Ist das italienische Gegenstück zu dem deutschen Domingos Martins, liegt nordwestlich von der Hauptstadt Vitória, 67 km entfernt, auf einer Höhe von 655 Metern – zu erreichen über die Bundesstrasse BR-101 bis „Fundão“ und dann links ab (nach 29 km).
Die ersten italienischen Emigranten, die im Jahr 1875 in Espirito Santo ankamen – 60 Familien aus Trient und Venedig – hatten ihre Heimat an Bord der „Rivadavia“ verlassen, angelockt durch die verheissungsvolle Propaganda grosser brasilianischer Plantagenbesitzer, auf deren Kaffeeplantagen arbeiten zu können. Sie wurden beliebte Arbeitskräfte und schrieben eine Geschichte, die reich an Tradition, von ihren Nachfahren bewahrt und nachgelebt wird. Die Landschaft, welche sie sich damals ausgesucht hatten, ein Tal umgeben von Bergen und voller überraschender Naturschönheiten, war während mehr als einem Jahrhundert die Bühne für harte Arbeit und menschliche Dramatik – für die ganze Saga der Kolonisation. Der Name des Ortes entstand durch die spätnachmittägliche Versammlung der gläubigen Neusiedler unter einem grossen, schattigen Pau-Peba-Baum, wo sie unter Anleitung von „Maria Madalena Armini“ vor einem Bildnis der „Santa Teresa“ beteten.
Santa Teresa hat heute rund 21.000 Einwohner und ist ein beliebter und viel besuchter Ausflugsort für die Capixabas aus der Hauptstadt geworden – besonders an den Wochenenden. Hier wurde auch Augusto Ruschi (siehe „Die Kolibris von Espirito Santo“) als Sohn italienischer Einwanderer geboren, und durch seine wissenschaftliche Arbeit hat er dem sympathischen Ort als „Paradies der Kolibris“ zu internationalem Renomée verholfen.
Der Distrikt von Santa Teresa beherbergt eine der wenigen Regionen des Landes, in der sich der Atlantische Regenwald noch beinahe unberührt erhalten hat. In diesem nativen Waldgebiet hat man die grösste Anzahl von Pflanzenarten pro Hektar auf unseren Planeten vorgefunden – dies ist wissenschaftlich bestätigt! Die Gegend, die eigentlich erst durch den Naturwissenschaftler Ruschi bekannt wurde, hat sogar Amazonien in diesem Punkt abgehängt!
Diese Enthüllung ist Teil einer Doktorarbeit der Biologin „Luciana Dias Thomaz“, Professorin der Universität von Espirito Santo. Sie hat im Lauf von drei Jahren die floristische Zusammensetzung des Atlantischen Regenwaldes der Bergregion untersucht und herausgefunden, dass sich auf der „Estação Biológica de Santo Lúcia“, acht Kilometer vom Zentrum des Ortes, die Vorratskammer der Welt für Biovielfalt befindet – ein Stück Wald, in dem noch alles so ist, wie Gott es einst geschaffen.
Bis dahin, pendelte dieser Titel zwischen den Wäldern Südafrikas, Madagaskars und Kolumbien hin und her. In Brasilien provozierte die Entdeckung von Luciana ein ambientales Wettrennen, mit Untersuchungen in Amazonien und den Bundesstaaten São Paulo, Rio de Janeiro und Bahia. Im letzteren fanden die Wissenschaftler, in der „Reserva do Una“, in „Ilhéus“, die Zahl von 454 Arten von Bäumen pro Hektar (ebenfalls im Atlantischen Regenwald). Aber Espirito Santo hielt den Rekord: mit 476 Arten!
Nun, dieser Rekord war nicht das eigentliche Ziel von Lucianas Arbeit, die eigentlich nur an der Vervollständigung ihrer floristischen Inventur interessiert war. Als sie die Pflanzen schliesslich gezählt hatte, kam die Überraschung des Rekords. Und das ist ein Beispiel dafür, was die Wissenschaftler weltweit als „Serendipity“ bezeichnen – eine Entdeckung, welche die anfängliche Absicht der Untersuchung übertrifft.
In ihrer Untersuchung liess die Biologin kleine und kleinste Pflanzen ausser Acht, das heisst, widmete sich nur denen, welche mindestens 20 cm und mehr an Grösse aufwiesen. Ihre Methodologie konzentrierte sich auf eine Fläche von 1,02 Hektar – das entspricht 102.000 m² – unterteilt in drei verschiedene Areale der gleichen Bodenbeschaffenheit und Lage.
Die Untersuchung hatte die technische Unterstützung des biologischen Museums „Professor Mello Leitão“, dessen Wissenschaftler folgerten, dass „die Zahl der gemeinsamen Spezies zwischen den drei Arealen sehr gering gewesen sei (12,18%) – das heisst, dass sich die Mehrzahl als exklusiv im einen oder anderen Areal präsentierte.“
Und das tollste: fünf von den Pflanzen, welche in die Aufstellung aufgenommen wurden, waren bisher noch niemals von Biologen überhaupt beschrieben worden! „Sie wurden noch nicht getauft, weil ausländische Wissenschaftler erst prüfen müssen, ob die Spezies nicht vielleicht schon in einem anderen Teil unseres Planeten entdeckt wurde. So was kann bis zu vier Jahren dauern“, erklärt Luciana.