Die traditionelle Küche von Piauí unterscheidet sich von denen der anderen Nordoststaaten in verschiedenen Aspekten, zum Beispiel: durch den sehr vielseitigen Gebrauch des Suppengrüns (Koriander und Scharlotten), die kleinen weissen Zwiebeln aus „Picos“, den Malagetta-Pfeffer und den roten Lebensmittel-Farbstoff aus der Urucum-Pflanze.
Als Ergänzung für ein Rezept, oder auch als Beigabe, ist Maniok-Mehl unentbehrlich: entweder die „Farinha Branca“ oder die „Farinha d’Agua“ – als „Farofa“ (Maniok-Mehl gedünstet), als „Pirão“ (abgebunden mit dem Fleisch- oder Fischsud) oder als „Paçoca“ (zusammen mit Trockenfleisch geröstet) ist es ein Grundelement der piauiensischen Tafel. „Frito“ nennen wir eine Mischung aus weissem Maniok-Mehl und gebratenem Fleisch, gleich welcher Art – vorzugsweise Schweinefleisch oder Trockenfleisch in kleine Stückchen geschnitten. Das „Frito“ (Gebratenes) kann noch ergänzt werden mit Eiern. Berühmt sind die „FRITOS“ vom Huhn oder vom Fasan und anderen auf der Jagd erlegten Tieren.
Reis wird im Allgemeinen zu anderen Mischungen verwendet: zum Beispiel mit Trockenfleisch vom Rind – das nennen wir dann „MARIA ISABEL„, mit Fleisch vom Huhn, vom Fasan oder von der Ente. Der Urucum-Farbstoff ist unentbehrlich, genauso wie das Suppengrün. Im Süden unseres Landes benutzt man Safran zum kolorieren des Reises. In der Gegend des „Sertão“ ist es allgemein gebräuchlich, den Reis und die Bohnen zu mischen – die nennen das dann „Baião-de-dois“ (Tanz zu zweit). Die haben dort auch so gute Sachen erfunden, wie die Mischung von Bohnen und Mais, und darin kommt dann noch Speck, ein Fuss und ein Ohr vom Schwein – das nennen sie „PINTADO“ oder „Mucunzá“, wenn ich mich nicht irre, und das isst man auch mit Reis.
Dass bei uns Sauce mit dem Fleisch auf den Tisch kommt, ist eine Besonderheit der piauiensischen Küche – Sie werden das in keinem anderen Nordoststaat finden. Da ist wahrscheinlich etwas von den Franzosen oder Holländern bei uns hängen geblieben. Nehmen Sie zum Beispiel gehacktes Trockenfleisch oder auch frisches Hackfleisch, gemischt mit „Quiabo“, Kürbis, Maniok und „Maxixe“, gewürzt mit viel Suppengrün, Salzbutter aus der Flasche und Rahm. Je nach en Zutaten, die von Ort zu Ort ein bisschen variieren, heisst das Ergebnis dann „Quibêbe“, „Picadinho“, „Caldo de Carne“ oder bei mir: „Capiau“.
Obgleich auf dem Tisch der „Sertanejos“ die Rezepte mit Fleisch und Geflügel häufiger sind, heisst das nicht, dass die Küche aus Piauí nicht auch exzellente Rezepte auf der Basis von Fisch und Meeresfrüchten kennt. Unsere Krabben-Eintöpfe, die gefüllten Krebsschalen, gerührte Austern, Fischtopf in Kokosmilch oder mit Kokos vom „Babaçu“, erfüllen die Erwartungen eines jeden Geschmacks. „Piratinga“, „Mandubé“, „Matrinchã“ und „Branquinho“ sind Fischarten der allerersten Qualität aus unserem „Rio Parnaíba“.
Und dann unsere Süssspeisen! Die süsse Küche von Piauí ist erst recht nicht mit anderen zu vergleichen – diese Kreativität und diese Vielfalt. Unsere „Doces“ sind über unsere Grenzen hinaus berühmt! Kompott aus Caju, aus Manga, aus Goiaba, aus Mangaba, Burití, Bacuri, Groselha, aus Orangenschalen und vielen, vielen anderen Früchten. Die Süssspeise aus der sauren Limone ist eine der typischsten aus Piauí!“
Sie haben vielleicht gemerkt, liebe Leser, dass wir hier einem Fachmann in Sachen piauiensische Küche die Schilderung überlassen haben – dem Koch eines kleinen sympathischen Restaurants in „Parnaíba“, der darüber hinaus mit Leib und Seele „Piauiense“ ist – wie man sicher ebenfalls gemerkt hat. Abschliessend möchten wir Ihnen noch ein paar typische Gerichte mit ihren exotischen Namen erwähnen, so, wie sie in Piauí auf der Speisekarte stehen (in Klammern finden Sie unsere kurze Inhaltsbeschreibung dazu):
BAIÃO-DE-DOIS (Reis und Bohnen)
MARIA ISABEL (Reis mit klein geschnittenem Fleisch geröstet)
ARROZ COM GALINHA OU GUINÉ (Reis mit Huhn oder Fasan)
FRITO (jede Art von Fleisch zusammen mit Maniok-Mehl gebraten)
PANELADA (aus Innereien vom Rind, in Därmen gegart)
SARAPATEL (Innereien und Blut vom Huhn, mit Gewürzen und in Kokosmilch gegart)
COZIDÃO (Ochsenrippen, Gewürze, Gemüse und „Pirão“ aus dem Fleischsud)
PAÇOCA (Trockenfleisch im Mörser zerstampft, mit Maniok, Zwiebeln, Bananen gemischt. Dazu Reis und Bohnen).
CARNE-DE-SOL (Rindfleisch an der Sonne getrocknet und in Öl ausgebraten)
MÃO-DE-VACA (Fussknochen vom Rind gekocht).
BUCHADA (Innereien vom Rind, mit Gewürzen, im Magen gegart).
MUNGUNZÁ (gekochter Mais, Schweinefuss, Speck und Bratwurst)
QUIBÊBE (Mischung aus verschiedenen gekochten Gemüsen und Hackfleisch)
ARROZ DOCE (Reis, Milch und Zucker)
MINGAU DE FUBA (Maismehl, Milch und Zucker)
BOLO CORREDOR (Kuchen aus Maniok-Stärke, Eiern, Fett und Salz)
SUSPIRO (Eiweiss und Zucker)
PAMONHA (Grüner Mais geschrotet, Milch, in Maisblätter gewickelt und im Wasser gegart)
CUZCUZ (Teig aus Mais (oder Reis), Maniok-Stärke und Salz)
PETA (Maniok-Stärke, Eier und Salz)
Dass man auch in Piauí eine grosse Auswahl tropischer Früchte auf den Märkten findet oder als frisch gepressten Saft an Ständen kaufen kann, versteht sich von selbst. Die Auswahl hier ist ähnlich wie in Ceará, zum Beispiel: Caju, Kokosnüsse, Mango, Papaya, Avocado, Guaven, Maracujá-Früchte, Ananas, Graviola, Murici, Sapoti, Mangaba, Cajá und viele andere.
Aus der grossen Auswahl von Früchten stellt man verschiedene hausgemachte Fruchtliköre her, die teilweise verführerisch schmecken. Hochprozentiges wird auch mit verschiedenen Fruchtsäften gemischt: Cachaça mit Frucht – so eine „Batida“ erfrischt und betüttelt gleichzeitig!