Musik zu hören, nachzudenken und zu fühlen…
Seit dem ich in Deutschland bin, berührt die Musik von zwei Brasilianerinnen in mir die Seele in diesem Land. Immer mit mehr Intensität und erstaunlicherweise immer mehr verwurzelt in unseren sprachlichen Ausdrucksformen. Es sind “Rosanna & Zélia”, leben in Deutschland, aber das Brasilianische, musikalisch und textlich, bleibt. Inklusive in der Seele desjenigen, der sie hört.
Durch ihr Interview, lädt Rosanna Tavares uns ein, näher zu kommen und sich faszinieren zu lassen…
Interview: Tãnia Gabrielli-Pohlmann ©
Deutsche Version: Tãnia Gabrielli-Pohlmann + Clemens Maria Pohlmann ©
Link: Rosanna & Zélia
Fotos Copyright by: Rosanna & Zélia
Eine Stimme erklingt nicht mehr. Nur die Erinnerung bleibt. Am 09. Oktober 2006 ist Rosanna Tavares ihrer schweren Krankheit im Alter von 45 Jahren erlegen. Eine Ehrung für die verstorbene Rosanna Taveres von Ivan Santos. |
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Die Reise von “Rosanna & Zélia”, begann im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais. Rosanna, wo bist Du geboren? Erzähle ein bisschen über das Leben in jenem so einladenden und gastlichen Land…
Rosanna Tavares
Ich bin im Inland von Minas Gerais geboren, in einer Stadt namens Nanuque, an der Grenze zu Bahia, wo die Einflüsse der Kultur Bahias sehr stark waren. Sehr häufig habe ich Xangai gesehen, der seine Gitarre spielte und zusammen mit meinem Vater “casos” erzählte. Mein Onkel hatte auch dort einen Eisladen, genau wie Xangais Vater. Das Leben war dort sehr ruhig, das Klima war sehr warm. Es gab das Fest vom Heiligen João, Barfuss. Wir lebten ganz bequem und frei, auf der Strasse spielend, oder in dem grossen Hoffen. Als ich 12 war, sind wir nach Itaúna umgezogen, ins Zentrum Minas Gerais, wo ich erst dann die wahre Kultur Minas Gerais und die Sprache Art und Weise gelernt habe.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
In deiner Kinderzeit, welche war deine Beziehung zur Musik? War es Dir schon irgendwie klar, dass Du diesem Weg folgen würdest?
Rosanna Tavares
Ich habe immer gerne gesungen, seit dem ich sehr klein war und, als ich 9 Jahre alt war, brachte mich meine Schwester zu einer Art Nachwuchs-Wettbewerb im Kino der Stadt, und ich liebte das, auf der Bühne zu sein und mit einer Band zu singen, obwohl ich sehr schüchtern war. Wir wiederholten das häufig und ich bekam viele Mal den Preis (1 Kg Kaffee…). Auch bei Feierlichkeiten in der Schule sang ich, und ich nahm es Ernst. Ich lernte die Texte der Lieder im Radio. Damals hörte ich viel Radio: Wanderlei Cardoso, Núbia Lafayete, Paulo Sérgio, Roberto Carlos und später die Novos Baianos, Ednardo und die Künstler aus Ceará. Danach hörte ich Gal Costa, Caetano Veloso. Als ich nach Itaúna umzog, lernte ich die Arbeit von Milton Nascimento, Clube da Esquina, Egberto Gismonti besser kennen. Ich glaube, irgendwie in dieser Zeit fühlte ich schon die Verbindung zur Musik ganz intensiv in mir.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Und wie ist “Rosanna & Zélia” entstanden?
Wir haben uns in der Schule in Itaúna kennen gelernt, als ich dorthin umzog. Wir schauten uns immerzu an, in dem Sinn “Wer ist dieses Mädchen mit einer Gitarre in der Hand?” und, kurz danach holte unser Chemielehrer ein paar Schüler verschiedener Klassen, um eine Theater- und Musikgruppe zu formieren. Da hatten wir unsere erste Erfahrung zusammen, aber damals noch nicht als “Rosanna & Zélia”.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Wie kam es zu der Entscheidung, nach Portugal zu gehen?
Rosanna Tavares
Wir wurden von zwei brasilianischen Musikern, die schon dort lebten, eingeladen, mit ihnen zu spielen. Da wir damals in einem Prozess der Wiederschätzung unseres musikalischen Vorhabens, da wir sehr Neugierig waren, uns selber besser zu kennen und unserer wahren Absicht der Musik gegenüber, andere Musik und Kulturen zu kennen und da Brasilien auch in einer Krise war, dann entschieden wir uns, dorthin zu gehen.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Und von dort nach Finnland??? Wie war es, in einem Land mit Klima und Kultur so unterschiedlich von dem unserem? Wie lange seid ihr dort geblieben?
Rosanna Tavares
Nach Finnland wurden wir auch eingeladen und zwar von einem finnischen Journalisten, der in einem Radio Nacional in Seynajoki arbeitete. Er sah uns in Portugal spielen. In Finnland hat er uns zwei Tourneen organisiert: ein Mal im Herbst und das zweite Mal eine längere als drei Monate im Sommer. Es war eine hervorragende Erfahrung für uns, sowohl musikalisch als auch beruflich gesehen. Wir beide waren dort ganz alleine, hatten viele Konzerte in verschiedenen Städten, gaben viele Interviews in Zeitungen, Zeitschriften, Konzerte mit Interviews im Fernsehen. Es war eine sehr andere Sprache und damals war unser Englisch nicht gut. Es war viele Information auf einmal, alles sehr professionell, und das Publikum war sehr schüchtern und süss. Sie sind auch sehr an andere Kulturen und Musik interessiert. Es hat mir sehr gut gefallen und wir haben dort immer noch viele gute Freunde. Ich glaube, ich werde diese Erfahrung nie vergessen.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Und dann aus Finnland nach Frankfurt? Wie war euer Ankommen, die Adaption? Habt Ihr euch in Deutschland schon eingelebt?
Rosanna Tavares
Unser Ankommen in Europa war schon sehr besonders. Wir hatten nie viel nachgedacht in Hinsicht auf die Existenz des Winters, anderer Kulturen, anderer Sprachen. Wir sind hierher von der Musik gebracht und irgendwie mit viel Naivität. Es ist klar, dass diese Unterschiede für uns ein Schock waren, aber gleichzeitig war es so, dass schon am Anfang der Kontakt mit Musikern und die Annahme unserer Musik von dem deutschen Publikum waren so positiv und stark, dass wir daher die Kraft hatten, um diesen Schock und unsere Akzeptierung dieser Kultur zu bearbeiten. Wir haben auch viel Kontakt mit Brasilien, wir fliegen jedes Jahr dahin und wir machen unsere Musik. Ohne das alles wäre es viel schwieriger.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Und in dieser Zeit hattet ihr auch künstlerisch Kontakt mit Brasilien?
Rosanna Tavares
Wir fliegen jedes Jahr nach Brasilien und bleiben dort zwischen zwei bis drei Monate. Meistens organisieren wir dort Konzerte, damit wir es spüren, wie das brasilianische Publikum in Brasilien reagiert. Auch dafür, nicht aus dem Markt zu sein. Seit dem Anfang unseres Aufenthaltes in Europa versuchen wir immer über die Musik Brasiliens aktualisiert zu sein, sei es durch unsere Kontakte zu unseren Freunden, die auch Musiker sind, sei es durch das Internet, Zeitungen, Zeitschriften… Aber ich muss dazu sagen, dass es auch gut für unser kreatives Prozess ist, ein bisschen von der brasilianischen Musik isoliert zu sein. Das ermöglicht uns, unsere eigene Musik weiter zu machen und ohne den Druck der brasilianischen Medien.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Obwohl ihr sowohl privat als auch musikalisch eine riesige Erfahrung in verschiedenen Kulturen habt, bewahrt die Musik von “Rosanna & Zélia” die Elemente Brasiliens mit ganzer Kraft, Farbe und Schönheit. Wie seid ihr zu der Entscheidung zu diesem musikalischen Weg gekommen?
Rosanna Tavares
Es war keine rationale Entscheidung. Nach und nach entdeckten wir die Richtung, welche wir unserer Arbeit geben wollten, durch das Kreieren, das Hören und das Fühlen. Dann haben wir festgestellt, dass wir viele brasilianische Rhythmen nutzten, und sie gefielen uns sehr gut. Daher haben wir weiter darüber recherchiert und wir wurden immer von dem Reichtum der brasilianischen Musik und unserer Kultur bewusst. Es ist aber auch klar, dass durch so viele Reise mit Kontakt so vieler Kulturen, und durch das so nahes Erleben anderer kultureller Ausdrücke, bekamen wir auch davon gewissen Einflüsse, die wir irgendwie auch in unserer Musik inkorporieren, wie zum Beispiel in der Art und Weise der Arrangements.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Welche sind die Unterschiede der Reaktionen des Publikums, das euch kennt?
Rosanna Tavares
Hier in Europa ist das Publikum sehr gut informiert, bewusst und seriös. Von daher ist es schwierig, wenn man ein Konzert beginnt, weil man nie weiss, ob es ihnen gut gefällt oder nicht. Erst am Ende des Konzertes drückt es sich aus, dann entspannen wir uns und es kommt die Lust, alles wieder zu spielen. In Brasilien wollen die Menschen schon seit dem Anfang mitmachen, mitsingen. Aber die Reaktion der Menschen hier, in Brasilien, in Kanada, Finnland und anderswo ist so. Die Menschen brauchen etwas Zeit, um zu spüren, was los ist, oder einfach zu entspannen und etwas Anderes zu hören. Damit meine ich nicht, dass unsere Musik etwas Neues sei, sondern vielleicht die Art und Weise, wie wir sie präsentieren, besonders live. Es ist etwas, was nicht häufig und überall zu sehen ist. Es ist auch sehr lohnend, wie das Publikum immer uns näher kommt und unsere Arbeit immer intensiver geniesst.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Im Jahr 1993 nahmt ihr die Live-CD “Contra o Mau Humor” auf. Erzähle ein bisschen über diese erste CD, wo sie aufgenommen wurde.
Rosanna Tavares
Diese CD wurde live in der “Brotfabrik”, Frankfurt, aufgenommen. Es ging um ein Projekt von “Rosanna & Zélia” und “Bandacajá”. Diese Aufnahme war das Ergebnis drei Jahre intensiver Zusammenarbeit mit der Band. Wir spielten in einem europäischen Klubkreis. Die Band bestand aus vier brasilianischen und drei europäischen Musikern und, obwohl unser Repertoire lediglich brasilianisch mit MPB und eigenen Kompositionen, gab es auch Elemente des Jazz, brasilianischen Jazz. Dieses war eine sehr wichtige Zeit für unsere musikalische Entwicklung. Wir haben dabei viel über Arrangements, Improvisierung, Bühne usw. mit den Musikern der Band gelernt.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Ein Jahr später kam “Passagem”, die erste in Studio aufgenommene CD.
Rosanna Tavares
“Passagem” kam bereits von uns mit einem grossen Verlangen in uns heraus, zu unseren Wurzeln zurückzukehren, und unsere Arbeit auf das “Duo” zu konzentrieren. Obwohl diese CD Lieder enthält, welche wir schon seit vielen Jahren geschrieben hatten, spiegelt sie, meiner Meinung nach, ein sehr eigenes und innerliches Moment, und unsere Suche nach Brasilien, die Einsamkeit, die man in diesem alten Kontinent erlebt. Aber sie spiegelt auch das unglaubliche Gefühl, im Mittel der Welt zu leben, in einem sehr engen Kontakt mit Tausenden verschiedenen Kulturen, und die Musik der ganzen Welt zu sehen, hören und spüren. Es ist für mich eine existentialische CD.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Sowohl auf der CD “Coisário”, als auch auf der “Águas Iguais” existiert eine vorbildliche Mischung, die vom Folklore bis zum Jazz geht.
Rosanna Tavares
Diese Mischung hat mehr mit unserem musikalischen Geschmack zu tun, mit dem was wir immer hören, was alles bedeuten kann: alle Stile, Folklore oder ethnische Musik, Jazz, Rock, Pop, Techno. Ich höre gerne alles, was schön ist, was mich berührt, was mir wahrhaftig und original klingt, egal welcher musikalische Stil.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Die Texte enthalten auch ein sehr regionalen Wortschatz. Es sind Texte mit einer sehr bildlichen Sprache, mit delikaten Metaphern. Obwohl das deutsche Publikum die Texte nicht verstehen kann, schafft ihr es, durch die Interpretation, die Behaglichkeit, die Gemütlichkeit, die Emotion und die regionalen Elementen zu vermitteln. Wenn ihr die Texte schreibt, denkt ihr an die sprachlichen Barrieren?
Rosanna Tavares
Nein, würde ich sagen, aber vielleicht doch, aber unbewusst. Ich denke mehr an Brasilien als ans deutsche Publikum; ich denke an was die Menschen, die die Sprache verstehen, von den Texten finden werden. Ich denke, in Portugiesisch für ein Publikum zu singen, welches die Sprache nicht versteht, hat uns eine Notwendigkeit gebracht, um eine verschiedene Klangfülle zu entwickeln. Wir fingen an, einen Weg zu suchen, um das Publikum uns näher zu bringen. Ich glaube, wir haben quasi unbewusst, vielleicht sogar intuitiv, eine sehr grosse klangvolle Intensität entwickelt, um die Herzen der Zuhörer direkt zu erreichen, ohne durch die Texte an den Kopf vorbei zu kommen. Das kann man besser in den Live-Konzerten feststellen.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
“Coisário” vermittelt eine sehr tiefen Einblick in den Staat Brasilien. Die CD enthält Elemente der Musik der Indianer, der Afrikaner und der Lyrik aus Minas Gerais. Sie enthält die Feinheit und die Kraft der brasilianischen Rhythmen, die so markant sind. Sie enthält auch noch D. Zulmiram, die das klassische Lied “Cabecinha no Ombro” singt. Die Perkussion spielt eine sehr wichtige Rolle. Wie kamen Rosanna & Zélia dazu, der Perkussionistin dieser CD zu begegnen?
Rosanna Tavares
Ângela Frontera ist eine grosse Freundin von uns, eine grosse Drum-Spielerin und Perkussionistin. Sie spielt mit uns schon seit fast 10 Jahren. Wir haben uns hier in Frankfurt kennen gelernt. Sie kam, um uns eine Kostprobe zu geben, und seit dem haben wir uns nie mehr getrennt. Sie ist ein sehr wichtiger Teil der Band. Sehr musikalisch und spielt sehr ausdruckvoll. Es ist unglaublich: wir sind schon ein “Trio”! Paulinho Santos (Uakti) nahm an der CD als Gast teil. Wir kannten uns schon in Belo Horizonte, an der Fundação de Educação Artística, einer Musikschule in Belo Horizonte, wo wir studiert haben und wo die Workshops der UAKTI stattfanden. Als wir in Brasilien waren, um die Vorproduktion der CD “Águas Iguais” zu machen, ein Freund von uns, der Saxofonist Clebinho Alves, hat uns wieder in Kontakt mit Paulinho gebracht. Paulinho hat unser Material gehört und hat die Einladung zum Mitspielen angenommen – er hat die Lieder mit Groove und Farben ausgefüllt. Ausserdem, wenn wir beide mit Komponieren beginnen, probieren wir zu Hause viele Perkussionsinstrumente und “reisen” wir in Grooves, kreieren wir die Basis für die Musiken, die später besser definiert mit den Perkussionisten werden.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Wenn man ausserhalb des Vaterlandes lebt, hat man die Möglichkeit, die eigene Kultur wieder zu schätzen und sie “wieder zu entdecken”. Eure Musik spiegelt sogar diejenigen Details, die nicht wahrgenommen würden, falls wir in Brasilien wären. Sind sie die Wiederspiegelung der Erinnerungen, Spuren des Heimwehs?
Rosanna Tavares
Ich glaube ja, aber auch noch dazu unsere Neugierigkeit und der Fakt, dass wir uns freier ausserhalb des Vaterlandes fühlen, weil wir keine Beachtung dem Druck der brasilianischen Medien schulden. Von daher konnten wir alles nutzen, was wir wollten, was wir mögen. Wir konnten daher immer mischen, probieren – und Stoff dazu fehlt in Brasilien nicht.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Die CD “Águas Iguais” hat eine sehr starke und einprägsame Sprache, musikalisch inklusive. Auf dieser CD ist auch Ângela Frontera zu hören. Überhaupt, auf beiden CDs gibt es viel Reichtum, gut dosiert. Es gibt Bandoneon, Cello, Triangel,… Erzähle ein bisschen über den Prozess des Konzeptes dieser CD und der eingeladenen Musiker.
Rosanna Tavares
Normalerweise haben wir nicht viele Regeln weder beim Komponieren noch beim Arrangieren. Meistens machen wir die Lieder und beginnen zu Hause mit einem kleinen Kassettenrekorder aufzunehmen. Inzwischen fügen wir die kommenden Ideen hinzu. Dann fangen wir an, die Lieder den Musikern, die mit uns spielen, zu zeigen, damit sie durch das “Mitreisen” auch ihre Ideen hinzufügen und wir probieren alles, bis dass wir den Punkt erreichen, an welchem die Musik “rund” wird. Aber viele Sachen werden schon im Studio kreiert, in dem Moment der Aufnahme und viele Lieder reifen erst, nach dem die CD fertig ist, während wir auf Tour sind, und live spielen.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Ein weiteres beeindruckendes Detail auf euren CD’s ist die graphische Pflege der Booklets. Schöne und antike Fotos, beziehen erneut mit Minas Gerais. Die Blicke von euch Beiden, bringt die Idee von Geschichte, vom Register. Wer ist der schöne alte Mann, mit einem Hut aus Stroh und zahmem Blick, der den Prototyp des “Mineiros” spiegelt und der “Causos” gerne erzählt?
Rosanna Tavares
Das ist “Seu João”, der Vater von Zélia. Seu João ist so zu sagen sehr Mineiro” und der Protagonist des Liedes “Seu João”.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Die Musik integriert, vereinigt, ist von Sprache in vielen Situationen unabhängig. Auf der CD “Coisário” gibt es einen Track namens “Lady Multimelancólica”, welches auch in Partnerschaft mit Ivan Santos auf seiner CD “Songs from Nowhere” aufgenommen wurde. Ein Teil dieses Lied ist in Englisch. Habt ihr vor, irgendwann in Deutsch zu singen?
Rosanna Tavares
In diesem Moment habe ich diesen Anspruch noch nicht, aber manchmal geschieht es! Vor ca. vier Jahren habe ich ein Lied auf der CD der Band “DE PHAZZ” in Deutsch gesungen, als Gast. Aber in Deutsch zu schreiben, ich glaube zur Zeit noch nicht…
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Die Melancholie, die in manchen Lieder dargestellt wird, hat mehr mit der Introspektion aus Minas Gerais oder mit dem Leben ausserhalb Brasiliens zu tun?
Rosanna Tavares
Ich glaube, es hat mehr mit uns selber zu tun. Klar, wir sind “Mineiras”, und die “Mineiros” haben diese introspektive Seite, aber ich glaube, es ist eine Sache meiner Seele. Für mich, die Melancholie hat einem Blickwinkel der Anschauung, die ich kultiviere.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Wurden diese CDs auch in Brasilien ausgeliefert?
Rosanna Tavares
Leider wurde keine dieser CDs bisher in Brasilien auf den Markt gebracht. Das ist unser grosser Traum: einen Weg finden, um unsere CDs auf dem brasilianischen Markt zu veröffentlichen, aber laut dem europäischen Label ist es noch viel zu kompliziert, mit Brasilien zu handeln, wegen Bürokratismus, Steuern usw.. Aber wir versuchen immer neue Kontakte, und immer wenn wir in Brasilien Konzerte geben, nehmen wir unsere CDs mit und verkaufen wir etwas dort, oder lassen wir ein paar bei CDs Läden von Freunden von uns.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Die Musik von “Rosanna & Zélia” wird bestimmt in den brasilianischen Radios nicht gespielt. Wie schätzt Du das Programm der brasilianischen Sender ein?
Rosanna Tavares
Das Niveau ist meiner Meinung nach niedriger geworden. Es gibt doch noch Radiosendungen, in welchen man noch schöne Sachen hören kann, aber die meisten Sendungen sind viel zu kommerziell, und das nicht nur in Brasilien, sondern in der ganzen Welt. Es ist Schade, da es dem Publikum eine falsche Idee vermittelt, dass nichts Neues oder Interessantes gemacht wird, und das ist nicht wahr. Es gibt viele Menschen, die sehr gute Arbeit machen und es gibt auch viele Menschen, die verrückt nach ihrer Musik sind und die es sehr gerne hören würden, aber.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Und die Frage der brasilianischen Prototypen und Klischees? Der “Mineiro”, genau wie der “Paulistano”, hat eine ruhige Natur, instrospektiver im Wesen. Sogar in seiner Art und Weise des Komponierens, des Schreibens. Ist es schwierig, das alles den Europäer zu erklären?
Rosanna Tavares
Am Anfang war es für uns viel schwieriger und es war auch notwendiger dem Publikum es zu erklären, das die brasilianische Musik viel mehr ist, als was sie davon kennen. Mehr als Samba, Bossa Nova, Karneval. Heute zu Tage und Gott sei Dank kennen viele Menschen unsere Musik, sie kennen unseren Stil, wenigstens in Deutschland, was es uns einfacher machte. Heute zu Tage sind wir auch viel sicherer was wir machen, und daher werden unsere Erklärungen mehr als dekorativ angesehen, als Hilfe dabei, dem Publikum
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Und was hörst Du hier?
Rosanna Tavares
Immer habe ich Verschiedenes gehört, ein bisschen von Jedem, wenn ich es schön finde, was mich berührt, unabhängig von musikalischem Still. Ich höre immer noch viel brasilianische Musik, diese neue Welle der deutschen Musik, Björk, Maria João, Arto Lindsay, David Byrne.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Und nun die brasilianische Literatur. Was liest Du?
Rosanna Tavares
Manoel de Barros, Cecília Meireles, Adélia Prado, Chico Buarque, Guimarães Rosa, Arnaldo Antunes, João Cabral, João Ubaldo Ribeiro…
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Und im Allgemein…
Rosanna Tavares
Saramago, Mia Couto, Fernando Pessoa, Biografien…
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Ist es möglich, Brasilien in ein paar Wörter zu definieren?
Rosanna Tavares
Das ist die grösste Widerspruch, die ich kenne! Brasil heisst viel Leben, Bewegung, Pulsieren!
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Gibt es schon Projekte für eine neue CD?
Rosanna Tavares
Ja, momentan arbeiten wir an den Kompositionen und haben schon mit den hausgemachten Vorproduktion begonnen.
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Auch für das brasilianische Publikum?
Rosanna Tavares
Wer weiss??? Das möchten wir sehr gerne!!!!!
Tânia Gabrielli-Pohlmann
Welches ist die soziale Rolle des Künstlers, besonders des brasilianischen Künstlers?
Rosanna Tavares
Ich denke, die soziale Rolle des Künstlers ist nach dem Bewussten zu suchen, bewusst zu sein und durch seine Kunst, dem Publikum bewusst zu machen. Die Kunst per se ist sozialistisch, sie vereinigt, sie vereinigt Völker, Kulturen, sie vereinigt uns mit der Natur, sie bricht Barrieren, Vorurteile und Konzepte, sie weitet…