Zuerst lebte das grosse Volk der Caiapó in einer Region, in der es weder Sonne noch Mond gab – auch keine Flüsse oder Wälder, nicht einmal das Blau des Himmels. Man ernährte sich nur von ein paar Tieren und Maniok – denn die Caiapó kannten weder Fische, noch Vögel oder Früchte.
Eines Tages verfolgte einer von ihnen ein “Tatu canastra“ (Gürteltier) und entfernte sich dabei immer mehr von seinem Dorf. Und je weiter er das Tier verfolgte, umso grösser wurde es. Als er schliesslich ganz nahe war und seinen Pfeil auf die Bogensehne setzen wollte, grub das Tier sich in Windeseile in den Boden ein und war verschwunden – zurück blieb ein riesiges Loch, in das unser Jäger sich nun voran tastete. Bald sah er Licht und erreichte das Ende des Tunnels – staunend erblickte er eine andere Welt: Einen Himmel, der ganz blau war, eine Sonne, die diese Welt erhellte und ihre Kreaturen wärmte, im Wasser viele bunte Fische und Schildkröten.
Auf herrlich blühenden Wiesen flatterten Schmetterlinge und summten Bienen und Käfer – ausgedehnte Wälder beherbergten wundersame Tiere, die er noch nie gesehen hatte, und dazwischen standen Bäume beladen mit exotischen Früchten. Vögel verschönten das Bild mit ihrem bunten Gefieder. Entzückt sass er da und bewunderte dieses Paradies – traurig verfolgte er den Untergang der Sonne und wollte sich mit dem Einbruch der Nacht endlich losreissen von all den ergreifenden neuen Eindrücken – als direkt vor ihm das nächste, faszinierende Szenario entstand: Ein riesengrosser Mond stieg als goldene Scheibe hinter einer Gebirgskette auf – stieg empor, wurde blasser und tauchte endlich die gesamte üppige Natur in ein silbernes Licht. Rund um den Mond zeigten sich unzählige blitzende Sterne am dunklen Himmel – wie unbeschreiblich schön war diese Welt! Und so blieb sie, bis der Mond sich zurückzog und erneut die Sonne aufging.
Tief beeindruckt kehrte der Caiapó in sein Dorf zurück und schilderte, was er gesehen hatte. Die anderen Caiapó waren begeistert, und der Häuptling war beeindruckt vom Entusiasmus seines Volkes und ordnete an, ein weiteres Gürteltier zu verfolgen, und nachdem es den Tunnel gegraben, alle Caiapó, verbunden durch eine Liane, hintereinander in das „irdische Paradies“ hinab klettern sollten.
Und so geschah es. Heute haben sich die Caiapó in der wunderbaren Neuen Welt niedergelassen und dort ihr Lebensglück gefunden.