Kulturelles in São Paulo

Zuletzt bearbeitet: 19. Dezember 2012

Die kulturellen Optionen im Bundesstaat São Paulo, und besonders in der Hauptstadt, sind überaus zahlreich und entsprechen auch dem ausgefallensten Geschmack und jedem Geldbeutel. Von Ausstellungen und Shows unter freiem Himmel, über Museen und Theater von internationalem Renomée, bis zu aufwendigen Messen und Grossveranstaltungen, findet man alles in dieser kosmopolitischen Metropole. São Paulo präsentiert während des ganzen Jahres eine Palette der unterschiedlichsten Kulturprogramme, wie zum Beispiel die beliebtesten Orchester, Opern, Musicals, Balletts, Ausstellungen und Weltspektakel.

Und Veranstaltungen und Ausstellungen wie die Bienal Internacional de Artes Plásticas (Internationale Bienale der Kunst), die Bienal do Livro (Buch-Bienale), die Mostra Internacional de Cinema (Internationales Filmfestival), das Festival Internacional de Curtas-Metragens (Internationales Kurzfilm-Festival) und das Festival Internacional de Artes Cênicas (Internationales Theater-Festival) gehören bereits zur paulistanischen Tradition. Darüber hinaus finden Festivals des Blues, des Jazz, des Tanzes, des Kinos und Theaters, und viele andere, immer wieder in São Paulo ein begeistertes Publikum.

Die reizvolle Mischung kultureller Veranstaltungen verdankt die Stadt nicht zuletzt ihrem multikulturellen Bevölkerungs-Gemisch und dem damit zusammenhängenden kosmopolitischen Geist, der für São Paulo so typisch ist. Hier gibt’s tatsächlich auf dem kulturellen Sektor unendlich viel zu entdecken!

Historiker haben herausgefunden, dass das erste auf brasilianischem Boden aufgeführte Theaterstück im Bundesstaat São Paulo stattgefunden hat. Der portugiesische Jesuit José de Anchieta (1534-1597) schrieb Einakter, die er von Indianern für ein indianisches Publikum darstellen liess – er erhoffte sich dadurch einen durchschlagenderen Lerneffekt. Danach versank São Paulo in einen provinziellen Dämmerschlaf ohne besondere kulturellen Aktivitäten – bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als nämlich der Kaffee-Boom auch der kulturbedürftigen Seele auf die Sprünge half: dank dem reichlich fliessenden Kapital fanden einige Städtchen des paulistanischen Hinterlandes Eingang in die Tournée-Planung grosser europäischer Opern- und Theater-Ensembles. Theaterbühnen, wie zum Beispiel das „Teatro Pedro II.“ in Riberão Preto, empfingen Gruppen, die normalerweise in Manaus, Rio de Janeiro und Buenos Aires auftraten.

Der richtige Durchbruch der Kunst jedoch, geschah in der so genannten vanguardistischen Epoche. Erstmals hatte sich in São Paulo eine Gruppe von professionellen Schauspielern in einem Raum etabliert und bot den neuen Anhängern der Ästhetik ein Exklusivprogramm an – sie nannten sich Teatro Brasileiro de Comédia (TBC). Das berühmte Teatro de Arena fing mit einer Gruppe von Schauspielern an, die auf der Suche nach einem adäquaten Saal waren – Absolventen der Escola de Arte Dramática (Schule Dramatischer Kunst) gegründet von Alfredo Mesquita 1948. Zehn Jahre später (1958) hatte dieselbe Gruppe ihren ersten herausragenden Erfolg: mit dem Stück „Eles não usam black tie“ (Sie tragen keine schwarze Krawatte) – Erstlingswerk von Gianfrancesco Guarnieri – in dem als Hauptdarsteller brasilianische Arbeiter auftraten – zum ersten Mal in der hiesigen Dramaturgie.

Nach dem Militärputsch von 1964 und den darauf folgenden Jahren der Diktatur, entwickelte sich das Teatro de Arena zur entschlossenen Schaubühne des demokratischen Widerstands, immer wieder behelligt von der Zensur.
Das Teatro Oficina setzte neue Massstäbe in der Entwicklung der so genannten „tropikalistischen Bewegung“ – dem „Tropicalismo“. Viele Theaterstücke stehen für bestimmte historische Momente, wie zum Beispiel: „O rei da vela“– „Galileu Galilei“ (1986) und „Gracias Señor“ (1972). Heute präsentieren Dutzende von Theatern in São Paulo jede Art von Spektakel – angefangen von klassischer Musik, über Ballet und Oper, bis zu Komödien und avantgardistischen Schauspielen. Zumindest eine Aufführung sollten Sie sich in São Paulo ansehen!

nach obenMusik in São Paulo?

Kann man einen Paulista an seiner Musik erkennen? Oder kann man „Música Paulista“ an ihrem Rhythmus identifizieren? Die Antworten kann man sich selbst geben, wenn man sich daran erinnert, dass sich die Bürger dieses Bundesstaates aus mehr als 60 verschiedenen Nationen aus aller Welt zusammengerauft haben.

Fast jede Musikrichtung unseres Planeten kann also als „Musik aus São Paulo“ oder „Musik der Paulistas“ identifiziert werden, denn es wird in dieser Stadt oder diesem Bundesstaat immer Fans geben, die einen Walzer oder eine Tarantella, einen Tango oder eine Polka, einen Syrtaki oder einen Flamengo, einen Schuhplattler oder einen Samba als ihre Lieblingsmusik bezeichnen.

Jawohl, auch einen Samba! Der Sänger und Komponist aus Rio de Janeiro, João Nogueira, hat einmal gesagt: „Wer behauptet, das São Paulo nichts vom Samba verstünde, der lügt, denn der Samba pulsiert in den Adern und im Herzen seiner Bürger – São Paulo ist die Synthese Brasiliens“. Nun, vielleicht hat er Recht.

Für mich ist die Stadt so eine Art musikalisches Potpourri. Komponisten und gute Sänger fehlen hier tatsächlich nicht: Luiz Tatit, Itamar Assumpção, José Miguel Wisnik, Arnaldo Antunes, Paulo Vanzolini, Edvaldo Santana, Walter Franco, Rita Lee, Renato Texeira, Demônios da Garoa, Adoniran Barbosa. Jeder mit seinem persönlichen Stil, aber alle Paulistas! Oder möchten Sie die Musik lieber in Stilrichtungen aufgegliedert haben? Bitte schön:

Modinhas: Paraguassú (bürgerlicher Name: Roque Ricciardi) und Marcelo Tupinambá
Música sertaneja: Mário Zan, Cornélio Pires, Tonico & Tinoco, Alvarenga & Ranchinho
Walzer: Erotides de Campos
Choro: Zequinha de Abreu Violonista
Garoto: Anibal Augusto Sardinha & Canhoto
Klassik: Carlos Gomes, Giomar Novaes, Madalena Tagliaferro, Antonietta Rudge
Orchester: Orchestra Sinfônica do Estado de São Paulo

Und viele von den Musikern, welche keine geborenen Paulistas sind, traten zum ersten Mal in São Paulo auf. In den 60er Jahren spielten die Fernseh-Musik-Shows eine tragende Rolle bei der Verbreitung vieler Künstler. Die Festivals der antiken TV Excelsior, aus São Paulo, des ersten Kanals, der diese Shows verbreitete, fanden in dieser Epoche statt. Der Song „Arrastão“, von Edu Lobo und Vinicius de Moraes, von Elis Regina gesungen, gewann damals den ersten Platz (1965). Im darauf folgenden Jahr (1966) schloss sich der Kanal TV Record dem Festival an. Gewinner in diesem Jahr waren Chico Buarque de Holanda mit seinem Song „A Banda“ und „Disparada“ von Geraldo Vandré und Teo de Barros, gesungen von Jair Rodrigues – unentschieden.

Und selbst wenn der Musik-Künstler nicht aus São Paulo ist, ist das kein Beinbruch. Die paulistanische Kultur-Industrie und ihr fonografischer Markt sind stark genug, ganz Brasilien zu adoptieren und zu promovieren. So war es beim Bossa Nova, dem Tropicalismo, der Jovem Guarda, dem Samba, dem Brazil-Rock, Heavy Metal, Brazil-Rap und vielen anderen Bewegungen oder Musikrichtungen. Das ist eben São Paulo. Ohne Vorurteile.

Bei einem Gang durch die Museen der Hauptstadt kann man tatsächlich tief und gründlich in die Geschichte Brasiliens eintauchen – sogar die Weltgeschichte ist hier würdig vertreten. Interessante Sammlungen sind entweder in modernen Gebäuden mit einer ansprechenden Architektur untergebracht oder auch in historischen Arealen und Gebäuden, die eine Retrospektive durch die Kolonialzeit, das Imperium und die Republik entsprechend würdig und adäquat abrunden.  

Die starke Industrialisierung hat dazu geführt, auch auf dem Gebiet des Kunsthandwerks neue Wege zu gehen. Für das so genannte „urbane Kunsthandwerk“ werden in der Regel Industrieabfälle verwendet, die von den kreativen Händen des Künstlers zu Objekten von beispielhafter Harmonie und überraschender Ausdruckskraft geformt werden. Trotzdem hat sich, weitab von der Grossstadt, auch das traditionelle Kunsthandwerk bis heute erhalten – wie zum Beispiel in Apiaí, im Vale do Ribeira, hier ist eine rustikale Keramik zuhause – oder im Vale do Paraíba, wo man eine feine Keramik mit hohen Temperaturen brennt.

Im Küstengebiet herrscht dagegen das Kunsthandwerk der Indianer vor, hergestellt von Nachkommen der Guaranis – unter diesen Produkten werden die verschiedenen Körbe und Matten, sowie andere Flechtarbeiten aus natürlichem Fasermaterial bevorzugt. Die Guaranis haben ihr Kunsthandwerk ganz in ihre Kultur und ihre Traditionen integriert. Neben den Korbwaren, mit denen sie auf Märkten die besten Umsätze tätigen, weil diese sich wunderbar innerhalb eines Haushalts für verschiedene Zwecke praktisch und dekorativ verwenden lassen, stellen sie auch noch Bogen und Pfeile oder verschiedene traditionelle Perkussions-Instrumente her.

Man schätzt, dass es heutzutage etwa 8.500 Kunsthandwerker im Bundesstaat São Paulo gibt, die rund 45.000 Personen in der Produktion beschäftigen. Ihre Produkte kann man in den Auslagen der Wochenmärkte finden – zu Beispiel auf dem Praça da Republica oder im Stadtteil Liberdade, mitten in der Hauptstadt – oder in der Stadt der Künstler, in Embu, 28 km von São Paulo.

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