Der Sabiá-laranjeira – Brasiliens populärster Vogel

Zuletzt bearbeitet: 30. September 2021

Der “Sabiá-laranjeira” (Turdus rufiventris) (oder zu Deutsch: die Rotbauchdrossel) wurde durch das Dekret Nr. 9.675 vom 3. Oktober 2002 vom brasilianischen Präsidenten Fernando Henrique Cardoso zum nationalen Symbol erhoben. Sein Gedenktag ist der 5. Oktober, der eigentlich aufgrund seiner Bedeutung ein nationaler Feiertag sein sollte. Der Sabiá reiht sich ein zu den anderen Symbolen der Republik, der Hymne, der Fahne, dem Wappen und dem Siegel, und hat die gleiche Bedeutung wie diese bei der Repräsentation Brasiliens.

Rotbauchdrossel oder Sabiá laranjeira – Foto: Klaus D. Günter

Brasiliens “Sabiá” ist ein territorialer Vogel, relativ scheu, und sein melodiöser, lauter und häufiger Gesang kündigt seine Anwesenheit an und kann mehr als 1 km weit gehört werden. Sein Gesang ist lang und dauert bis zu zwei Minuten ohne Unterbrechung. Er gilt als der Vogel mit dem besten und variabelsten Gesangsrepertoir.

Und er gehört zweifellos zu den populärsten Vögeln Brasiliens, der in der brasilianischen Folklore häufig vorkommt und auch in Brasiliens Kultur seinen Platz hat. In der Literatur wird er oft als der Vogel zitiert, der von der Liebe und dem Frühling singt, von der Heimat, der Kindheit, den guten Dingen des Lebens. Im Frühling, der Jahreszeit der Liebe, werden wir jedes Jahr mit dem klagenden Gesang des Sabiá geweckt, der uns in der Morgendämmerung den Anbruch des neuen Tages verkündet.

In der Abenddämmerung klingt sein Lied wie der sanfte Ton aus einer Flöte, damit grenzt er sein Revier ab und möchte auch ein Weibchen anlocken – er singt mit seiner ganzen Seele – wer einen Sabiá schon mal beim Singen beobachten konnte, hat bemerkt, wie sein ganzer kleiner Körper vor Erregung vibriert.

Der Sabiá ist ein in ganz Südamerika weit verbreiteter Vogel und die bekannteste aller Drosselarten (weil er in der brasilianischen Landessprache als “männlich” gilt, wollen wir es dabei belassen und auch seinen brasilianischen Namen “Sabiá” anstelle der “weiblichen, deutschsprachigen Rotbauchdrossel” weiter verwenden). Er ist an der rostigen Farbe seines Bauches und an seinem melodiösen Gesang, besonders während der Brutzeit, sofort zu erkennen.

Der Name “Sabiá” leitet sich von der indigenen Tupi-Sprache “haabi’á” ab, was in Anspielung auf seine Stimme „Einer, der viel betet“ bedeutet. Eine alte indigene Legende besagt, dass ein Kind, wenn es am frühen Morgen, zu Beginn des Frühlings, den Gesang des Sabiá hört, mit Liebe, Glück und Frieden gesegnet sein wird.

Der Sabiá wurde von großen brasilianischen Komponisten und Musikern verewigt, die ihm Tribut gezollt haben, wie Marisa Monte, Tom Jobim und Chico Buarque. Roberta Miranda komponierte „A majestade, o sabiá“ (die Majestät, der Sabiá) das mit der Stimme des unvergesslichen Jair Rodrigues gefeiert wurde.

Aufgrund seiner starken Präsenz in der brasilianischen Literatur und in populären Liedern ist der Sabiá ein Vogel, der vom Norden bis zum Süden Brasiliens den Bewohnern bekannt und allseits beliebt ist. Seinem sanften und kristallinen Gesang zu lauschen, der von der Liebe singt, ist ein Moment, der unsere Seelen berührt.

Der Sabiá ist ein relativ kleiner Vogel, weniger als 25 Zentimeter groß, mit einer langen Lebensdauer, wenn man ihn mit anderen Vögeln vergleicht – er kann zwischen 25 und 30 Jahre alt werden. Während der Brutzeit sucht er sich ein Weibchen, um sich niederzulassen und das Nest vorzubereiten, welches im Wesentlichen aus Zweigen und dünnen Blättern besteht. Ein Paar hat durchschnittlich zwei Junge pro Brut, bis zu 6 pro Jahr.

In der Natur sind sie überall in Brasilien zu finden, in Wäldern, Parks und sogar in bewaldeten Hinterhöfen von Großstädten. Der Sabiá ist ein treuer Vogel. Nachdem er seine Partnerin gefunden hat, zieht er es vor, den bisherigen Schwarm zu verlassen, mit den Jungen in seinem Nest zu leben und mit dem Weibchen zu fliegen.

Der Ornithologe Dalgas Frisch lobt, dass der Sabiá die Vögel in seinem Umfeld besonders gut repräsentiert, um uns, die rationalen Wesen, zu lehren, wie man die Umwelt am besten bewahrt und schützt. Vögel sind nützlich im täglichen Leben, bekämpfen Schädlinge auf dem Feld, verbreiten Samen von Pflanzen und Bäumen, präsentieren uns faszinierende Gesänge, sind echte Begleiter, die unser Leben verschönern.

Er erklärt auch, dass jeder Sabiá einzigartige Eigenschaften hat. Kein zweiter singt auf die gleiche Weise, und mit dem für das menschliche Ohr am besten hörbaren Ton. Im Frühling ist es das erste Lied, das man noch vor Tagesanbruch hört. Die wunderbaren Töne des Sabiá erblühen in den poetischen Adern der Seele, so rein und schön wie das Licht und die Farben der Blumen auf dem Feld.

In der Literatur, in Versen, Liedern und Chroniken wird er zitiert als ein Vogel, der Liebe und Frühling, Heimat, Kindheit, und die schönen Dinge des Lebens besingt. Er wurde von Gonçalves Dias in dem berühmten Gedicht „Canção do Exílio“ (Lied aus dem Exil) verewigt.

„Mein Land hat Palmen,
wo der Sabiá singt;
Die Vögel, die hier zwitschern,
zwitschern nicht wie dort.
Unser Himmel hat mehr Sterne,
unsere Wiesen haben mehr Blumen,
unsere Wälder haben mehr Leben,
unser Leben hat mehr Liebe.
Ich finde mehr Freude daran,
nachts allein zu meditieren;
Mein Land hat Palmen,
wo der Sabiá singt.

Mein Land hat Schönheiten,
wie ich sie hier nicht finde;
Im Brüten allein, in der Nacht.
Mehr Freude finde ich dort;
Mein Land hat Palmen,
wo der Sabiá singt.

Gott bewahre, dass ich sterbe,
ohne dorthin zurückzukehren;
ohne die Wonnen zu genießen,
die ich hier nicht finde;
ohne noch die Palmen zu sehen,
wo der Sabiá singt.

Auch berühmte Autoren verliehen dem Sabiá künstlerische Berühmtheit, wie Carlos Drummond de Andrade, Jorge Amado, Luiz Gonzaga, Milton Nascimento, Patativa do Assaré und Chico Burque de Holanda, der 1968 zusammen mit Tom Jobim ein Lied schrieb, in dem der Sabiá ebenfalls eine prominente Rolle spielt.

Der Sabiá, einer der populärsten Vögel Brasiliens, der in der Folklore und sogar in der Kultur des Landes präsent ist, ein Vogel, der einem großen Teil der Bevölkerung vertraut ist. Er ist der inspirierendste unter den Vögeln, der am meisten bejubelte und vom Volksempfinden dekantierte.

Die Biologin Mônica Kosh sagt, dass der Sabiá aufgrund seiner starken Präsenz in der brasilianischen Literatur und den Volksliedern eine “willkommene Leitfigur” darstellt, um das Bewusstsein zu schärfen und jedem seine Rolle für eine größere und bessere Erhaltung der Umwelt bewusst zu machen.

Der Sabiá in dem Lied „Um Ser de Luz“ (ein Lichtwesen) von Alcione, Text von Paulo César Pinheiro, João Nogueira und Mauro Duarte, bewegt Alle und vermittelt mit Gefühl die Bedeutung des Gesangs dieses Vogels, dessen Fehlen die Autoren traurig registrieren:

„Sabiá, wie ich deine Freude vermisse,
Ohne dich ist mein Lied nur noch Melancholie.
Sing, mein Sabiá, flieg, mein Sabiá.
Lebe wohl, mein Sabiá,
eines Tages sehen wir uns wieder”!

Zu Ehren des Sabiá wurde nachfolgender Liedtext zur Hymne:
„Meine Gedanken nehmen Formen an, mit denen ich dorthin reise, wo Gott es will.
Ein Videoband, das in meinem Inneren all mein Unbewusstes auf natürliche Art und Weise abbildet. Ah! Ich gehe jetzt an einen Ort, der ganz mir gehört, ich will mich in eine faule Hängematte legen, um mich herum eine Symphonie von Spatzen, die für die Majestät singen, der Sabiá – die Majestät, der Sabiá!

Ich gehe jetzt in den Wasserfall baden, ich will in die Wälder, wo Oxossi der Gott ist.
Hier sehe ich schöne und duftende Pflanzen, die mir alle den Weg weisen und meinen Körper parfümieren. Ah! Ich gehe jetzt an einen Ort, der ganz mir gehört, ich will mich in eine faule Hängematte legen, um mich herum eine Symphonie von Spatzen, die für die Majestät singen, für den Sabiá – für die Majestät, den Sabiá!

Diese Reise in mir war so schön, dass ich für diese Welt Gottes in die Realität zurückkehre.
Tatsache ist, dass mein ich, dieses so unbekannte, niemals verraten wird, weil diese Welt ich selbst bin. Ah! Ich gehe jetzt an einen Ort, der ganz mir gehört, ich will mich in eine faule Hängematte legen, um mich herum eine Symphonie von Spatzen, die für die Majestät den Sabiá singen – für die Majestät, den Sabiá!

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AutorIn: Klaus D. Günther

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