São Paulo ist bekannt für seine vielen Volksfeste und Gebräuche. In dieser gigantischen Metropole leben heute mehr als 70 verschiedene Nationalitäten miteinander, und von denen stammen, unter anderem, die 52 verschiedenen Arten der Zubereitung von Speisen, welche aus der paulistanischen Hauptstadt das gastronomische Zentrum Lateinamerikas gemacht haben. Dutzende von Volksgruppen haben ihre Traditionen bewahrt und halten sie aufrecht, indem sie regelmässig unter gemeinsamen Idealen zusammenkommen – aus diesem grossen kulturelle Eintopf entstehen viele volkstümliche Feste, sodass jeden Monat in São Paulo in verschiedenen Stadtteilen etwas gefeiert wird.
Allen voran die Italiener, die für einen Grossteil der paulistanischen Kolonisation verantwortlich sind, sie führen auch den traditionellen Festkalender an – mit Feiern, die in erster Linie der Verehrung der Schutzpatrone ihrer Region gelten – in den Stadtteilen Brás, Bixiga und Mooca. Die italienische Sause beginnt im Mai – dann übernimmt die Menge die Rua Caetano Pinto im Stadtteil Brás, um ihr Fest der „Nossa Senhora de Casaluce“ zu feiern, deren Erbe einst die Emigranten aus Neapel angetreten haben. Der Monat Juni ist San Vito gewidmet, ebenfalls in Brás. Ausser der Schlemmerei (die sogar das traditionelle „Guimirelle“ nicht auslässt – ein Spiesschen mit Ochsenleber), veranstalten die Anhänger von San Vito viele Shows mit italienischer Musik, die life im „Centro Social“ des Festes dargeboten wird.
Wenn dann im August das Fest der „Nossa Senhora Aquiropita“ beginnt, wird die Rua 13 de Maio, die Hauptstrasse des Stadtteils Bixiga, lahmgelegt von einer Menge, die sich nur für Makkaroni, Fogazzas und Flirts interessiert. Zwischen September und Oktober findet ein ähnliches Programm im Stadtteil Mooca statt – während des Festes von „San Gennaro“ (oder São Januário). Pizza und italienische Lieder garantieren die Unterhaltung der Menge.
Auch die Orientalen feiern in São Paulo ihre Feste. Die Japaner haben eine ihrer romantischsten Feierlichkeiten mit nach Saõ Paulo gebracht: das „Tanabata Matsuri„. Es wird auch „Sternenfest“ genannt und fällt auf den Monat Juli – dann sind die Strassen im Stadtteil Liberdade – in dem sich die orientalischen Einwanderer vorzugsweise niedergelassen haben – mit Bambus und bunten Papierchen überfüllt. Wer mag, nimmt sich ein buntes Papierchen, schreibt dann einen Wunsch drauf und befestigt es an einem Zweig.
Am Ende des Tages, wenn die Bambusäste in einem Ritual verbrannt werden, trägt der Rauch die Wünsche der Menschen zu den Göttern.
Shows mit Jongleuren und Kämpfe gigantischer Drachen gehören zu den Attraktionen des chinesischen Neujahrsfestes – ebenfalls in Liberdade. Weder fehlen die Stände mit typischer chinesischer Küche, noch Geschäfte mit thematischen Artikeln – und eine animierte Volksmenge ist immer dabei.
Am „Yom Kippur“ verbrüdern sich die Juden im Stadtteil Bom Retiro. Die Iren und ihre Nachkommen feiern in den paulistanischen Pubs (in den Stadtteilen Pinheiros und Brooklin) das Fest des „Saint Patrick“ – ihrem Heiligen, den sie sehr verehren. Während sich die Portugiesen zum Fest „Abril em Portugal“ treffen, organisiert im „Casa de Portugal“ oder im „Centro Trasmontano“ – dann essen sie Fisch und trinken Wein zum Klang der Fados und Viras.
Auch die Deutschen feiern – und zwar findet im Stadtteil „Colônia Paulista“ (Südzone) im Juni das „Colônia-Fest“ statt, das die deutsche Kultur und die deutschen Sitten aufrecht erhalten soll – mit typischen Speisen, Volkstänzen und Ausstellungen. Im Oktober dann das „Brooklin Fest“, mit typischen Leckereien der altdeutschen Küche und vielem hellen, dunklen und hausgemachtem Bier. Unter den traditionellen Menus gibt es Fleischwurst, Eisbein, Kassler und Sauerkraut – und Apfelstrudel zum Nachtisch.
Die englischen Schulen haben im paulistanischen Festkalender ein typisch amerikanisches Fest verankert, das „Haloween„, mit Maskenbällen und Monster-Kostümen.
Aus Brasilien selbst – und zwar aus dem Nordosten des Landes – stammen Feierlichkeiten, die auch in São Paulo weder der begeisterten Akteure noch der Zuschauer entbehren: Die Einwanderer aus Maranhão feiern dreimal im Jahr ihr „Bumba-meu-boi“ – die erste Darbietung findet am Ostersamstag statt – auf einem Platz des „Morro do Querosene“ (in der Nähe der Uni von São Paulo).
Die Anhänger der spiritistischen Umbanda feiern im Gymnasium von Ibirapuera ihren „Orixá Ogum“ (Sankt Georg). Und es werden auch im „Centro de Tradições Nordestinas“ (CTN), im Stadtteil Limão, verschiedene Feste veranstaltet. Und im Juni findet das „Festa do Rosário“ statt, ein religiöses Fest, welches zu Ehren der Kirche „Nossa Senhora do Rosário da Imandade dos Homens Pretos“ veranstaltet wird – diese Kirche befindet sich am Largo do Paissandu im Zentrum der Stadt.
Die brasilianischen Katholiken lieben vor allem ihre Feste zu Ehren ihrer Heiligen, besonders São João, Santo Antônio und São Pedro. Deshalb hält sich die Tradition der Juni-Feierlichkeiten ungebrochen auch in der Grossstadt, besonders in den antiken Kirchenbezirken und in Clubs.
Die Feierlichkeiten zu Ehren der Drei Könige stellen ebenfalls eine antike Tradition dar. Man kann sie noch im Stadtteil „Freguesia do Ó“ erleben, wo Trubadoure und Repentistas nach Weihnachten von Haus zu Haus ziehen und Gaben einsammeln. Im gleichen Stadtteil zelebrieren die Katholiken die Ankunft des Heiligen Geistes mit der „Festa do Divino“ – es findet zirka 50 Tage nach Ostersonntag statt.