Die Maku Völker, zu denen das Indiovolk der Hupda zählt, leben im Nordwesten vom Rio Guaviare (einem der kolumbianischen Zuflüsse des Rio Orinoco), im Norden vom Rio Negro, im Süden vom Rio Japurá und im Südosten vom Rio Uneiuxi (einem der brasilianischen Zuflüsse des Rio Negro).
Hupda
Andere Namen: Maku, Pohsá, Peoná, Wirapoyá Sprache: Sechs Sprachen aus der Maku-Familie Population: 2.603 (2005) Region: Nordwesten Amazoniens |
INHALTSVERZEICHNIS Name, Sprache, Lebensraum, Bevölkerung Geschichte des Erstkontakts Gesellschaftliche Organisation Alltag eines Maku-Dorfes Politische Organisation Kunst, materielle Kultur und Spiele Kosmologie und Mythologie Ritual und Schamanentum Zeitgenössische Aspekte |
DIE VÖLKER DER MAKU
Ethnien: Hupda, Yuhupde, Dow, Nadöb, Kakwa, Nukak (die letzten beiden leben nur in Kolumbien)
Unter den Bewohnern der Region, sowie in der ethnografischen Literatur über den Nordwesten Amazoniens, ist der Unterschied zwischen den so genannten “Flussindianern“ (der linguistischen Familien “Tukano“ und “Aruak“) und den “Waldindianern“ (der linguistischen Familie “Maku“) inzwischen zum gängigen Begriff geworden. Während erstere sich als Ackerbauern qualifizieren, die ihre Dörfer an den navigierbaren Strömen errichtet haben, pendeln die Maku zwischen den einzelnen Wasserscheiden hin und her, setzen sich auch periodisch einmal an Stellen fest, an denen sie vorteilhafte Bedingungen zur Jagd vorfinden, oder zur Schlichtung ihrer internen Konflikte: “Wenn sich unsere Leute missverstehen, dann verteilen wir uns auf die Weite des Regenwaldes und warten dort, bis unsere Wut verraucht ist“.
Name
Es existiert keine Selbstbezeichnung vom Gesamtvolk der Maku. In der Realität sind sie in sechs einzelne, unterschiedliche Gruppen unterteilt, jede von ihnen mit ihrem eigenen Lebensraum, eigener Sprache und Selbstbezeichnung.
Selbstbezeichnung | Andere Namen | Lebensraum („zwischen den Flüssen…“) |
1.) Nukak | Maku | Guaviare und Inírida (Kolumbien) |
2.) Bara, Kakwa | Maku, Pohsá, Boroa, Wirapoyá | Uaupés und Papuri (Kolumbien) |
3.) Hupda | Maku, Pohsá, Peoná, Wirapoyá | Papuri und Tiquiê (Brasilien, Kolumbien) |
4.) Yuhupde | Maku, Pohsá, Peoná, Wirapoyá | Tiquiê und Traíra (Brasilien, Kolumbien) |
5.) Dow | Maku, Kamã | Curicuriari und Negro (Brasilien) |
6.) Nadöb, Kabori | Maku, Guariba Tapuya, Xiruai | Negro und Japurá (Brasilien) |
Mit Ausnahme der Bara, die es vorziehen, sich selbst als „Irara“ zu bezeichnen, anstatt als „Kakwa“ (Leute), ausserdem die Kabori, eine Untergruppe der Nadub, die sich selbst „Kabori“ (Knaben) nennen, gebrauchen alle anderen Maku-Indianer den Terminus „Leute“ in ihrem entsprechenden Sprachgebrauch als Selbstbezeichnung. Der Terminus „Maku“, aus der linguistischen Aruak-Familie, bedeutet einerseits „Diener“ andererseits auch „Wilder“, und wird von den Maku-Völkern wegen seiner offensichtlich diskriminierenden Bedeutung abgelehnt. Wir behalten diesen Ausdruck hier bei, weil er sich in der ethnografischen Literatur eingebürgert hat, und weil es auch keinen anderen Terminus für die Gesamtheit dieser Ethnie gibt. In Bezug auf die anderen Namen bedeutet „Boroa“ und „Pohsa“ ebenfalls „Diener“ im Sprachgebrauch der Dahséa und der Cubeo – beide aus der Familie Tukano. Der Terminus „Peoná“, aus dem Tukano, bedeutet „Herren der Wege“, eine Anspielung auf die Tatsache, dass die Maku nicht per Kanu reisen, wie alle anderen Indianer dieser Gegend, sondern zu Fuss durch den Wald sich fortbewegen. Der Terminus „Wirapoyá“, eine Bezeichnung der Desana (Untergruppe der Tukano) um die Maku in ihrer Nachbarschaft zu benennen, bedeutet „verdorbener Desana“. Wir ignorieren die Herkunft der Bezeichnung „Kamã“, deren Bedeutung ebenfalls diskriminierend ist. Die Bezeichnung „Guariba“ wird von den lokalen Bewohnern des Gebiets der Nadub benutzt, in Anlehnung an den Aberglauben, dass jene Waldbewohner Nachkommen jenes Primaten, des Brüllaffen, seien. Der Terminus „Xiruai“ (Schwager) in der Lingua Geral (Nheengatu) ist eine freundschaftliche Bezeichnung mit der die lokale Bevölkerung im Gebiet der Nadub sich auf diesen Maku-Ableger bezieht. Infolge des Einflusses der regionalen Indianer-Bewegung des Rio Negro ab der Mitte der 80er Jahre, sind solche diskriminierenden Bezeichnungen, wie Boroa, Pohsá, Wirapoyá, Kamã, Guariba und auch Maku, auf dem Weg der Abschaffung – aber bisher hat man noch keine anderen neutralen Termini für sie finden können.
Sprache
Die sechs Maku-Sprachen ähneln einander und bilden, so kann man sagen, die linguistische Familie Maku. Soweit man weiss, hat diese Familie nicht gemeinsam mit den Tukano- oder Aruak-Familien, wenn wir von ein paar Zufälligkeiten und wenigen Leihwörtern absehen.
Praktisch alle Maku sprechen noch ihre eigene Muttersprache. Wegen ihrer Nähe zu den Tukano, können die Maku aus dem Gebiet des Rio Uaupés (Bara, Hupda und Yuhupde) sich auch in deren Sprache artikulieren – der „Multilinguismus“ dieser Region ist unter vielen Indianern dieser Region die Regel. Auf der anderen Seite stellen die Tukano als Volk eine gewisse Kulturbarriere für die Maku des Rio Uaupés dar, denn diese agieren als Mittler im Kontakt mit den Weissen, und dadurch können sich nur etwa 20% der Maku in der portugiesischen oder spanischen Sprache ausdrücken. Die Nukak, die erst spät kontaktiert wurden (1988) sprechen nur ein wenig Spanisch und kaum etwas einer anderen Sprache als ihrer eigenen. Hingegen die Dow und Nadöb, seit einem antiken Erstkontakt im 18. Jahrhundert und ohne Tukano-Barriere in ihrer Nachbarschaft, verstehen sich gut in Portugiesisch und „Nheengatu“ zu artikulieren, (der Lingua Geral des Amazonas, welche von der Mehrheit der Flussbewohner des Mittleren und Unteren Rio Negro gesprochen wird).
Die Maku-Sprachen wurden von verschiedenen Wissenschaftlern studiert. Bara (Kakwa), Hupda, Yuhupde und Nadöb von den Missionaren der SIL, die Sprache der Dow von den Missionaren der ALEM. Trotz alledem brachten diese Studien keine effizienten Instrumente hervor, um auf ihnen eine zweisprachige Erziehung aufbauen zu können – eine Forderung, die von den Maku immer dringender verlangt wird, in berechtigter Reaktion auf die Hegemonie der Dahséa-Sprache (Tukano) in den regionalen Schulen, die von den Distrikten unterhalten und von den katholischen Salesianer-Missionaren geleitet werden.
Lebensraum
Die Maku verteilen sich auf ein Gebiet, welches im Nordwesten vom Rio Guaviare (einem der kolumbianischen Zuflüsse des Rio Orinoco), im Norden vom Rio Negro, im Süden vom Rio Japurá und im Südosten vom Rio Uneiuxi (einem der brasilianischen Zuflüsse des Rio Negro) begrenzt wird. Diese „Raute“ hat eine Gesamtfläche von 20 Millionen Hektar. Natürlich ist sie nicht in ihrem Gesamt von den Indianern besetzt. Die grosse räumliche Verteilung der sechs linguistischen Maku-Gruppen innerhalb dieser enormen Fläche resultiert aus ihrem vorherrschenden Bestand von „Caatinga-Savanne“ und „Campinarana“ – einem lockeren Festlandswald mit extrem armem Boden, nur geringer vegetativer Varianten und ebenso geringen Konzentrationen von jagdbaren Tieren. Die Maku besetzen also vorzugsweise solche „Streifen“ des Festlandes, in denen sie mehr Tiere für die Jagd und eine reichere Vegetation an nützlichen Spezies vorfinden, die sie zur Ernährung oder zur Konfektion von Utensilien nutzen können.
Die menschliche Besetzung des Gebiets zu präkolumbianischer Zeit ergab sich wahrscheinlich in zwei Etappen: Zuerst setzten sich die Maku in den Zonen zwischen den Flüssen fest, auf den Streifen des „Festlandes“ – danach kamen die Aruak- und die Tukano-Völker, die sich auf den Steilufern der Flüsse etablierten, mitten im „Igapó“ (niedere Flussuferlandschaft, die periodisch überschwemmt wird, von April bis September). Der schon antike Kontakt zwischen diesen Völkern unterschiedlicher Sprachen, jedes in seinem ökologisch unterschiedlichen Lebensraum, resultierte in einem komplexen System kommerziellen und symbolischen Tauschhandels, über das wir später noch berichten werden.
Auf brasilianischer Seite wurden erst kürzlich fünf Indianer-Territorien offiziell registriert: Alto Rio Negro, Mittlerer Rio Negro I, Mittlerer Rio Negro II, Rio Téa und Rio Apapóris, die zusammen eine Fläche von 10,6 Millionen Hektar kontinuierlicher, aneinander grenzender Fläche ausmachen. Die Gruppen der brasilianischen Maku, das sind die Hupda, Yuhupde, Dow und Nadöb, verteilen sich auf die zwischen den Flüssen liegenden Terrains dieser Gesamtfläche, mit Ausnahme des IT „Mittlerer Rio Negro II“. Die folgenden Beschreibungen gelten vor allem für die Maku vom Rio Uaupés (den Bara, Hupda und Yuhupde) und basieren auf den ethnografischen Aufzeichnungen von Silverwood-Cope (1990), Reid (1979) und Pozzobon (1984, 1992). Die Maku des Rio Uneiuxi und Paraná Boá-Boá findet man bei Schultz (1959), Münzel (1969) und Pozzobon (1998).
Bevölkerung
Die zirka 3.000 Maku verteilen sich auf ein riesiges, binationales Territorium, daher ist es relativ schwierig, die Gesamtbevölkerungszahl zu ermitteln. Wegen ihres Aufenthalts im Dschungel zwischen den Wasserstrassen – für Wissenschaftler und Missionare gleichermassen schlecht zugänglich – sind die bisherigen Schätzungen, die zwischen 2.000 bis 2.500 schwankten, sehr oberflächlich und taugen nicht dazu, die demografische Dynamik zu beurteilen. Die gegenwärtigen Studien demografischer Schwankungen unter einem bestimmten Volk der Maku, den Hupdu, erlauben aber wenigstens provisorisch anzunehmen, dass es sich um eine stabile Bevölkerung handelt, die weder bedeutend zu- noch abgenommen hat in den letzten Jahrzehnten (Pozzobon, 1998). Auf der anderen Seite sind eventuelle Wechsel durch Heirat mit benachbarten Gruppen zahlenmässig unbedeutend, wegen dem niedrigen Status der Maku im intertribalen System der Region.
Selbstbezeichnung | Bevölkerung | Jahr | Quelle |
1.) Nukak | 378 | 1995 | Franky et al. (1995) |
2.) Bara, Kakwa | ± 300 | 1969 | Silverwood-Cope (1990) |
3.) Hupda | ± 1,500 | 1997 | Pozzobon (1997) |
4.) Yuhupde | 370 | 1997 | Pozzobon (1997) |
5.) Dow | 78 | 1994 | Oliveira/Meira/Pozzobon 1994 |
6.) Nadöb, Kabori | ± 600 | 1995 | ISA (1996) |
Gesamt | ±3,226 |
Geschichte des Erstkontakts
Die Kargheit der dominanten Campinarana-Landschaft, ergänzt durch den Überschwemmungs-Charakter der Flüsse, war einer der Haupthindernisse für die Expansion der portugiesischen und spanischen Pionierfronten, welche sich um diese Region schon im 17. Jahrhundert stritten und an verschiedenen Punkten des Rio Negro Militärcamps errichteten, von wo aus die gefangenen Indianer in die urbanen Zentren (Barcelos, Manaus um Belém) verschifft wurden. Ab dem 18. Jahrhundert verstärkten sich jene Gefangenen-Transporte derart, dass sogar von den Maku, in ihren versteckten Territorien zwischen den Flüssen, einige ihrer Mitglieder in Gefangenschaft gerieten und als Sklaven abtransportiert wurden. Aber die Analyse kolonialer Dokumente erlaubt die Schlussfolgerung, dass sie unter allen Eingeborenen der Region das durch die Sklaverei am wenigsten betroffene Volk gewesen sind. Auch von den während des „Gummi-Booms“ üblichen Gewaltakten, gegen Ende des folgenden Jahrhunderts, waren sie kaum betroffen. Im Gegenteil, der Gummi-Boom war wahrscheinlich einer der Gründe, durch den die Maku sich mit ein paar Praktiken des Ackerbaus vertraut gemacht haben: Nachdem die Tukano sich einer Gefangennahme durch die Latex-Sammler entzogen hatten, indem sie in den Wald zwischen den Flüssen flüchteten, wo sie eine Zeit lang mit den Maku zusammen lebten, zeigten sie ihren Gastgebern die Anpflanzung der Maniokwurzel, und machten sie mit einer ganzen Reihe von weiteren Errungenschaften ihrer materiellen und spirituellen Kultur vertraut, die wir noch behandeln werden.
Im Jahr 1914, mitten in der wirtschaftlichen Stagnation, ausgelöst durch das „Gummi-Debakel“, erscheinen die Salesianer-Missionare auf der Bühne, ein katholischer Orden, der die „Erziehung“ der Indianer in die Hand zu nehmen gedachte. Sie bekamen den Zulauf aller an den Flussufern wohnender Indianer der brasilianischen Seite, von Seiten der Maku jedoch erwuchs ihnen grosser Widerstand, denn die weigerten sich, ihre Kinder in die Internate der Missions-Zentren zu schicken. In den 70er Jahren machten die Salesianer dann ein paar Experimente mit Missions-Dörfern, ohne die Maku (siehe auf den folgenden Seiten). Die Goldsucherei – welche sich in der Mitte der 80er Jahre in diesem Gebiet zu entwickeln begann, einer Zeit, in der es der indianischen Bewegung gelang, die Invasoren mit Unterstützung des Ministeriums und der Bundespolizei hinauszuwerfen – hat die Maku wiederum wenig betroffen, denn die Goldschürfer hielten sich vorzugsweise an den Uferterrains auf. Die einzige Schürfstelle auf dem Festland – im extremen Süden des „IT Alto Rio Negro“ – wurde bereits 1986 von dem Minenunternehmen Paranapanema wegen zu geringer Produktivität wieder eingestellt. Und mit der Intensivierung der Indianerbewegung, Anfang der 90er Jahre, wurde das Gold nur noch von den Indianern selbst extrahiert.
Gesellschaftliche Organisation
Die traditionellen Maku-Dörfer schwanken zwischen 25 und 30 Personen – zirka 6 Haushalts-Gemeinschaften. Eine solche besteht aus dem Ehemann, der Ehefrau oder Ehefrauen, unverheirateten Söhnen und eventuellen Angenommenen, die nähere Verwandte sein können, Witwer oder Unverheiratete des Mannes, der Frau oder der Frauen. Im Allgemeinen besitzt jede Haushalts-Gemeinschaft ihre eigene Feuerstelle, um die herum sich ihre Mitglieder versammeln, zum Essen und Schlafen. Was die Häuser betrifft, so begnügen sich die Maku mit so genannten „Tapiris“ – Schutzdächer ohne Wände, die einer bis vier Haushalts-Gruppen Schutz und Feuerstellen bieten, welche untereinander durch verwandtschaftliche Bande verbunden sind, die sowohl patri- als auch matrilateral sein können. Ein Dorf von 25 Bewohnern hat in der Regel zirka 3 Häuser bzw. Schutzdächer. Die befinden sich auf einer Lichtung, auf dem Gipfel eines Hügels, in der Nähe eines kleinen Flüsschens oder Baches (nicht navigierbar). Die Felder verteilen sich rund um die Häuser oder befinden sich auf nahe gelegenen Lichtungen (zwischen 5 bis 60 Minuten Fussweg). Oft sind sie auf ehemaligen Dorflichtungen angelegt. Jede Haushalts-Gruppe besitzt durchschnittlich 2 Felder von 50 x 50 Metern Fläche, stets auf Lichtungen der Allgemeinheit.
Ein Agglomerat von nah beieinander gelegenen Dörfern – etwa 1 Stunde bis 1 Tag zu Fuss voneinander entfernt – bilden eine regionale Gruppe. In der Regel spricht jede dieser Gruppen einen unterschiedlichen Dialekt derselben Sprache. So unterteilt sich jede linguistische Maku-Gruppe mindestens in zwei regionale Dialektgruppen. Zum Beispiel die Hupdu unterteilen sich in drei regionale Gruppen (mit drei Dialekten), voneinander getrennt durch navigierbare Wasserläufe, deren Ufer von „Flussindianern“ bewohnt werden. Die erwachsenen Mitglieder derselben regionalen Dialektgruppe kennen sich alle beim Namen, und sie kennen auch die verwandtschaftlichen Bindungen untereinander. Wo hingegen sie nur geringe Kenntnisse über ihre Nachbarn haben, die andere Maku-Dialekte sprechen, und mit denen sie keinen genetisch vorzeigbaren Verbindungen haben. Mit anderen Worten, die regionale Dialektgruppe ist eine Verflechtung von stark endogamem Charakter. Die mittlere Zahl von endogamen Eheschliessungen – zwischen Personen, die in der gleichen regionalen Gruppe geboren sind – beträgt 80%. Die Grösse einer regionalen Gruppe im Gebiet des Rio Uaupés beträgt 260 Personen – etwa 10 benachbarte Dörfer.
Das Territorium einer regionalen Dialektgruppe resultiert aus ihrer Platzierung innerhalb verschiedener aufeinander folgender Jagd-Territorien, jedes rund um ein Dorf. Die Männer eines Dorfes von 25 bis 30 Einwohnern pflegen innerhalb eines Radius von 7 bis 10 Kilometern zu jagen. Vom Dorf aus führen eine Reihe von Wegen in alle Richtungen – einige verbinden verschiedene Maku-Dörfer miteinander, andere führen zu Dörfern von Flussindianern, und wieder andere führen zu Jagdcamps. Jedes Dorf besitzt im Durchschnitt 8 solcher Camps in einem Radius von 7 bis 10 km Entfernung. Wenn ein Dorf die Obergrenze von 30 oder 40 Einwohnern übersteigt, dann teilt es sich in zwei oder mehr Dorfgemeinschaften – denn bei so vielen Menschen sind die Jäger gezwungen, sich weiter als 10 km zu entfernen, um genügend Beute zu machen. Eine lange Zeit des Dorfes auf einem Platz (zirka 5 Jahre) ist ebenfalls ein Motiv für seine Verlegung, um den Jagdbezirk dadurch ebenfalls zu verändern und neue Jagdgebiete zu erschliessen.
Alltag eines Maku-Dorfes
Die Frauen erheben sich bei Tagesanbruch, nehmen ein Bad im Flüsschen und bereiten das gemeinsame Frühstück der Männer zu, welches in den meisten Fällen im Haus des Anführers stattfindet. Danach gehen die Männer für sich allein, paarweise oder in Gruppen ihrer Wege, hängt von den Fährten ab, die sie am Vortag entdeckt haben (Wildschweine sind zum Beispiel gute Beute für eine kollektive Jagd). Nachdem sie gegangen sind, essen die Frauen zusammen mit den Kindern und begeben sich gleich hinterher aufs Feld, wo sie Maniok ernten oder neu pflanzen. Gegen Mittag sind sie zurück und bereiten Maniokmehl, Brei und Fladenbrot zu. Gegen drei Uhr am Nachmittag kommen die Männer zurück mit ihrer Beute und übergeben sie ihren Frauen. Jede von ihnen kocht auf ihrer eigenen Feuerstelle, aber die dann folgende Mahlzeit wird gemeinsam eingenommen, im Haus des Anführers – die Männer essen zuerst, gleich danach ihre Frauen und Kinder. Danach folgen noch etwa drei oder vier Mahlzeiten bis zur Schlafenszeit (gegen 21 Uhr), die aber eher innerhalb der Wohngemeinschaft stattfinden und individuellen Charakter haben. Im Alltag haben die Aktivitäten der Männer einen eher schlappen Rhythmus – immer wieder unterbrochen von langen periodischen Ruhepausen in Hängematten – während die Frauen auf den Feldern, bei der Zubereitung der Mahlzeiten und dem Sammeln von Feuerholz besonders hart arbeiten.
Aber die Frauen beschweren sich auch kontinuierlich über die Faulheit ihrer Männer. Und diese, ihrerseits, streiten oft untereinander und bezichtigen sich gegenseitig des Geizes, weil sie nicht freigebig genug die mageren Resultate ihrer täglichen Jagd verteilen. Wenn eine solche Situation unerträglich wird, trennen sich die Wohngemeinschaften und verteilen sich auf verschiedene Jagdcamps – solche Trennungen können zwei bis drei Tage oder einen Monat dauern (wenn man solche „Auszeiten“ zusammenzählt, kommt man auf etwa vier Monate pro Jahr, in denen die Wohngemeinschaften es vorziehen, sich von ihrem „Dampfablassen“ zu erholen). In den Jagdcamps drehen die Frauen den Spies um: während ihre Männer bis zu 12 Stunden ununterbrochen auf der Jagd sind, räkeln sich die Frauen in den Hängematten. Und alle essen dann gemeinsam, Jäger, Frauen und Kinder.
Innerhalb weniger Tage im Jagdcamp haben die Männer viel mehr Beute gemacht als ihre Haushalts-Gruppen konsumieren können. In diesem Fall pflegen sie sich zu entschliessen, ins Dorf zurückzukehren, um ein Fest zu veranstalten, das in der Regel alten Groll beschwichtigt – oder neuen provoziert. Oder sie entschliessen sich, den Überschuss an Wild bei den Flussindianern gegen Maniokmehl, „Ipadu“ (Kokablättern zum Kauen) und Fladenbrote einzutauschen. In diesem Fall kann es vorkommen, dass einige Haushalts-Gruppen sich entscheiden, eine Weile weg zu bleiben (einige Tage bis einen Monat) – dann helfen sie den Flussindianern bei ihrer Arbeit, auf dem Feld oder beim Hausbau.
Die Relation zwischen den Maku des Uaupés und ihren Flussnachbarn, die Tukano sprechen, ist ziemlich hierarchisiert: die einen werden von den andern wie „Sklaven“ behandelt. Jedoch entspricht dies eher einer ethnischen Ideologie, denn der effektiven gesellschaftlichen Praxis. Es steht den Maku frei zu gehen – sie stabilisieren oder unterbrechen solche Relationen der „Sklaverei“ mit verschiedenen Flussdörfern gleichzeitig. Auf der anderen Seite werden die Felder der Maku, selbst 80% weniger produktiv als die der Flussindianer und nicht in der Lage, den Eigenverbrauch der Maku zu decken, auf diese Weise geschont. In Wirklichkeit akzeptieren die Maku jene vorübergehende „Knechtschaft“, wegen der vielen Vorteile, die sie ihnen bringt: sie haben Zugang zu den kultivierten Produkten, ohne sich deshalb mit den Konsequenzen der notwendigen Sesshaftigkeit auseinander setzen zu müssen, die für eine Produktion wie die der Tukano unumgänglich wäre (zirka 10 Tonnen Maniokwurzeln im Jahr pro Haushalts-Gruppe – während die Maku nicht einmal 3 Tonnen zusammenbringen).
Politische Organisation
Mobilität ist für die Maku lebenswichtig, schon wegen ihrer Sitte, Konflikte durch eine „Verteilung auf die Landschaft“ zu regeln. Es gibt keine Führer oder ein Ältestenrat, die Missverständnisse regeln würden – und die sind relativ häufig unter den Bewohnern eines Dorfes. Der Führer des Dorfes ist nichts weiter als ein Gastgeber und Koordinator von kollektiven Jagdausflügen. Er ist in der Regel ein Mann mittleren Alters, noch stark mit viel Jagderfahrung, um den sich fünf oder sechs Haushalts-Gruppen sammeln, deren Köpfe ihre Söhne oder Schwiegersöhne sind. Er hat keine Autorität um zu richten, wer nun Recht und wer Unrecht hat. Ein Führer, der so was versuchen würde, bekäme selbst Schläge oder würde mitansehen müssen, wie ihn die meisten seiner Söhne und Schwiegersöhne verlassen. Also besteht die einzige Lösung in einer zeitlich begrenzten Entfernung der streitenden Parteien voneinander, um eine Spaltung des ganzen Dorfes zu verhindern. Aber je nach Schwere des Konflikts ist manchmal auch eine Spaltung unausweichlich: dann kehren die Haushaltsgruppen nicht mehr in ihr Dorf zurück, sondern werden in einem Nachbardorf aufgenommen, wo sie nahe Verwandte haben, oder sie gründen ein neues Dorf.
Die lokalen Gruppen (Dörfer) der Maku präsentieren eine bilaterale Komposition: es wohnen sowohl die Söhne als auch die Schwiegersöhne des Anführers zusammen. Die Basis der Männerfreundschaft ist das Verhältnis zwischen Schwägern, das heisst, zwischen Männern die ihre Schwestern getauscht haben. Doch der Begriff „Schwestern“ ist in einem weiteren Sinn zu verstehen. Die Vokabel dieses Grades der Verwandtschaft ist vom dravidianischen Typ: er gründet auf der gegenseitigen Teilnahme von für die Heirat verbotenen Cousins (parallele Cousins, das sind Söhne von Geschwistern desselben Geschlechts) und den bevorzugten für eine Heirat (das sind „gekreuzte Cousins“, das heisst Söhne von Geschwistern verschiedenen Geschlechts). Unter den Maku ist das dravidianische Vokabular assoziiert mit einem System von patrilinearen, exgamen Clans. Es besteht eine Übereinstimmung zwischen dem Vokabular und der Klassifikation der Clans: so wie die Cousins zweigeteilt werden in „Brüder“ (die parallelen) und „Schwager“ (die gekreuzten), werden die Clans in „Bruder-Clans“ und „Schwager-Clans“ klassifiziert, sodass das Universum der Verwandten zweigeteilt ist – sowohl vom Standpunkt des Vokabulars als auch von dem des Clan-Systems. Auf diese Weise sind Männer Freunde (Co-Bewohner, Jagdkollegen) die reale oder klassifizierte Schwestern unter sich getauscht haben. Die stabileren lokalen Gruppen (Dörfer) sind jene, die folgende Komposition aufweisen: eine Gruppe von Schwägern versammelt um einen Mann mittleren Alters, Schwiegervater von einigen, Vater von den anderen.
Es gibt weder politische Parteien, korporative Altersgruppen oder einen Ältestenrat unter den Maku. Sie unterteilen die Personen in drei Altersstufen (in der Hupdu-Sprache): die „Dowdu“ (Grünen = Kinder) – die „Wudndu“ (Gereiften = Erwachsene) und die „Wuhudndu“ (Trockenen = Alten). Die Anführer eines Dorfes befinden sich in einer Zwischenstufe, innerhalb von Wudndu und Wuhudndu. Jene letzten, die fast immer auch die Funktion von Schamanen haben, sind auch die allgemeinen Namensgeber. Um den Namen eines Kindes zu finden, macht sich der Alte auf die „Reise“ (mittels eines Halluzinogens des Typs „Banisteriopsis“) bis in die Welt der Vorfahren. Dort konsultiert er sie hinsichtlich des Kindsnamens. Jeder Clan besitzt ein Repertoire von Namen, sodass der Eigenname bereits die Identität des Clans der Person verrät, sowie seinen matrimoniellen Status (ob „Bruder“ oder „Schwager“) in Relation auf die andern.
Kunst, materielle Kultur und Spiele
Im Vergleich mit ihren Nachbarn, den Tukano- und Aruak-Völkern, besitzen die Maku nur eine rudimentäre materielle Kultur, die man als ihre „originale“ bezeichnen kann. Kanus, rituelle Bänkchen, Keramik-Töpfe, Körperbemalung und heilige Flöten für die männliche Initiation, unter anderen, sind alles Dinge, die sie von ihren Nachbarn kopiert haben. Originale Utensilien aus ihrer eigenen Kultur scheinen der „Aturá“ (ein sehr widerstandsfähiger Transportkorb) und das Blasrohr zu sein. Dieses allerdings ist das Instrument von begehrten Schiesswettbewerben, besonders unter den Nadöb. Andere beliebte Spiele bei den Maku sind die „pfeifende Schleuder“ – gemacht aus einer mit Löchern versehenen Nuss und einem Griff vom „Paxiúba“, die Jagd auf Tauben mit Steinen und gewisse Mutwilligkeiten mit Tieren: ein Mann räkelt sich in der Hängematte, schlägt die Zeit tot und gibt währenddessen seinem zahmen Tukan und gleichzeitig seinem Jagdhund je ein Stück Fladenbrot, um sich köstlich zu amüsieren, wenn der Tukan dem Hund schmerzhafte Schnabelhiebe auf die Schnauze versetzt, um seinen Rivalen zu vertreiben. Kinder vergnügen sich damit, herumstreunenden Hunden brennendes Reisig an die Schwänze zu binden, um sie bei ihrer verzweifelten Flucht zu beobachten, während alle Leute im Dorf sich ausschütten vor Lachen. Dazu kommt ihre besondere Vorliebe, den andern zu verspotten, inklusive bei Vergleichen von Penis und Vulva – mit vielen spöttischen Metaphern und hänselnden Kommentaren – ausserdem mit hänselnden Kommentaren des Kollektivs, in hoher Fistelstimme, über antike heimliche Liebschaften.
Kosmologie und Mythologie
Das Universum der Maku hat die Form eines aufgestellten Eies, mit drei Stockwerken oder „Welten“: 1) die „Welt der Schatten“ – unterirdisch, aus der alle „Monster“ stammen, wie Skorpione, Jaguare, Giftschlangen, die Flussindianer und die Weissen. 2) „unsere Welt“, das heisst, der Wald und 3) die „Welt des Lichts“ – über dem Himmel, wo die Vorfahren leben und der Schöpfer, der „Sohn des Knochens“ (mögliche Anspielung auf den Penis, den sie ebenfalls Knochen nennen). Licht und Schatten sind die beiden basischen Substanzen, aus denen sich alle Wesen zusammensetzen, in unterschiedlichen Proportionen. Licht ist die Quelle des Lebens. Schatten ist die Quelle des Todes. In „unserer Welt“ sind Blätter und Früchte die Wesen, welche das meiste Licht in sich konzentrieren, und die Fleischfresser sind die, mit dem meisten Schatten. Deshalb ist es besser, keine Fleischfresser zu verzehren – sondern Pflanzenfresser. In der Welt des Lichts, nach dem Tod, ernähren sich die Personen von delikaten Fruchtsäften und verwandeln sich in ewige Jugendliche.
Der bedeutendste mythologische Zyklus der Maku erzählt das Epos des Sohnes des Knochens – „Idn Kamni“ in der Sprache der Bara, „Kegn Teh“ in der Sprache der Hupda, „Ku Teh“ in der Sprache der Yuhupde. Es handelt sich um den Überlebenden eines Grossbrandes, der einer vorhergehenden Schöpfung ein Ende machte. Sein Versuch, die Welt wieder zu erschaffen, zieht eine Reihe von Ungelegenheiten nach sich: deshalb existieren Streit, Krieg, Krankheit und Tod. Nachdem ihm seine Frau von seinem jüngeren Bruder geraubt worden ist, zieht sich der „Sohn des Knochens“ definitiv aus dieser Welt zurück, um in der Welt des Lichts zu wohnen – über dem Himmel und dem Donner, der manchmal seine enttäuschte Stimme imitiert. Zufall oder nicht, im richtigen Leben streiten sich Brüder im Allgemeinen ebenfalls um dieselben Frauen, ihre Verwandten, je nach dem jeweiligen Clan-System.
Ritual und Schamanentum
Zwei andere Maku-Rituale bedienen sich Halluzinogenen des Typs „Banisteriopsis“. Eins davon ist das „Jurupari-Ritual“ – es stammt von den Flussindianern, mit dem die Knaben initiiert werden, das heisst, den Erwachsenenstatus empfangen. In diesem Ritual, das aus einer theatralischen Repräsentation der Ankunft einer Anakonda-Schlange aus dem Reich der Vorfahren besteht, spielen die Männer die heiligen Flöten, die von den Frauen nicht gesehen werden dürfen. Das andere Ritual ist der Gesang des „Kaapi wayá“ – ebenfalls entlehnt von den Flussindianern, in dem der Weg der Anakonda inszeniert wird, ohne die heiligen Flöten. Ausserdem gibt es das „Dabocuri“-Fest, eine profanes, unterhaltsames Besäufnis, das unter den Maku regelmässig in Streit, Klopperei mit Knüppeln und wüstem Geschrei ausartet, deren Konsequenz – ausser vielen Beulen und Blutergüssen – eine Verteilung der Mitbewohner auf die verschiedenen Jagdcamps ist, oder sogar eine definitive Spaltung der Dorfgemeinschaft.
Was das Schamanentum betrifft, so kann man sagen, dass alle älteren Maku als Schamanen eingestuft werden. Und zwar in zwei Kategorien: die Beter (Bididu) und die Jaguar-Männer (Nyaam hupdu). Erstere heilen durch Gebete. Letztere durch die Extraktion des Bösen mittels der Suktion. Häufig übt dasselbe Individuum beide Funktionen aus. In jedem Fall haben die anderen Dorfbewohner vor einem solchen Schamanen keinen Respekt, wie man meinen könnte, im Gegenteil, er ist sogar bevorzugte Zielscheiben von Spott und Hänselei. Manchmal wird er auch von den andern angeklagt, Unglück und Krankheit verursacht zu haben, dann ziehen die betroffenen Personen weg von dem Dorf oder „bleiben im Wald, bis ihr Unglück vorbei ist“.
Zeitgenössische Aspekte
Der hierarchische Charakter zwischen den Tukano und den Maku hat abgenommen, dank der Arbeit lokaler Indianer-Organisationen und der Einflussnahme der Salesianer-Missionare, die sich bemühen, unter den lokalen Stämmen Gleichheit und Solidarität zu verbreiten. Doch diese Aufwertung der Maku brachte einige Schwierigkeiten mit sich. Während der 70er Jahre, in der Absicht ihnen Alphabetisierung und medizinische Assistenz zuteil werden zu lassen, entschieden die Missionare in ein paar Missions-Dorfgemeinschaften (der Ausdruck wurde von Athias 1995 eingeführt), die vorher verlassen worden waren, exklusiv Maku zu konzentrieren – die bekanntesten Beispiele sind „Santo Atanásio“ am Flüsschen Japu, mit 240 Bewohnern, und „Nova Fundação“, am Flüsschen Cucura, mit 164 Bewohnern – beide in der Uaupés-Region.
Einerseits erleichtert solche Organisation den Zugang zu medizinischer Assistenz und die Einführung ländlicher Schulen, auf der anderen Seite präsentiert sie Probleme, die kaum zu lösen sind. Das erste ist die Ernährung. Wie wir gesehen haben, streifen die Jäger eines Dorfes mit nur 25 Einwohnern in einem Radius von sieben bis zehn Kilometern umher. Wenn die Bevölkerung des Dorfes zunimmt, erweitert sich notwendigerweise aus der Radius der Jäger. Anstatt vier Stunden pro tag zu laufen, müssen sie jetzt sechs oder mehr Stunden auf den Beinen sein, um ihre Familien zu ernähren. Mit der Zeit wird dies impraktikabel – wie viel mehr für die Jäger der Missions-Dorfgemeinschaften: sie müssten viele Tage umherstreifen, um genügend Fleisch für eine so grosse Bevölkerung heran zu schaffen. In Konsequenz machen solche Missions-Dorfgemeinschaften periodische Hungerkrisen durch.
Um das Problem in den Griff zu kriegen, stimulierten die Missionare eine Bildung von Weideland und spendeten Rinder. Jedoch, abgesehen von der Tatsache, dass die Rinder nicht genug Fleisch liefern, um die Jagd zu suspendieren, forciert die Rinderzucht eine räumliche Konzentration und die Sesshaftigkeit dieser Indianer. Wie wir gesehen haben, lösen sie ihre internen Konflikte, indem sie sich auf andere Dörfer verteilen oder auf ihre Jagdcamps. Jetzt aber möchten sie ihre Rinder nicht sich selbst überlassen, während ihre „Wut im Wald verraucht“. Sie bleiben also da, trotz ihrer Missverständnisse. In Konsequenz nehmen Streit und Schlägereien zu und sind gewalttätiger – einige resultieren in Totschlag. Heutzutage geben die Missionare zu, dass die Missions-Dorfgemeinschaften „keine gute Sache für diese Indianer sind“. Aber sie stehen vor einem Dilemma: die Präfektur von São Gabriel da Cachoeira stimmt einem Unterhalt von Schulen innerhalb einer Kommune von weniger als 15 Kindern nicht zu – aber es gibt in einer traditionellen Maku-Gemeinschaft keine 15 Kinder im Schulalter.
Ein anderes Problem der Missions-Dorfgemeinschaften ist die Ernte des Schilfs für die Dachbedeckung (Caranã). Eine Missions-Dorfgemeinschaft verbraucht in kurzer Zeit die entsprechenden Ressourcen ihrer Umgebung. Als Lösung des Problems haben die Missionare zusammen mit der Präfektur Zinkbleche verteilt, welche die Hitze innerhalb der Behausungen über die Massen steigern. In der Regenzeit kontrastiert diese Hitze enorm mit der Kühle der Nacht. Und dieser grosse thermische Unterschied erleichtert und vertieft die Krankheiten der Atemwege, deren Verbreitung durch das dichte Miteinander auf wenig Raum ebenfalls erleichtert wird. Wenn also auf der einen Seite jene Missions-Dorfgemeinschaften leichter medizinisch zu betreuen sind, so fördern sie doch ganze Krankheitsepidemien und damit brauchen sie auch wesentlich mehr medizinische Betreuung als die traditionellen Dörfer.
Nach den Daten des „Saúde Sem Limites“, einer GON, die unter den Maku des Uaupés tätig war, ist die Gesundheit derselben äusserst prekär, es gibt viele Fälle von Tuberkulose, Trakoma und Verminosen (Cf. Athias 1995). Im Gebiet des Apapóris sind die Maku Opfer von periodischen Malariaanfällen, denn im Gegensatz dazu, was im Allgemeinen für den Rio Negro gilt, ist die Malaria endemisch in diesem Gebiet (Cf. Pozzobon, 1997). In der Umgebung von São Gabriel da Cachoeira wiederum, sind die Maku Opfer des Alkoholismus geworden – besonders die Dow – ausserdem leiden sie unter konstanter Unterernährung, infolge des Rückgangs der Waldgebiete im Umkreis der Ortsgrenzen.
Sie sind auch diejenigen, welche sich als leichte Opfer für die so genannten „Regatões“ anbieten (amazonensische Händler in Booten, welche die native Produktion von Lianen, Latex, Hanffasern etc. mit Gütern bezahlen). Sie halten, und das hat Tradition, die Indianer in der ewigen Schuld, und sie verteilen „Cachaça“ (Schnaps), um so ihre Ausbeutung zu garantieren.
Die Versuche der Missionare, die Gesundheitsprobleme der Maku in den Griff zu kriegen, haben sich als fruchtlos erwiesen und werden es bleiben, solange sie nicht von ihrer Idee Abstand nehmen, die Maku zu überreden, sich in jenen viel zu grossen Missions-Dorfgemeinschaften sesshaft niederzulassen. Wie wir wissen, leistet ihre Zusammenpferchung, ausser konstantem Ernährungsmangel aus den aufgeführten Gründen, vor allem Krankheiten und Epidemien Vorschub. Und weil das so ist, wird eine medizinische Betreuung, die auf einer Sesshaftmachung der Maku beruht, sämtliche Probleme, die sie lösen möchte, eher noch vertiefen.
Weitere Probleme bringt die Arbeit auf den Feldern für die Maku mit sich. Die wenigen Waldlichtungen sind schnell überlastet und ihre Böden ausgelaugt – folglich sind neue Felder immer weiter vom Dorf entfernt. Dies zwingt die Frauen zu sehr langen Fussmärschen durch den Wald, auf dem Rückweg mit Lasten von 30 bis 40 Kilogramm Maniok auf dem Rücken – etwas, das bei den Tukano-Frauen nicht anfällt, denn sie transportieren die Wurzeln per Kanu, denn jedes ihrer Felder liegt am Ufer eines navigierbaren Flusses.
Und zum Schluss möchte ich noch einen bedeutenden politischen Aspekt erwähnen, der mit der Sesshaftmachung und der räumlichen Konzentration der Maku einhergeht. Wie allgemein bekannt ist, wurden die Indianer-Territorien der Rio Negro Region erst vor kurzem endgültig demarkiert und offiziell registriert. Dabei wurden die grossen zusammenhängenden Räume zwischen den verschiedenen Flusssystemen durch die dortige Anwesenheit der Maku begründet. Deshalb bilden sie in ihrer traditionellen (in kleinen Gruppen auf die Fläche verteilten) Lebensweise die Schlüsselfiguren für Schutz und Bewachungsstrategien dieser inneren Waldflächen. Danach gibt es keine „demografischen Leerräume“ in den interfluvialen Territorien, sondern Flächen, die zyklisch von den Maku benutzt werden. Also riskiert ein vorangetriebener Sesshaftmachungs-Prozess mit räumlicher Konzentration dieser Indianer, die These der „demografischen Leere“ zu bestätigen, und das gefällt natürlich jenen Elementen, die diesem Gebiet eine „nicht-indianische Zukunft“ wünschen, um in ihm ungehindert „landwirtschaftliche Kolonien“ und „National-Wälder“ zu implantieren, wie es auch vom Projekt „Calha Norte“ schon vorgesehen war.
Offensichtlich, dass ein Respektieren ihrer traditionellen Verhaltensmuster hinsichtlich der räumlichen Besetzung eine Alphabetisierung in ihrer eigenen Sprache und ihre medizinische Versorgung (wie es die brasilianische Verfassung von 1988 vorschreibt) schwieriger gestalten. Aber dieses Problem sollte man eher als Herausforderung denn als Hindernis ansehen – denn dieselbe Verfassung verlangt auch, die Sitten und Gebräuche eines jeden Indianervolkes zu respektieren. Gerade weil die Maku ein Volk sind, das lange beträchtlich isoliert gegenüber Kontakten mit anderen Völkern gelebt hat und deshalb wenig Erfahrung auch in der Indianer-Bewegung mitbringt, ist es nötig, sie zu unterstützen. Es ist nötig, dass die Missionare, die Präfektur, die FUNAI, die Flussindianer, die Eingeborenen-Organisationen und die gegenwärtigen NGOs in dem Gebiet, zusammen mit den Maku, ein erzieherisches und sanitäres Programm erarbeiten, welches sich ihren Sitten und Gebräuchen anpasst – und nicht umgekehrt – mit mobilen Einheiten für die medizinischen und die schulische Betreuung.
Deutsche Übersetzung/Bearbeitung, Klaus D. Günther