Fluch befreit und ihm seine menschliche Gestalt für immer zurückgibt.

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Aus unserer Redaktion · Bildquelle: Klaus D. Günther

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