Allgemeine Daten der Sambaschule Beija-Flor de Nilópolis
Gegründet: 25. Dezember 1948
Vereinsfarben: Blau/Weiss
Symbol: ein Kolibri
Aus dem Stadtteil: „Nilópolis“
Präsident: Almir Reis
Karnevalist/In: Karnevalist João Vitor Araújo
Karnevalsdirektor: Dudu Azevedo
Sänger: Neguinho da Beija-Flor
Leiter der Perkussions-Gruppe (Mestre de bateria): Rodney und Plínio
Königin der Perkussion (Rainha da Bateria): Raissa de Oliveira
Samba-Enredo 2024 (Themen-Samba)
Brava Gente! O grito dos excluídos no bicentenário da Independência
Ein Karnevalsrausch in “Rás Gonguilas“, Maceió
Mitwirkende 2024: 3.300
Alas (Flügel): 23
Allegorische Wagen: 6
Probelokal: Rua Pracinha Wallace Paes Leme 1025 – Nilópolis
Proben: Montags ab 20h und donnerstags ab 21h
Quadra: Rua Pracinha Wallace Paes Leme 1025 – Nilópolis
Werkstatt: Rua Rivadávia Correa 60 – Cidade do Samba – Gamboa
Telefon: (21) 2233 – 5889 (Werkstatt) und (21) 2791 – 2866 (Quadra)
Karnevalssieger Grupo Especial
2018, 2015, 2011, 2008, 2007, 2005, 2004, 2003, 1998, 1983, 1980, 1978, 1977, 1976
Video Impression Karnevalsparade 2024
Video Impression Karnevalsparade 2023
Foto Impression Karnevalsparade 2023
Video Impression Karnevalsparade 2022
Impression Karnevalsparade 2022
Foto Impression Karnevalsparade 2022
Video Impression Karnevalsparade 2020
Video Impression Karnevalsparade 2019
Foto Impressionen Karnevalsparade 2018
Foto Impressionen Karnevalsparade 2017
Foto Impressionen Karnevalsparade 2016
Foto Impressionen Karnevalsparade 2015
Foto Impressionen Karnevalsparade 2014
Foto Impressionen Karnevalsparade 2013
Aus der Vereinsgeschichte
Die Sambaschule „Beija-Flor de Nilópolis“ oder nur Beija-Flor, wurde mitten in Festtagsstimmung aus der Taufe gehoben: das war am 25. Dezember 1948 – an Weihnachten – als eine Gruppe von Sambistas aus Nilópolis, an der nordöstlichen Peripherie Rios, sich zu einem karnevalistischen Block zusammenschloss, welcher sich später zu einer der bekanntesten Samba-Schulen Rio de Janeiros entwickeln sollte.
Ihr Debüt unter den Grossen gab sie 1954. Aber sie konnte sich nicht lange unter der Elite behaupten und litt anschliessend, während vieler Jahre, unter ihrem Abstieg. Ihr definitiver Eintritt in die „Grupo Especial“ jener Zeit erfolgte dann Mitte der 70er Jahre, als Beija-Flor so genannte „Chapa-Branca-Paraden“ präsentierte – Paraden, die Regierungsprojekte verherrlichten, die vom Militärregime jener Zeit geschaffen worden waren – „Chapa-Branca“ (weisse Plakette) stand für die Genehmigung durch die Zensur (von den Regimegegnern wurden sie heimlich „Arschkriecher-Paraden“ genannt).
Das Jahr 1976 wurde von einer Art „Vorher und Nachher“ der Beija-Flor geprägt. Der Schule, die sich bis dato auf den mittleren Plätzen gehalten hatte, gelang mit dem Eintritt des Karnevalisten Joãosinho Trinta und der Direktorin für Harmonie, Laíla – beide Ex-Sieger bei der Salgueiro – eine brüske Wendung ihrer Geschichte. Die beiden Neuen entwickelten bei den Blau-Weissen das Thema „Sonhar com Rei dá Leão“ – im Mittelpunkt stand die illegale, aber äusserst populäre, Volkslotterie „Jogo do Bicho“ – für jene Zeit ein besonders originelles Thema. Man sparte nicht an Originalität und Luxus – und prompt stellte sich der Sieg ein: Beija-Flor verwies das „fantastische Quartett“ jener Zeit, bestehend aus Portela, Império Serrano, Mangueira und Salgueira von ihren gewohnten vorderen Plätzen als sie Champion wurden!
Dies war der Anfang einer wahren ästhetischen Revolution beim Karneval von Rio. Weil die Tribünen des Publikums von der ebenen Erde in immer höhere Sphären hinaufwuchsen, schuf Joãosinho Trinta entsprechend höhere allegorische Wagen, die so „vertikalisiert“ einen neuen Karnevalsstil prägten. So eroberte die Beija-Flor gleich zwei neue Titel in Folge: 1977 mit dem Thema „Vovó e o rei da Saturnália na corte egipciana“ (Oma und der König vom ägyptischen Hof) und 1978 mit „A criação do mundo na tradição nagô“ (Die Schaffung der Welt in der Nagô-Tradition) – mit einem ihrer schönsten Samba-Songs.
In den 80er Jahren erlebte Beija-Flor unvergleichliche Momente: 1986, zum Beispiel, begannen ihre Mitglieder die Parade auf der Marquês de Sapucaí bis zu den Knien im Wasser wegen eines starken Gewitters, welches sich just während der blau-weissen Parade entlud. Das schlechte Wetter konnte allerdings nicht verhindern, dass die Beija-Flor Vice-Champion wurde! 1989 machte Joãosinho Trinta Geschichte mit der schockierendsten Allegorie, die je über die „Avenida“ flaniert war: dem Bettler-Christus aus dem Thema „Ratos e urubus, larguem a minha fantasia“ (Ratten und Geier, lasst mein Kostüm los“ – man könnte es auch als . . . „schleicht euch aus meiner Fantasie“ interpretieren) – dies war eine Antithese auf den charakteristischen (und oft kritisierten) Luxus seiner üblichen Paraden.
Die Potenz von Nilópolis bestätigte sich auch in den kommenden Jahren. Ab der 90er Jahre war die „Königin des Laufstegs“, wie man Beija-Flor nunmehr nannte, stets unter den ersten fünf Plätzen präsent – ausgenommen im Jahr 1992, als Joãosinho in Nilópolis seinen letzten Karneval unterschrieb. Maria Augusta Rodrigues und Milton Cunha gaben eine Zeit lang den Ton an – und, obwohl mit unterschiedlichen Stilelementen, gelang es ihnen doch, eine der bedeutendsten Charakteristika der Schule zu bewahren: ihr grandioses Auftreten.
1998 wagte die Beija-Flor einen weiteren innovativen Schritt: Sie gründete eine Karnevals-Kommission, die von Laíla geführt wurde. Sämtliche Aufgaben, welche vorher von der Figur eines „Karnevalisten“ zentralisiert und verteilt worden waren, wurden ab sofort auf Profis verteilt, die sich von der Erarbeitung des Themas bis zur Montage der allegorischen Wagen um alles persönlich kümmerten – jeder in seinem spezifischen Bereich. Und diese Formel funktionierte: In diesem Jahr teilte sich Beija-Flor den Ersten Platz mit der Mangueira und seit dieser Zeit setzt sie auf das Zitat „Gemeinsam sind wir stark“.
Mit ihrer Arbeit im Team wurde Beija-Flor drei Jahre hintereinander Vize (von 1999 bis 2001) und Gesamtsieger weitere drei Male! Im Jahr 2007, mit dem Eintritt des Karnevalisten Alexandre Louzada, konnte die nilopolitanische Familie einen weiteren Doppelsieg feiern! 2009 unterlag Beija-Flor mit nur einem einzigen Punkt der Acadêmicos do Salgueiro und wurde undankbarer Zweiter.
Die erfolgsverwöhnten Kolibris, die sich nach den Titelgewinnen 2005, 2007, 2008 und 2009 mit dem zweiten Platz zufrieden geben mussten, wollten 2010 mit dem Motto „Brilhante ao sol do novo mundo, Brasília do sonho à realidade, a capital da esperança“ (Im Glanz der Sonne der Neuen Welt, Brasília vom Traum zur Realität, die Hauptstadt der Hoffnung) den ersehnten Titel erlangen. Die Zuschauer sahen eine Zeitreise von der Kolonisierung Brasiliens durch die Portugiesen bis zum Bau der neuen Hauptstadt vor genau 50 Jahren durch den damaligen Präsident Juscelino Kubitschek. So war die Präsentation auch eine Hommage an das Land selbst, die Flaggeninschrift Ordnung und Fortschritt wurde genauso thematisiert wie der Stolz, etwas weltweit Einzigartiges geschaffen zu haben. Der ersehnte Titel wurde es wieder nicht. Die Kolibris erreichten den 3. Platz der 12 besten Sambaschulen von Rio de Janeiro.
Mit einer Hommage präsentierte sich die Sambaschule 2011 dem Publikum im Sambódromo. Unter dem Motto „Die Einfachheit eines Königs“ zeichnete die Schule das bisherige Leben und Wirken des brasilianischen Künstlers und Komponisten Roberto Carlos nach. Der äusserst populäre Musiker war selbst auf dem letzten Wagen mit von der Partie und wurde von den Zuschauern euphorisch gefeiert. Zuvor waren viele Freunde und Kollegen an den Tribünen vorbei gezogen, darunter das Sertaneja-Duo Bruno e Marrone und die Samba-Sängerin Alcione. Der Sympathiebonus „Roberto Carlos“ war erfolgreich und der 12. Titel seit der Gründung der Schule im Dezember 1948 Tatsache.
Der Karnevals-Champion vom vergangenen Jahr paradierte 2012 auf der Marquês de Sapucaí im Gedenken an Joãosinho Trinta, dem Karnevalisten, der 15 Jahre lang der Schule angehörte und im Dezember vergangenen Jahres verstarb. Zu dieser Ehrung erinnerte die Schule an eine der polemischsten Kreationen jenes Karnevalisten: der “Cristo Mendigo“ (Christus als Bettler), aus der Karnevalsparade von 1989 unter dem Thema „Ratos e urubus, larguem minha fantasia“ (Ratten und Geier, lasst mein Kostüm los) – der damals in der Avenida Einzug hielt, verdeckt von einer schwarzen Plane, (weil sich die Katholische Kirche gegen die “Profanisierung“ ihres Symbols empört hatte und eine richterliche Verfügung erwirkte). Diesmal hatte man unter jener schwarzen Plane eine gigantische Statue von Joasinho selbst versteckt, die im Verlauf der Parade zur allgemeinen Überraschung des Publikums enthüllt wurde.
Die “Beija Flor“ versucht, ihren 13. Titel zu erobern mit dem Thema “São Luís, o poema encantado do Maranhão” (São Luís, reizendes Gedicht von Maranhão). Um die Geschichte der Hauptstadt des Bundesstaates Maranhão zu erzählen, hat der gegenwärtige Champion des Rio-Karnevals keine Mühen gescheut: Die Schule brachte, sage und schreibe, fünf Tonnen Muscheln zum Sambadrom – ausserdem reiste die Karnevals-Kommission nach São Luís do Maranhão, um dort das Thema folkloregerecht zu entwickeln. Zum 13. Titel reichte es 2012 nicht, die Beija Flor erreichten mit ihrer Präsentation den 4. Schlussrang.
Als Thema ihrer Parade hatten Beija-Flor 2013 “Amigo Fiel, do cavalo do amanhecer ao Mangalarga Marchador“ (Treuer Freund – vom Pferd des Morgengrauens zum Mangalarga Marchador) gewählt. Im Verlauf der Parade erklärte die Schule die Zucht des Mangalarga-Pferdes in Minas Gerais, sowie ein wenig aus der Geschichte im Hinblick auf die Pferde im Allgemeinen.
Im Themen-Samba sprach die Schule von der Eroberung der Zivilisationen, bis zur Ankunft der Pferderasse “Alter-real“ in Brasilien, zusammen mit der königlichen Familie aus Portugal.
Der Wagen “Abre-alas“ repräsentierte die Felsmalereien, aus denen die Bedeutung des Pferdes im Leben der primitiven Menschen bereits hervorgeht. Eine andere interessante Allegorie präsentierte das Trojanische Pferd, welches einst die Griechen zum Zeichen ihres Rückzuges vor den Toren von Troja zurück gelassen hatten.
Die Zigeunerwagen zeigte ein Fest in einem Camp. Auf ihm paradierten Mitwirkende einer Zigeuner-Kommune aus Nova Iguaçu, einem Ort in der Baixada Fluminense (Bundesstaat Rio), die ihre Tänze vorführten.
Andere Wagen waren “Estrada Real e o barão de Alfenas“, in dem Minas Gerais als Zentrum der Pferdezucht behandelt wurde – und “O florescer das grandes civilizações – Alexandre, o Grande“, der das Pferd, am Beispiel Alexanders dem Grossen und seinem unzertrennlichen Pferd “Bucéphalus“, als treuen Waffenbruder im Krieg auswies.
Für den Karnevalist André Cezari war nur der erste Platz gut genug, wie er in einem Interview erklärte. Mit den 299,4 Punkten wurde es am Schluss nur der 2. Platz hinter der Siegerschule Vila Isabel.
Das Thema 2014 ”O astro iluminado da comunicação brasileira” (Der erleuchtete Stern der brasilianischen Kommunikation), demonstrierte die Evolution der Kommunikation seit Mesopotamien, wo man zum ersten Mal schriftlich aus Papyrus-Material kommunizierte – weiter gings nach China, wo das Papier erfunden wurde, und nach Griechenland, wo das Gebet und die Redekunst gepflegt wurden.
Im Sektor Literatur erinnerte man an Gutenberg, der die Druckerpresse erfand. Hervorgehoben wurde auch das meist gelesene Buch der Welt, die Bibel. Ehrungen erfuhren des Weiteren die Radiokommunikation, mit Figuren wie Carmen Miranda, Maysa, Dorival Caymmi und Marlene.
Die Parade endete mit der aktuellen Kommunikation, unter Hervorhebung des Internets und der sozialen Netzwerke. Vor der Parade hatte die “Beija-Flor“ Pamphlete ausgeteilt, auf deren Titelseite der Samba-Text aufgedruckt war, die andere Seite war leer, jedoch mit der Anmerkung, hier eine Botschaft draufzuschreiben, die dann auf Gross-Bildschirmen projektiert werden sollte.
Der Vizemeister von 2013 feiert in diesem Jahr ihren 60-jährigen Geburtstag was die Schule gerne mit einem Titel gefeiert hätte. Die erhaltenen Punkte reichten am Ende für den 8. Schlussrang.
Die Samba-Schule aus Nilópolis konzentrierte sich beim Karneval 2015 auf die Kultur und die Seele Afrikas, ein Thema, welches der Blau-Weissen Schule bereits mehrere Titel eingebracht hat. Beija-Flor präsentierte das Thema: “Um olhar sobre a África e o despontar da Guiné Equatorial. Caminhemos sobre a trilha de nossa felicidade“ (Eine alte Erzählung: Ein Blick auf Afrika und der Aufbruch von Guinea Äquatorial – Wir wandern auf unserem Weg zum Glück).
Der Themen-Samba wurde dargeboten von der einzigartigen, markanten Stimme des Neguinho da Beija-Flor, der in diesem Jahr seine 40-jährige Karriere in der Schule feiern konnte.
Vor der Parade kam es zu einer polemischen Diskussion wegen des Sponsors der Beija-Flor, dem von ihnen gehuldigten afrikanischen Land, welches seit 35 Jahren unter der Diktatur von Teodoro Obiang Nguema Mbasogo leidet – seine Wirtschaft basiert auf der Ausbeutung von Ölquellen, deren Gewinn allerdings nur einer Elite-Minderheit zugute kommt.
Der Präsident der Beije Flor widersprach dem Vorwurf, dass die Regierung von Äquatorilguinea R$ 10 Millionen (3,3 Millionen Euro) in den Karneval der Schule investiert habe, gab aber zu, dass er einen Beitrag jenes Landes bekommen habe, dessen Umfang er jedoch verschwieg.
Polemik hin, Polemik her, die Parade der Beija-Flor liess die Politik beiseite und konzentrierte sich auf die Schönheiten und die Kultur des afrikanischen Landes mit einer starken Parade, aufsehenerregenden Allegorien und Kostümen, mit einem Überfluss an Masken, Muscheln, Federn und und.
Das Sambodromo wurde überflutet von einer Explosion der Farben, mit denen man die Riten, Gebräuche und die Bekleidung der Bewohner des kleinen afrikanischen Landes noch heute verbindet.
Die Parade endete dann mit einer Mischung der Völker und Bildung der brasilianischen Nation und der Verbindung zwischen Brasilien und Äquatorialguinea.
Das Thema Afrika brachte der Schule einmal mehr Glück und den insgesamt 13 Titel und die Karnevalskrone (Pokal).
Mit viel Luxus und barockem Überfluss hat die Beija-Flor 2016 das Leben und Wirken des Marquês de Sapucaí im Sambódromo Rio de Janeiros präsentiert. Nach dem Marquis ist die berühmte Avenida benannt.
Das Samba-Thema hiess dann auch: ”Mineirinho Genial! Nova Lima – Cidade Natal. Marquês de Sapucaí – O Poeta Imortal!” (Ein genialer Mann aus Minas Gerais! Nova Lima – die Geburtsstadt Marquês de Sapucaí – der unsterbliche Poet!)
Am Ende hatten die Vorjahressieger 269,3 Punkte auf dem Konto, was den 5. Schlussrang ergab.
Der 1865 von José Alecar veröffentlichte Klassiker der brasilianischen Literatur “Iracema“ hat die Grundlage für die Parade 2017 der traditonsreichen Beija-Flor de Nilópolis gebildet – “A Virgem dos Lábios de Mel – Iracema“ (Die Jungfrau der Honiglippen – Iracema).
Die Geschichte beschreibt eine Legende des Bundesstaates Ceará, eine Romanze des Kolonialherren Martim mit der Indiofrau Iracema und ebenso das Zusammentreffen der Natur mit der sogenannten Zivilisation.
Präsentiert hat die Sambaschule die Romanze in Form einer Oper mit imposanten Alegorien, wie der des Waldes, bei dem sich von Affen und Vögeln bevölkerte Bäume und Blätter bewegt haben.
Bei ihren Alas hat Beija-Flor es gewagt statt auf Einheitlichkeit auf Vielfalt zu setzen. So haben sich die Kostüme zu einem Thema in etlichen Details voneinander unterschieden. In den Kostümen sollen eine halbe Tonne Samen aus dem Nordosten Brasiliens verarbeitet worden sein.
Mit „Iracema“ erreichte Beija-Flor den 6. Schlussrang.
Beija-Flor de Nilópolis hat für ein schockierendes Spektakel gesorgt und Dramatik auf die Samba-Avenida gebracht. Sie hat es gewagt die Gewalt, die Armut, die enorme Ungleichheit, das marode Gesundheitssystem und die fehlende öffentliche Sicherheit darzustellen und dabei die Frage gestellt, wer das Monster ist – Monstro é aquele que não sabe amar. Os filhos abandonados da Pátria que os pariu (Ein Monster ist der, der nicht zu lieben weiss. Die verlassenen Kinder des Mutterlandes).
Ist die von Frankenstein geschaffene Kreatur das Monster oder ist es der Schöpfer selbst? Frankenstein kann dabei stellvertretend als die Regierung oder regierende Klasse verstanden werden.
Immer wieder tauchte die Habgier und Ausbeutung in Form von Ratten auf. Von einer gigantischen Ratte wurde auch das Gebäude des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras gezogen. Das thronte über überfüllten Gefängniszellen, in denen die Häftlinge mit Handys telefonierten. Über ihnen feierten die Verbrecher in Anzügen, nahmen ein Geldbad und zeigten sich sorglos.
Petrobras ist in einen der größten Korruptionsprozesse verwickelt, bei dem ein Schmiergeldschema von dutzenden, hochrangigen Politikern und den größten Baukonzernen und Fleischkonzern des Landes aufgedeckt wurde.
Auf ein wirkliches Happy-End wie eigentlich bei den Paraden üblich, hat Beija-Flor verzichtet. Alles nützt nichts, wenn das Volk nicht geliebt wird und stattdessen auf ihm herum getreten wird. Eine so harte Gesellschafts- und Politik-Kritik, wie von der Sambaschule präsentiert, ist für Brasilien ungewöhnlich.
Ein Happy-End gab es aber dann doch – Die Schule wurde Champion 2018 und das zu recht.
Die traditionsreiche Sambaschule Beija-Flor hat 2019 ein aufwendiges Schauspiel geliefert. (Quem não viu vai ver… As fábulas do Beija-Flor – Wer es nicht gesehen hat, wird sehen… Die Legenden der Beija-Flor).
Dieses Mal hat sie sich selbst und ihr siebzigjähriges Bestehen gefeiert. In 37 Alas haben die 3.500 Komponenten 33 verschiedene Enredos dargestellt, die von Beija-Flor in den vergangenen 70 Jahren auf die Samba-Avenida gebracht wurden.
Die Schule zeigte die Entstehungsgeschichte der Sambaschule aus Nilópolis. Geschehen ist dies unter anderem mit einem Riesen-Bildschirm auf dem Schwarz-weiß-Fotos aus den vergangenen sieben Jahrzehntes gezeigt wurden sowie von wichtigen Persönlichkeiten der Sambaschule.
Auch bei Beija-Flor hat es 2019 Sozialkritik gegeben. Der letzte der Allegorien war mit einer Versammlung der Ratten dem Thema “Ratos e Urubus“ (Ratten und Geier) gewidmet.
Beija-Flor ist aktueller Champion und dürfte auch dieses Jahr wieder mit zu den Favoriten unter den 14 Anwärtern auf den begehrten Titel gehören. Die Jury sah das anders, so dass es für Beija-Flor zum 11. Schlussrang reichte.
Mit luxuriösen Kostümen, prächtigen Allegorien und etlichen markanten Momenten hat Beija-Flor die Wege der Menschheit – Se essa rua fosse minha… – Wenn diese Straße meine wäre… ins Sambódromo gebracht. Dargestellt wurden diese von 3.200 Männer und Frauen, die in herausragenden Kostümen die Milchstraße verkörperten, die Seidenstraße, berühmte Handelsrouten und ebenso Pilgerwege. Den heiligen Wegen war auch einer der allegorischen Wagen gewidmet, in dessen Mitte ein stilisierter Kirchturm 25 Meter in die Höhe ragte.
Ein anderer allegorischer Wagen war mit “Pé de muleque“ überschrieben, “Fuß des Jungen“. Genannt wird so eigentlich eine Süßigkeit aus Erdnüssen. Die erinnert an die Hornhaut der Füße von Jungen, die barfuß über die Erdstraßen gelaufen sind. Erinnert wurde damit aber auch an die erste gepflasterte Straße Rio de Janeiros, die von Sklaven gebaut worden ist.
Auch die teilweise mehrere hundert Kilometer langen Wege der indigenen Völker Südamerikas über die Anden oder durch die Wälder zogen über die Samba-Avenida.
Nach dem Enredo Beija-Flors führen alle Wege letztlich ins Sambódromo Marquês de Sapucaí.
Die traditionsreiche Beija-Flor hat im vergangenen Jahr lediglich den elften Platz belegt. Mit ihrer aktuellen Darbietung reichte es für den 4. Schlussrang.
Das Thema 2022 von Beija-Flor (Empretecer o pensamento é ouvir a voz da Beija-Flor)
Nachdenken und auf die Stimme von Beija-Flor hören) – ein Beitrag der afrikanischen Völker zur Menschheit. Präsentiert hat die Schule einen ungewohnten Blickwinkel und ebenso gleichzeitig Kritik an Vorurteilen, Gleichgültigkeit und Rassismus geübt.
Das aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Vielmehr wurde die Geschichte aus der Sicht der schwarzen Völker und ihrer Intellektuellen erzählt und ein Fest der afrikanischen Kulturen präsentiert.
Gezeigt wurde das schwarze Volk als Quelle des Wissens, als direkte Nachfolger der ersten Zivilisationen der Menschheit und als Säulen der Welt. Beija-Flor erinnerte an die großen Leistungen der Menschen des afrikanischen Kontinentes, die ägyptische Philosophie, die Beiträge zur Mathematik und Astronomie und die Religionen.
Der 2020 in den USA aufgeflammte Protest Black lives matters war ebenso dabei. „Vidas negras importam“ (Schwarze Leben sind wichtig) stand auf dem Boden der Frontkommission, auf dem die Tänzer die Machtnahme durch die Weissen dargestellt haben. Beija-Flor hat mit ihrer Darbietung zum Nachdenken angeregt und die Schule auf den 2. Schlussrang gebracht.
Beija Flor hat sich 2023 einem interessanten Thema gestellt und eine außerordentliche Parade präsentiert «Brava Gente! O grito dos excluídos no bicentenário da Independência» (Brava Gente! Der Schrei der Ausgeschlossenen anlässlich der Zweihundertjahrfeier der Unabhängigkeit). Bei der ging es unter anderem darum, warum der Tag der Unabhängigkeit Brasiliens mit Militärparaden gefeiert wird und nicht mit dem Volk.
Schließlich war es die Bevölkerung, die für die Unabhängigkeit gekämpft und ihr Leben eingesetzt hat. Der Akt der Unabhängigkeit wird gemeinhin romantisiert dargestellt. Tatsächlich war es ein etwa fünf Jahre langer Prozess mit etlichen Kämpfen in verschiedenen Regionen des Landes. Bei denen hat sich unter anderem die Zivilbevölkerung organisiert und gegen europäische Armeen gekämpft. Der Kampf um den Sieg reichte nicht ganz es wurde der 4. Schlussrang.
Beija-Flor de Nilópolis folgte am Carnaval 2024 den Spuren ihrer Parade vom letzten Jahr und befasste sich erneut mit einem Thema im Zusammenhang mit der schwarzen Kultur. Diesmal widmete sich die Schule aus Nilópolis (RJ) der Handlung „Um delírio de Carnaval na Maceió“ (Karnevalswahnsinn in Maceió) von Rás Gonguila.
In mancher Hinsicht sah Beija-Flor aus wie Beija-Flor: schöne, gut gemachte Kostüme (der Karnevalist João Vitor Araújo gab sein Debüt an der Schule), große Wagen (mit gelegentlichem Wasserspeier und anderen unheimlichen Figuren), schließlich mit vielen gemischten Elementen und Farben. Beija-Flor erreichte mit ihrer Aufführung den 8. Schlussrang.