Höhlen in Minas Gerais

Zuletzt bearbeitet: 19. Dezember 2012

Der „Vater der brasilianischen Paläontologie“ ist ein Däne, der 1801 in Kopenhagen geborenen Peter Wilhelm Lund. Aus gesundheitlichen Gründen emigrierte er mit 24 Jahren ins warme Brasilien und fing an, Material für das Dänische Museum für Naturgeschichte zu sammeln. Nach einem Zwischenaufenthalt in seiner Heimat zur Neuorientierung, widmete er sich, nach seiner Rückkehr in Brasilien, dem Studium der Flora von Rio de Janeiro, São Paulo, Goiás und Mato Grosso – seine Ergebnisse wurden in verschiedenen Fachschriften veröffentlicht (1835). Seine Forschungen führten ihn auch nach „Lagoa Santa“ in Minas Gerais, wo er sich fortan niederliess – von 1840 bis 1880, seinem Todesjahr.

Sein Interesse galt der Paläontologie und den Höhlen in dieser Region, denn seine Entdeckungen, die er dort gemacht hatte, waren weltweit von ungeheurer Bedeutung, wenn auch zu seiner Zeit für die Bewohner seiner Wahlheimat noch etwas unverständlich und ausgeflippt. Lund hatte menschliche Fossilien gefunden, die als „Lagoa Santa Mensch“ in die Geschichte eingingen. In derselben Höhle befanden sich auch Knochen von Säugetieren, die in anderen Teilen der Welt schon seit dem Pleistozen ausgestorben waren – er konnte damit beweisen, dass dieselben Tiere in Südamerika wesentlich länger gelebt hatten. Die Sensation waren dann die Ergebnisse der Untersuchungen der menschlichen Fossilien: sie bewiesen zwar, dass der „Lagoa Santa Mensch“ nicht mehr als 10.000 Jahre alt war, sein Fund aber lange Zeit alle anderen an Alter übertraf, die je danach in Brasilien entdeckt wurden. Besonders wichtig an seinem Fund war die Tatsache, dass man mit diesen Fossilien endlich einen handfesten Beweis für die Gegenwart des Menschen in Südamerika vorliegen hatte.  

In der Nähe der Stadt „Pedro Leopoldo“, zwischen Belo Horizonte und Sete Lagoas, liegt der kleine Ort „Dr. Lund“ – ganz in der Nähe bietet eine Fazenda einen angenehmen Aufenthalt, mit Reiten, Angeln, Schwimmen und anderen ländlichen Vergnügen. Eine gute Gelegenheit, sich ein bisschen mit dieser prähistorischen Stätte zu befassen und vor allem auch die schöne „Lapinha-Höhle“ kennen zu lernen.

Der Ort „Lagoa Santa“ (920 Einwohner) liegt 36 km von der Hauptstadt Belo Horizonte entfernt, auf einer Höhe von 740 m, man erreicht ihn über die Landstrasse MG-010. Die Jahrestemperaturen variieren zwischen 18º und 24º Celsius. Obwohl der Distrikt zahlreiche ähnliche Höhlen besitzt, ist die „Lapinha“ die einzige mit einer Struktur für den Tourismus. Bevor man die Höhle besucht, empfiehlt sich der Besuch des örtlichen „Museu Arqueológico de Lagoa Santa“, gegründet von dem Ungarn „Mihaly Banyai“, der insgesamt 2.600 interessante prähistorische Stücke gesammelt hat – unter ihnen verschiedene Schädel und Menschenknochen, Knochen von prähistorischen Tieren und eine Serie von Objekten und Gebrauchsgegenständen. Einer der in letzter Zeit bedeutendsten Funde datiert von 1987, als man im Gebiet von „Lapa do Acácio“ vier komplette menschliche Skelette fand – der einzige komplette Fund dieser Art in Südamerika.

Der Ort wurde bereits 1733 von einem durchreisenden „Tropeiro“ (fahrender Händler und Eselskarawanen-Führer) „Felipe Rodrigues“ gegründet – die ersten Namen der Siedlung waren „Lagoa Grande“ und „Lagoa das Congonhas do Sabarabuçu“.

Der grosse See, heute im Ortsbereich, ist von tiefblauem Wasser, welches, wenn man den unzähligen Legenden glauben will, verschiedene Übel und Krankheiten heilen soll! Der Ort ist besonders im Kreis der Wissenschaftler weltweit bekannt, durch seine Aufsehen erregenden prähistorischen Funde. 

Die „Gruta da Lapinha“ erreicht man über die Landstrasse MG-010 in Richtung der „Serra do Cipó“ (von der auch noch die Rede sein wird). Die Höhle, entdeckt durch jenen Dr. Lund, liegt im hydrografischen Becken des Flusses Rio das Velhas. Sie verläuft innerhalb von Kalksteinfelsen, ist 511 Meter tief und hat eine durchschnittliche Breite der Gänge von 40 Metern.
Sie ist in 11 verschiedene „Salons“ unterteilt, denen man anhand ihrer unterschiedlichen Stalagmiten- und Stalagmiten-Formationen so nette Namen gegeben hat wie: Blumenkohl, Wasserfall, Kathedrale, Einbruch, Vorhänge, Glocken, Hochzeitstorte, Krippe, Lampenschirm, Dr. Lund und die Pyramiden.

Die massiven Kalkformationen von Lagoa Santa begünstigen die Versteinerung von Knochen und anderen organischen Materialien. Jener Dr. Lund, wie er in Brasilien genannt wurde, untersuchte zirka 200 verschiedene Höhlen und identifizierte 115 verschiedene Spezies von Säugetieren. In der Lapinha-Höhle fand er schliesslich den Schädel des „Homem de Lagoa Santa“ – des Lagoa Santa Menschen. Es gibt andere Höhlen in dieser Gegend, mit einer grossen Zahl von archäologischen und paläontologischen Fundstücken.

Die Lapinha-Höhle hat einen Eingang und einen Ausgang – das ist ebenfalls ungewöhnlich an dieser Höhle. Der Ort besitzt eine Infrastruktur mit zwei Restaurants und lokalen Führern. Die Höhle ist für die Besichtigung freigegeben täglich zwischen 9:00 und 17:30.

Die „Gruta de Maquiné“ wurde im Jahr 1825 von dem Landwirt „Joaquim Maria do Maquiné“ entdeckt, dem damals dieses Gebiet gehörte. Man hat sie als eine der schönsten Höhlen der Welt bezeichnet. Nun, die Brasilianer gehen mit Superlativen in der Regel nicht besonders sparsam um, deshalb sollte man sich möglichst ein eigenes Urteil bilden, aber wenn man nicht gerade ein international versierter und verwöhnter Speläologe ist, kann einen das Erlebnis dieser 650 m langen Gänge und den sieben dem Besucher zugänglichen Salons wirklich tief beeindrucken.

Die phantastische unterirdische Märchenwelt, mit ihren von der Natur geformten, steingewordenen Traumgebilden, ist schlichtweg entzückend. Und sie wird dem Besucher mit der eingebauten Beleuchtung sehr vorteilhaft präsentiert. Der Maquiné-Höhle wurde der höchste internationale Speläologie-Orden verliehen: drei Sterne!

Die Höhle befindet sich im Distrikt von „Cordisburgo“ (8.520 Einwohner), wo der berühmte Schriftsteller und Romancier „Guimarães Rosa“ („Grande Sertão: Veredas“) geboren wurde. Von Belo Horizonte sind es 93 km über die Bundesstrasse BR-040 in Richtung Brasília – und noch 22 km auf einer Nebenstrasse (asphaltiert).

Der Besuch der Höhle ist täglich, zwischen 8:00 bis 17:00, möglich. Hier gibt es eine Equipe von spezialisierten Guides, die dem Besucher alle Einzelheiten zeigen und bestens erklären – historisch und wissenschaftlich – die aber auch zum Schutz der in Jahrtausenden gewachsenen Stalaktiten und Stalagmiten eingesetzt werden müssen. Rund um die Höhle gibt es eine bescheidene Infrastruktur, unter anderem mit Restaurants, die typische Speisen aus Minas Gerais servieren.

Die „Gruta Rei do Mato“ – eine Höhle mit dem sinnigen Namen „König des Waldes“ – ist erst seit dem Jahr 1988 für den Tourismus geöffnet. Sie liegt im Bereich der Stadt „Sete Lagoas“, 69 km von Belo Horizonte. Sie hat insgesamt 998 m Ausdehnung, bisher sind aber nur 220 m für Besucher zugänglich, die sich auf vier Salons verteilen. In ihnen haben sich Stalagmiten und Stalagmiten-Formationen von so unglaublicher Verspieltheit und Feinheit gebildet, dass viele Besucher in ihr die schönste Höhle Brasiliens sehen wollen.

Es gibt zum Beispiel in einem der Salons einen von der Natur aufgehängten Brunnen, den „Poço dos Desejos“ (Brunnen der Wünsche). Ein anderer Salon heisst „Salon das Raridades“ (Raritäten-Salon), in ihm entdeckt man schimmernde Kristall-Säulen, die sich wie ein Ei dem andern gleichen, alle mit 30 cm Durchmesser und mehr als 20 m Höhe. Diese Art von Säulen ist bisher nur aus der „Altamira-Höhle“ in Spanien bekannt. Formationen, die wie versteinerte Wasserfälle aussehen, entzücken den Besucher. Andere bilden filigrane Vorhänge, die so zart und zerbrechlich sind, dass man die Sorge der Führer versteht, mit der sie sich um den Schutz dieser Naturphantasien bemühen.

In den dreissiger Jahren lebte in der Höhle ein Flüchtling, der von den Bürgern mit Nahrung versorgt wurde, die sie gegen seine von ihm selbst zusammengestellten Naturheilmittel eintauschten. Sie nannten den alten Mann „König des Waldes“. Er hauste in der „Grutinha“, einer kleineren Grotte gleich am Eingang zur Höhle. In ihr findet man Höhlenzeichnungen, die auf 4.000 bis 6.000 Jahre datiert worden sind – sie repräsentieren Jagd- und Fischfang-Szenen. Im Innern des Gesamtkomplexes hat man Waffen und Gerät von Eingeborenen in perfektem Konservierungszustand gefunden. Die Höhle ist für den Publikumsverkehr täglich geöffnet, zwischen 8:00 und 17:00. Zufahrt über eine Nebenstrasse von der BR-040 aus.

Die Stadt „Sete Lagoas“ (sieben Lagunen), mit rund 187.000 Einwohnern, liegt auf einer Höhe von 761 Metern. Ihre Umgebung bietet dem Besucher eine Landschaft mit vielen natürlichen Reizen, viel Wasser und viel grüne Mittelgebirgslandschaft. Die sieben Lagunen oder Seen, auf denen ihr Name gründet, gibt es tatsächlich, sie heissen: Paulino, Boa Vista, José Félix, Cercadinho, Matadouro, Catarina und Chácara. Der Distrikt bietet mit ihnen eine gute Struktur für den Wassersport. Die Durchschnittstemperatur liegt bei 23º Celsius.

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