Die Gruppe Legião Urbana bildete sich im Jahr 1982, als Renato Russo sich Marcelo Bonfá, Eduardo Paraná (heute Kadu Lambach) und dem “Paulista“ Paulo Guimarães anschloss. Ico-Ouro Preto gehörte eine Zeit lang zur Gruppe, mit der er an einigen Shows teilnahm, mit ihr zusammen den Song “Ainda é Cedo“ komponierte, und dann wieder ausschied. 1983 verlassen “Paulista“ und “Paraná“ die Band, und Dado Villa-Lobos übernimmt die Gitarre.
Herbert Viana und Bi Ribeiro – letzterer Englisch-Schüler von Renato Russo in Brasília – gehörten zur Band “Paralamas de Sucesso“, (die bereits einen Vertrag mit dem Verlag EMI-Odeon hatte) – sie übergaben ihrem Verlag das Demo-Band der neuen Gruppe aus Brasília.
Die Band Legião Urbana bekam einen Vertrag von der Exekutive der EMI-Odeon und ihr erstes Album kam im Juni 1985 auf den Markt mit den Songs “Será – Ainda é Cedo“ und “Geração Coca Cola“. Die Fachzeitschrift “BIZZ“ – obligatorische Literatur der Musikfreunde jener Epoche, lobte die “Legião“ als beste Band und Renato Russo als besten Sänger jenes Jahres.
Renato Rocha, der “Negrete“, wird Mitglied der Legião als Bassist – kurz vor den Aufnahmen der ersten Platte, jedoch bereits nachdem die Band ihre berühmten Shows im “Circo Voador“, in Rio de Janeiro“ und im “Napalm“, in São Paulo, präsentiert hat.
Das Rezept, welches sich im ersten Album bewährt hatte, wurde im zweiten, unter dem Titel “Dos“, perfektioniert. Kompositionen wie “Tempo Perdido – Índios – Metrópole“ und “Quase Sem Querer“ wurden Hits der Radiosender im ganzen Land. Der grösste Erfolg war “Eduardo e Mônica“, ein Song, der die Geschichte zweier Jugendlicher erzählt, die sich trotz unterschiedlicher Lebensweisen ineinander verlieben. Die Legião Urbana präsentierte Inhalte, die von jedwedem jungen Brasilianer der 1980er Jahre verstanden wurden und mit denen er sich identifizierte. Das Album wird als eine der grössten nationalen Rock-Platten der Geschichte eingestuft.
Im Dezember 1986 verfolgt ein grosses Publikum die Tournee des Albums, das ein Riesenerfolg wurde. 1987 erscheint das dritte Album “Que País é Este“ – mit der Explosion des unwahrscheinlichen Mega-Hits “Faroeste Caboclo“, eine Komposition, die man anfangs als zu lang (neun Minuten) für die Radiosender ansah, was sich jedoch nicht bewahrheitete. Der Song erzählt die Legende des Brasilianers João do Santo Cristo, einer von Renato Russo geschaffenen Figur, die im Jahr 2013 auf der Leinwand erschien, als der Text die Basis für den Film “Homônimo“ bildete.
Eine neue, grosse und ausverkaufte nationale Tournee fand in dieser Zeit statt. “Que País é Este, Eu Sei“ und “Angra dos Reis“ wurden andauernd im Radio gespielt. Dann unterbrach ein Tumult im Stadion Mané Garrincha, in Brasília, plötzlich die Show: Ein begeisterter Fan aus dem Publikum erkletterte die Bühne und umarmte Renato Russo, der ausrief: “Ich bin nicht hier, um eine Show für Tiere abzuziehen“! Die Legião hat nie mehr Shows in Brasília veranstaltet und auch die Shows in übrigen Landesteilen entsprechend verringert. Kurze Zeit später verlässt Renato Russo die Gruppe.
Aber das Blatt wendete sich dann 1989, als die drei verbliebenen Musiker sich auf Studioaufnahmen konzentrierten, komponierten und produzierten. Nach einer langen Wartezeit kam dann das Album “Quatro Estações“ in die Geschäfte, welches die reifste Phase der Legião einleitet. Mit der Komposition “Meninos e Meninas“ (Jungen und Mädchen) ist auch Renato Russo wieder dabei und verteidigt die Bisexualität. In einem historischen Interview mit dem Magazin “Bizz“ bestätigt er seine Vorlieben. Neun der elf Songs des Albums sind in den Radiokanälen zu hören, und die Platte wird zur meistverkauften ihrer Karriere, mit fast zwei Millionen Kopien innerhalb eines einzigen Jahres.
Das Album “V“ 1991, präsentiert etwas aus den Gedanken und der Traurigkeit des emotional instabilen Renato Russo. Die entsprechende Tournée musste abgebrochen werden. “Die Kompositionen “Teatro de Vampiros“ und “O Mundo Anda Tão Complicado“ werden Hits. “Metal Contra as Núvens” ist fast progressiv und beansprucht elfeinhalb Minuten der Platte – der Text enthält seltene Worte und raffinierte poetische Referenzen. Den Song „Vento no Litoral“ hat Renato für seinen amerikanischen Ex-Freund Scott geschrieben, als dieser in seine Heimat zurückkehrte, nachdem er bei Renato ein paar Monate verbracht hatte.
1992 wurde die Doppel-CD “Música para Acampamentos“ montiert von Russo selbst und dem EMI-Verlag, in der Absicht, den Wünschen der Fans nach Neuheiten der Band zu entsprechen. “A Canção do Senhor da Guerra“, eine Komposition, eigentlich eine Demo-Aufnahme der Gruppe, wurde ein Hit. Auch die Life-Aufnahme von “Fábrica“ erfuhr dasselbe Schicksal. Die “Legião“ begab sich erst im Folgejahr wieder ins Studio, um ein neues Album zu gestalten.
Dort begannen sie mit der Produktion von “O Descobrimento do Brasil“ (Die Entdeckung Brasiliens), auf dem Markt ab 1993, mit starken und gleichzeitig süssen Songs. Renato Russo war in einer Klinik interniert, um seine Drogen- und Trinksucht auszukurieren. Er redete von Hoffnung und Erlösung. Die Kompositionen “Vinte e Nove – Perfeição“ und “Vamos fazer um Filme“ spielten in den Radios – aber die Legião brauchte eine Pause zum Atemholen. Diese Pause nutzte Renato, um sein Solo-Projekt zu entwickeln.
Nur zwei Solo-CDs später (The Stonewall Celebration Concert und Equilibrio Distante), im Jahr 1996, beschäftigte sich Renato erneut mit Material für die Legião Urbana. Zu jener Zeit wusste noch niemand den Grund, denn Renato gab keine Interviews mehr in der Öffentlichkeit – er war HIV positiv. Im selben Jahr versuchte er in den Studios AR, in Rio de Janeiro, an der Seite von Tom Capone, Dado und Bonfá, all das auszudrücken, was er in jenen Momenten fühlte, von denen er ahnte, dass sie seine letzten sein würden.
Daraus entstanden “A Tempestade“ und “O Livro Dos Dias“, die einen Monat vor seinem Tod erschienen, und “Uma Outra Estação“, das erste postume Album, herausgegeben 1997. Diese Alben enthalten Werke wie “Primeiro de Julho“, eine Komposition Renatos für Cássia Eller, als sie schwanger war, “Dezesseis“ und “A Via Láctea“ – diese beiden wurden Hits der Radios. Und Nachzügler wie “Clarisse“, eine Komposition, die eigentlich längst hätte erscheinen sollen, aber immer wieder vergessen wurde. “As Flores do Mal“ und “Antes das Seis“ wurden Hits.
Das Jahr 1998 ist geprägt vom Erscheinen der Sammlung “Mais do Mesmo“, mit den grössten Erfolgshits der Band. 1999 kommt dann “Acústico MTV“ auf den Markt, aufgenommen 1992 zur Verbreitung des Albums “V“. “Hoje a Noite Não Tem Luar“ wird ein grosser Erfolgs-Hit.
Danach erschienen verschiedene Zusammenstellungen, Filmuntermalungen und Lifealben – wie zum Beispiel das Doppelalbum “Como é Que se Diz Eu Te Amo“, aufgenommen im Metropolitan (Rio de Janeiro) im Jahr 2001, und “As Quatro Estações – Ao Vivo“ von 2004.
Renato Russo und die “Legião Urbana” beteiligten sich aktiv an der ganzen Explosion des “Rock Brasileiro” der 80er und 90er Jahre. Sie trafen ins Schwarze der Sehnsüchte jugendlicher Brasilianer – ob sie politisiert waren oder nicht. Alles, was die Legião in ihren Texten ausdrückte, wurde von ihren Fans sofort akzeptiert.
Diskografie Legião Urbana
- Perfil (2011)
- Legião Urbana e Paralamas Juntos vivo (2009)
- As Quatro Estações ao Vivo (2004)
- Acústico MTV (1999)
- Compilações (1998)
- Uma Outra Estação (1997)
- A Tempestade (1996)
- O Descobrimento do Brasil (1993)
- V (1991)
- As Quatro Estações (1989)
- Que País É Este? (1987)
- Dois (1986)
- Legião Urbana (1984)