Die wahre Geschichte der Weihnacht

Zuletzt bearbeitet: 24. Dezember 2013

Um es gleich vorweg zu nehmen: Die Menschheit feierte dieses Datum schon lange vor Christi Geburt. Hier präsentieren wir Ihnen ein Bündel von Traditionen, oder „die wahre Geschichte der Weihnacht“, welche als wahre Wurzeln der HEILIGEN NACHT zu betrachten sind.

Rom im 2. Jahrhundert, am 25. Dezember: Die Bevölkerung feiert zu Ehren desjenigen, der kam, um den Menschen Güte, Weisheit und Solidarität zu bringen. Religiöse Zeremonien finden rund um sein Denkmal statt an diesem heiligsten Tag des Jahres. Währenddessen freuen sich die Familien über die einen Tag zuvor ausgetauschten Geschenke und erholen sich von einer ausgiebigen Fressorgie.

Aber nicht doch! Diese Feier ist nicht Weihnachten! Sondern es handelt sich hier um das Datum der Geburt des persischen Gottes Mytra, welcher das Licht repräsentiert, und der im Lauf des 2. Jahrhunderts unter den Römern zu einer der am meisten verehrten Gottheiten aufgestiegen ist. Jedwede Ähnlichkeit mit dem Feiertag der Christen ist jedoch in diesem Fall kein purer Zufall!

Die Geschichte der Weihnacht beginnt in Wirklichkeit mindestens 7.000 Jahre vor der Geburt Jesu. Sie ist so alt wie die Zivilisation selbst und hat ein recht praktisches Motiv: nämlich die Wintersonnenwende zu feiern, die längste Nacht des Jahres in der nördlichen Hemisphäre, die auf Ende Dezember fällt. Ab jener Nacht verbleibt die Sonne zunehmend ein bisschen länger am Himmel – bis zum Höhepunkt des Sommers. Es ist der Wendepunkt der Dunkelheit zum Licht: die „Wiedergeburt“ der Sonne. In einer Epoche, in welcher der Mensch sich von der Jagd ab und immer mehr der Feldbearbeitung zuwandte, bedeutete die Wiederkehr der längeren Tage eine gute Ernte im folgenden Jahr. Also feierte man diese vielversprechende Zukunft. In Mesopotamien dauerten diese Festlichkeiten ganze zwölf Tage! Während die Griechen zur Sonnenwende dem Dyonisos huldigten, dem Gott des Weins und der Lebensqualität – zelebrierten die Ägypter die Reise ihres Gottes Osyris ins Reich der Toten. In China galten (und gelten immer noch) die Zeremonien dem Yin-Yang-Symbol, welches die Harmonie der Natur repräsentiert. Selbst die antike Bevölkerung Englands – primitiver als ihre orientalischen Zeitgenossen – feierten: Rund um „Stonehenge“ fanden ihre Gelage statt, jenen steinernen Monumenten aus der Zeit um 3.100 vor Christus, errichtet, um den Lauf der Sonne während eines Jahres zu markieren.

Die Feiern in Rom waren also lediglich ein Reflex von alledem. Am 25. Dezember Mytra zu verehren, den Gott des Lichts, war nichts anderes als die Fortsetzung jener uralten Tradition der Wintersonnenwende – nach dem gegenwärtigen Kalender, anders als jener der Römer, findet besagtes Phänomen allerdings schon am 20. bzw. 21. Dezember statt – je nach Jahr. Und dieser Kult der Wintersonnenwende ist es, der unserer Weihnacht zugrunde liegt. Er erreichte Europa im 4. Jahrhundert vor Christus, als Alexander der Grosse den Mittleren Orient eroberte. Hunderte von Jahren danach, wurden römische Soldaten zu Verehrern dieser Gottheit, die dann schliesslich ins Zentrum ihres Imperiums aufgenommen wurde.

Man verehrte Mytra in einem exklusiven Zeremoniell: dem „Fest der unbesiegten Sonne“. Dieser Event machte Schluss mit der bis dato zur Wintersonnenwende gefeierten „Saturnalia“ – einem Fest, welches eine Woche zu dauern pflegte, und dem römischen Gott Saturnus gewidmet war, dem Beschützer der Landwirtschaft. „Die Einleitung jener Feiern bildeten die diesem Gott geweihten Opfergaben. Währenddessen beglückwünschten sich die Menschen gegenseitig in ihren Häusern, tafelten zusammen und tauschten Geschenke aus“, erzählen die Historiker Mary Beard und John North in ihrem Buch „Religions of Rome“. Und die animiertesten feierten wahre Orgien – aber das war bei den Römern ja nichts ungewöhnliches. Nun, währenddessen keimte im Verborgenen eine neue Religion, die sich um solche Exzesse der Römer nicht kümmerte: das Christentum.

nach obenChristliche Sonnenwende

Die für die ersten Nachfolger Christi bedeutendsten religiösen Daten waren lediglich an sein Martyrium gekoppelt: Der Karfreitag (Kreuzigung) und Ostern (Auferstehung). Denn es war allgemein Sitte, sich nur des Todes von bedeutenden Persönlichkeiten zu erinnern. Kirchenführer befanden, dass es keinen Sinn mache, die Geburt eines Heiligen oder eines Märtyrers zu feiern – denn schliesslich wird er zum Einen oder Anderen ja erst nach seinem Tod! Und deshalb ist es verständlich, dass die eigentliche Geburt Christi völlig im Dunkeln liegt – das Neue Testament berichtet nichts darüber. Also hatten die Gläubigen von Rom eine Idee: Um den „heidnischen Sonnenwend-Feiern“ einen Riegel vorzuschieben, wollten sie ihre „christlichen“ Zelebrierungen genau in diesen Zeitraum legen.

221 nach Christi Geburt machte dann der christliche Historiker Sextus Julius Africanus den entscheidenden Schritt nach vorn, indem er vorschlug, das Datum der Geburt Jesu auf den 25. Dezember festzulegen, der bis dato von den Römern angenommenen Geburt ihres Mytra. Die Kirche nahm den Vorschlag an und, ab dem 4. Jahrhundert, nachdem das Christentum zur offiziellen Religion des Imperiums erklärt worden war, begann man die Ehrungen des „Festes der unbesiegten Sonne“ nunmehr einer neuen Lichtgestalt zuzuwenden: „Assoziiert mit dem Sonnengott, übernahm Jesus die Gestalt des Lichts, welche der Menschheit die Rettung bringen würde“, sagt der Historiker Pedro Paulo Funari von der UNICAMP (Universität von Campinas). Auf diese Weise erbte die katholische Erfindung antike Traditionen. „Im Gegensatz zur allgemeinen Annahme, haben die Christen nicht immer andere Weltauffassungen niedergewalzt. In diesem Fall geschah ein Kulturaustausch“ bestätigt ein anderer Historiker, André Chevitarese, Spezialist für die Antike, von der Universität Rio de Janeiro (UFRJ). Wir können nicht mit Sicherheit sagen, wie die ersten christlichen Weihnachtsfeiern abliefen, aber es ist eine Tatsache, dass gewisse Gebräuche, wie das Austauschen von Geschenken und die üppigen Mahlzeiten von heute noch aus jener Zeit stammen. Und damit nicht genug: Während des Mittelalters, als Missionare das Christentum in Europa verbreiteten, fanden Sitten und Gebräuche anderer Völker ebenfalls Zutritt zur weihnachtlichen Tradition. Einen besonders starken Einfluss hatte zum Beispiel das „Yule-Fest“ der Nordeuropäer, welches sie zur Sonnenwende zu feiern pflegten. Der Schinken auf der Weihnachtstafel und die gesamte bunte Dekoration der Häuser, sowie der Weihnachtsbaum, stammen von ihnen.

Ein anderer Beitrag des Nordens war die Idee eines übernatürlichen Wesens, das während des Yule Geschenke an die Kinder verteilt. In einigen skandinavischen Traditionen war es (und ist es noch) ein Gnom (Zwerg), dem diese Rolle zukommt. Aber diese Figur erhielt im Lauf der Zeit zunehmend menschlichere Züge – der Nikolaus wurde geboren.

nach obenDer Nikolaus

DCF 1.0Kleinasien im 4. Jahrhundert. Drei Mädchen aus der Stadt Myra (heute in der Türkei gelegen) befanden sich in totaler Misere. Ihr Vater besass kein einziges Geldstück mehr, mit dem er ihre Lage hätte verbessern können, und sie sahen sich gezwungen, sich mit der Idee zu befassen, ihren Lebensunterhalt in der Prostitution zu verdienen. Da geschah es in einer kalten Winternacht, dass eine mysteriöse Gestalt ein Säckchen mit Goldmünzen durch ihr Fenster warf (einige behaupten es wäre durch den Kamin gewesen) und verschwand. In der darauf folgenden Nacht warf die Gestalt wieder ein Säckchen mit Gold durchs Fenster – und noch eins in der dritten Nacht – eins für jedes Mädchen. Und die benutzten das Gold als Mitgift für ihre Hochzeit – denn damals bekam man in dieser Gegend keinen Ehemann ohne für ihn zu bezahlen. Und sie lebten glücklich bis an ihr Ende – ohne das Gespenst einer, sagen wir mal, „professionellen“ Existenz. Alles, dank jener Gestalt mit den Säckchen.

Ihr Wohltäter war ein Mann aus Fleisch und Blut, bekannt als Nikolaus von Myra, der Bischof der Stadt. Es gibt keine historischen Aufzeichnungen von seinem Leben, aber an Legenden über ihn fehlt es nicht. Nikolaus soll stinkreich gewesen sein und sein Leben mit Gaben an die Armen verbracht haben. Geschichten über die Grosszügigkeit jenes Bischofs, wie jene über die drei Mädchen, die dem Bordell entgingen, gewannen den Status eines Mythos. Und bald schrieb man ihm auch alle möglichen Arten von Wundern zu. Und ein Jahrhundert nach seinem Tod wurde der Bischof von der katholischen Kirche kanonisiert – wurde zu „Sankt Nikolaus“. Ein Heiliger multiplen Gebrauchs: Beschützer der Kinder, der Händler und der Seeleute, die seinen Ruhm in alle Winkel des Alten Kontinents trugen. In Russland und Griechenland wurde er der Heilige Nummer 1 – im restlichen Teil Europas verband man die Gestalt des wohltätigen Bischofs von Myra mit der weihnachtlichen Tradition. Er wurde zum offiziellen Repräsentanten des Datums. In Grossbritannien gingen sie dazu über, ihn „Father Christmas“ (Papa Weihnacht) zu nennen. Die Franzosen betitelten ihn „Pére Nöel“, was dasselbe bedeutet, wie unsere brasilianische Bezeichnung „Papai Noél“. In Holland kürzten sie seinen Namen Sankt Nikolaus ab in „Sinterklaas“. Und das Volk der Niederländer nahm diese Version im 17. Jahrhundert mit in die holländische Kolonie „Neu Amsterdam“ (heute New York) – daher stammt der „Santa Claus“, den die Yankees später adoptierten. So war das Weihnachtsfest, so wie wir es kennen, auf dem Weg, die Welt zu erobern – aber nicht alle waren von dieser Idee begeistert.

nach obenGesetzwidriges Weihnachten

England um 1640. Mitten in einem blutigen Zivilkrieg kämpfte King Charles I. gegen die puritanischen Christen – jene radikaleren Jünger der protestantischen Kirchenreform, welche im 16. Jahrhundert das Christentum in verschiedene Fraktionen zersplitterte. Die Puritaner beabsichtigten, sämtliche Verbindungen, welche von anderen protestantischen Kirchen – wie zum Beispiel der anglikanischen (der Kirche der noblen Engländer) – noch mit dem Katholizismus aufrecht erhalten wurden, endgültig zu sprengen. Die Idee zur Feier der Weihnacht war eine solche Verbindung – also sollte sie ausgemerzt werden.

Erst einmal versuchten sie, den Namen jenes Datums von „Christmas“ (Messe Christi) auf „Christide“ (Zeit Christi) umzuändern – denn „Messe“ ist ein katholischer Begriff. Noch nicht zufrieden, entschieden sie, Weihnachten ganz abzuschaffen mittels einem politischen Schachzug: Im Jahr 1645 verbot das englische Parlament – in seiner Mehrheit bestehend aus Puritanern – die Festlichkeiten zur Geburt Christi. Als Begründung führten sie an, dass Weihnachten einerseits in der Bibel gar nicht erwähnt sei und, dass dieses Fest andererseits die Einleitung von zwölf Tagen der Fressgier, der Faulheit und zahlreicher anderer Sünden bedeute.

Die Bevölkerung aber wollte davon nichts wissen und feierte von nun an Weihnachten heimlich im Verborgenen. 1649 wurde Charles I. exekutiert, und der Anführer des puritanischen Heeres, Oliver Cromwell, übernahm die Macht im Staat. Die Intrigen um die Weihnachtsfestlichkeiten nahmen zu – sie führten schliesslich sogar zu Auspeitschungen und gewalttätigen Repressionen. Jedoch war diese Situation von kurzer Dauer. 1658 starb Oliver Cromwell und die Wiedereinführung der Monarchie brachte auch das bedeutendste Fest der Christenheit zurück.

Jedoch war Weihnachten noch nicht ganz gerettet: Einige Puritaner auf der anderen Seite des Ozeans verboten prompt jene Feierlichkeiten innerhalb ihres Bereichs. Es war in der englischen Kolonie von Boston, in der man die Feier des 25. Dezembers zu einer ungesetzlichen Handlung erklärte (zwischen 1659 und 1681). Das Land, welches einmal später zur USA werden sollte, war von Puritanern der härtesten Sorte kolonisiert worden – noch härter als jene um Cromwell ! Erst im Jahr 1870 wagte man dort wieder Weihnachten zu feiern, nachdem die neue Realität den religiösen Dogmen den Rang abgelaufen hatte.

nach obenOnkel Dagobert Duck

London im Jahr 1846 – Höhepunkt der Industrie-Revolution. Der reiche Ebenezer Scrooge verbringt Weihnachten allein und wünscht sich, dass alle Armen in die Luft fliegen mögen „um das Bevölkerungswachstum einzudämmen“, sagt er. Und da bekommt er Besuch von dreien die Weihnacht verkörpernden Geistern. Sie lehren ihn, dass dies der Moment ist, gesellschaftliche Differenzen zu vergessen, sein Herz zu öffnen und Reichtum mit andern zu teilen. Und der Geizhals verwandelt sich in einen grosszügigen Menschen.

Das ist die Kurzfassung einer Weihnachtserzählung des englischen Charles Dickens. Der Schriftsteller lebte in einem chaotischen London, schmutzig und überfüllt – die Zahl der Einwohner war von 1 Million auf 2,3 Millionen innerhalb der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts angestiegen. Dickens hat sich dann Luft gemacht, indem er Weihnachten als einen Moment der Erlösung von diesem gesamten Stress beschrieb, einen Intervall der Brüderlichkeit inmitten des harten Wettbewerbs im industriellen Kapitalismus.

Später folgten unzählige Schriftsteller seinen Spuren – der ursprüngliche Name des Dagobert Duck (Onkel Dagobert) war „Uncle Scrooge“ – und die erste Geschichte jenes geizigen Erpels – herausgegeben 1947 – war eine Parodie auf die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens. All das hat schliesslich zur Image-Festigung des „weihnachtlichen Geistes“ beigetragen, der heute von den Medien propagiert wird. Zum Beispiel: Wenn das nächste Weihnachts-Special unserer Xuxa (brasil. Kinder-Entertainerin) ausgestrahlt wird, können Sie sicher sein, das das Gespenst von Dickens dabei ist!

briefkasten_papa_noelEin anderer Beitrag der Industrie-Revolution, viel offensichtlicher, war die Massenproduktion. Sie beschleunigte die Geschenke-Industrie, gebar die Weihnachtswerbung und verwandelte schliesslich den Bischof Nikolaus in den meist requisitierten Propaganda-Freak unseres Planeten. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde er tatsächlich als Bischof dargestellt – mit einem roten Umhang und der Mytra – jener kapuzenartigen Kopfbedeckung, die von katholischen Autoritäten getragen wurde. Um sich der neueren Zeit anzupassen, verordnete man dem guten Mann eine plastische Operation. Als Chirurg fungierte der amerikanische Designer Thomas Nast, der 1862 der Figur die religiösen Insignien entzog, ihm einige Kilo mehr an Leibesumfang verpasste, die rote Bekleidung neu modellierte und seine Residenz auf den Nordpol verlegte – damit der Alte gewissermassen staatenlos sei. So wurde der heutige Nikolaus geschaffen.

So richtig verbreitet in der ganzen Welt hat sich der Nikolaus allerdings erst ab dem Jahr 1931, nachdem er zum Star einer Serie von Coca-Cola-Anzeigen geworden war. Diese Kampagne hatte sofort grossen Erfolg. So gross, dass der Dicke sich in den folgenden Jahrzehnten zur unverzichtbaren Begleitfigur der Weihnacht entwickelte. Mehr noch als die wahre Zentralfigur weihnachtlicher Verehrung – die Sonne.


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AutorIn: Klaus D. Günther · Bildquelle: sabiá brasilinfo

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