Der Tuiuiú oder Jaburu (Jabiru mycteria) ist auch bekannt als Jabiru, Tuiuguaçú, Tuinim, Tuim-de-papo-vermelho (in Mato Grosso), Cauauá (in Amazonas), Tuiuiú-coral und Jaburu-moleque. Das Wort „jaburu“ in der indigenen Tupi-Sprache ist eine Anspielung auf die Art und Weise, wie der Vogel sich bewegt.
Er kommt vom der Norden Brasiliens bis São Paulo, Santa Catarina und Rio Grande do Sul vor, und von Mexiko bis Paraguay, Uruguay und Nordargentinien – wobei die größten Populationen im Pantanal und im östlichen Chaco von Paraguay heimisch sind. Vor allem in den Bundesstaaten Mato Grosso und Mato Grosso do Sul, gilt er als das Symbol des Pantanal.
Der Tuiuiú ist ein Vogel von robustem Körper, der Schnabel, dick und an der Spitze verjüngt, hat 30 cm Länge. Sein Hals ist schwarz und der Teil des Kropfes, der mit bemerkenswerter Elastizität ausgestattet ist, ist rot gefärbt. Die vorherrschende Farbe des Gefieders der erwachsenen Vögel präsentiert sich in Weiß.
Der Tuiuiú ist der größte flugfähige Vogel der Pantanal-Ebenen. Er gehört zu den Störchen, und als solcher fliegt er mit ausgestrecktem Hals und Beinen, im Gegensatz zu den Reihern, deren Hälse während des Fluges nach oben gestreckt sind. Mit einer Größe von bis zu 1,60m und einer Flügelspannweite von bis zu 3m (gemessen von einer Spitze eines offenen Flügels zur anderen) nutzt er die aufsteigende Warmluftströmung zum Fliegen.
Aufgrund seiner Größe und seines Gewichts braucht er einen ziemlich langen, anstrengenden Anlauf, bis ihn seine Flügel tragen – daher zieht er es in den meisten Fällen vor, sich zu Fuß von neugierigen Beobachtern zu entfernen, die ihm zu nahegekommen sind. Er legt jedoch auch größere Entfernungen im Flug zurück, wenn sich die lokalen Bedingungen aufgrund der natürlichen Schwankungen des Wasserkreislaufs ändern und die Nahrungsquellen knapp werden.
Seine Ernährung wird von Fischen, Schnecken und kleineren Reptilien gedeckt – frisch geschlüpfte Kaimane gehören ebenfalls dazu – gelegentlich frisst er auch Insekten und kleine Landwirbeltiere.
Seine Brutzeit fällt mit dem Niedrigwasser zusammen, das heißt, wenn der Wasserspiegel in der Trockenzeit sinkt – der Zeit des Überflusses an Nahrung, wenn viele Fische in den Lagunen, Buchten und Wasserlöchern eingeschlossen sind, was ihren Fang erleichtert. Zu dieser Zeit sind die kleinen Süßwasseraale (Symbranchus marmoratum) und der Traíra-Fisch (Hoplias malabaricus) die bevorzugte Beute der Jungtiere, ebenso wie die große Süßwasserschnecke (Pomacea maculata).
Die Tuiuiú-Nester gehören zu den größten Konstrukten, die von Vögeln des Pantanal gebaut werden und befinden sich in den höchsten Bäumen der jeweiligen Region – entweder umgeben von freiem Feld oder im Auwald, und werden jedes Jahr mit Ersatzmaterial ausgebessert und wiederverwendet. Die Nester wachsen auf diese Weise, bis sie im Durchschnitt einen Durchmesser von bis zu 1,85 m und eine Höhe circa 70 cm erreichen.
Es gibt sogar Aufzeichnungen über Nester mit einem Durchmesser von 3 m. Die Höhe der Nestanlage erreicht eine durchschnittliche Höhe von 11 m, mit Extremen zwischen 4 und 25 m. Die Nester bestehen außen aus dickeren Ästen und sind innen mit Gras und Wasserpflanzen ausgekleidet für die Ablage von 4 Eiern (selten 5), die 60 Tage lang bebrütet werden. Männchen und Weibchen wechseln sich bei der Bebrütung und der Versorgung des Nachwuchses ab.
Die Küken verlassen das Nest im Alter von 3 Monaten und folgen dann ihren Eltern bei der Nahrungssuche. Das Nest ist am Ende der Fortpflanzungszeit so festgetrampelt, dass es in der Lage ist, einen erwachsenen Menschen darauf zu tragen. Andere Vögel, vor allem de Caturrita-Sittiche, (Myiopsitta monachus), nutzen die Basis des Tuiuiú-Nestes, um darin ihre eigenen kleinen Nisthöhlen anzulegen. Man kann sagen, dass sie dem Tuiuiú angenehme Mitbewohner sind, denn sie erheben sofort ein warnendes Gezeter, wenn sich zum Beispiel ein Raubvogel dem Nest nähern sollte.
Für bodenbewohnende Räuber ist das Nest sowieso unerreichbar, denn es befindet sich in schwindelnder Höhe, vorzugsweise in der Krone eines Lapacho-Baumes (Ipê). Der Ipê ist einer der höchsten Bäume der Region und wegen seiner rauen Rinde und der offenen Krone eignet er sich besonders für Landungen und Starts des Tuiuiú, der diese Art auch zum Nisten bevorzugt.
Das Paar bleibt während des Fortpflanzungszyklus zusammen, führt Duetttänze auf und klappert mit seinen langen Schnäbeln, die bei den Männchen größer sind als bei den Weibchen. Bei diesen Gelegenheiten ist die Haut des Kropfes durch die Erhöhung der Blutkreislaufes noch stärker gerötet.
Das Pantanal brennt
Das Feuer wütet im Pantanal
Am Montag , dem 14. September 2020. riefen die Bundesstaaten Mato Grosso und Mato Grosso do Sul – Heimat des brasilianischen Pantanal-Gebiets – aufgrund der Ausbreitung von Feuer im Pantanal, den Notstand aus. Trotz der Maßnahmen der Regierung breitete sich das Feuer schnell aus. Die Situation hatte schwerwiegende Auswirkungen auf die lokale Fauna und Flora. Neben unzähligen zerstörten Bäumen gab es auch viele Tiere, die von den Flammen verkohlt oder schwer verletzt wurden.
Das Jahr 2020 gilt als eines der trockensten in der jüngeren Geschichte für das Pantanal, welches im Oberen Paraguay-Flusseinzugsgebiet liegt. In Hochwasserperioden überfluten die Flüsse des Oberen Paraguay-Beckens in der Regel Tausende von Hektar des Bioms. Zwischen Oktober und März gab es in der Pantanal-Region, einem wichtigen Feuchtgebiet der Erde, 40 % weniger Niederschlag als im Durchschnitt des gleichen Zeitraums in den Vorjahren.
Eine der möglichen Erklärungen für die Dürre ist nach Ansicht von Wissenschaftlern das als „fliegende Flüsse“ bekannte Phänomen, bei dem durch die im Amazonas entstehende Feuchtigkeitsströmung eine große Wassersäule entsteht, die auf dem Luftweg in weite Regionen Südamerikas transportiert wird.
Durch die gleichzeitige Zunahme der Brände in der Amazonasregion wird diese Wassersäule allerdings um 40% reduziert! Und als Folge einer der größten Dürreperioden der jüngeren Geschichte können sich Brände leichter ausbreiten als in früheren Jahren. Die Situation stellte die Teams, die an vorderster Front das Feuer im Pantanal bekämpften, vor fast übermenschliche Herausforderungen.
Die Flammen, die sich am Wochenende entlang der Autostraße BR-262 ausbreiteten, erreichten auch das Nest des Tuiuiú-Paares – der ganze Stolz der Bewohner des Fleckens Porto Murtinho und beliebtes Ausflugsziel der Touristen und Birdwatcher. Das Nest befindet hoch oben in der Krone eines Ipê-Baumes, direkt am Rand der Straße, hinter der Brücke über den Rio Paraguay.
Bei der Überprüfung der Verkehrslage auf der BR-262 stellte ein Team der Bundespolizei am Montagmorgen, dem 28. September fest, dass das Nest in Flammen aufgegangen war. Der Verdacht ist laut PRF, dass ein Funke von den Bränden das Nest erreichte, der Baum selbst wurde nicht getroffen.
„Wenn der Baum nicht abstirbt oder zerstört wird, kommen sie zurück oder suchen sich in der Nähe einen neuen Platz, um ihr Nest zu bauen. Die Tuiuiús sind in der Regel dem Nestbauplatz treu, Aber zum Glück gab es dort keine Küken, denn die Vögel hatten noch nicht gebrütet und würden es auch nicht tun, da es keine Nahrung oder Überschwemmungen gab, und sie sich dort in diesem Jahr wahrscheinlich nicht fortpflanzen würden“, meinte einer der Beamten und verwies auch auf andere von den Bränden betroffene Orte. „Stellen Sie sich vor, wie viele dieser Nester in dem gesamten verbrannten Gebiet des Pantanal zerstört werden.
Ein Ersatznest für den Tuiuiú
Nachdem das Tuiuiús-Nest Ende September 2020 durch ein Feuer vollständig zerstört worden war, wurde es im Oktober neben dem Baum, der es beherbergte, künstlich wieder aufgebaut. Am Wiederaufbau waren die Umweltstiftung Corumbá, “Embrapa Pantanal“, “Energy Concessionaire“ und “Projeto Arara Azul“ beteiligt.
Das künstliche Nest, das aus einer Metallkonstruktion besteht, wurde für die Aufnahme des Vogelpaares vorbereitet. Wegen seiner Tradition und Schönheit, sowie seiner Bedeutung, und als eine Form des Schutzes, erklärte das kommunale Dekret 964/2011, “dass der Ipê-roxo oder Piúva, auf dem das Nest des Tuiuiú ersetzt wurde, nicht gefällt werden darf, angesichts seiner symbolischen Bedeutung für die Unterstützung eines Nestes des Tuiuiú als Symbol-Vogel des Pantanal“.
Tuiuiús kehren zum Nest zurück
“Ich bin sehr froh, dass sie zurück sind. Es ist ein Zeichen der Wiedergeburt des Pantanals. Es war aufregend“. Mit diesen Worten definierte José-Mário den Moment, als er ein Paar Tuiuiús in dem künstlichen Nest beobachtete, das am Ufer der BR-262 gebaut worden war, nach dem Brand.
José-Mário, der Computertechniker ist und seit 2002 in Corumbá lebt, erklärt uns, dass das Auffliegen des Vogelpaares genau um 17:32 Uhr am Sonntag, den 16. Mai 2021, während seiner der Rückkehr von Campo Grande erfolgte.
„Ich war früh nach Campo Grande gefahren und kehrte am Nachmittag zurück. Ich glaube, dass es kein Zufall war, dass das Nest durch ein Feuer verzehrt wurde und man sich entschied, ein künstliches zu errichten. Ich blieb stehen und beobachtete, in der Hoffnung, dass die Tuiuiús dort sein würden. Meine früheren Beobachtungen hatten bisher nichts gebracht – und dann gestern, zum ersten Mal, entdeckte ich sie beide, wie sie ihr neues Nest inspizierten.
Es war ein enormer Glücksmoment für mich, und ich glaube auch für alle meine Mitbürger in Corumbá, denen ich später von meiner Beobachtung berichtete“, strahlte José.
„Als ich sie sah, hielt ich schnell das Auto an, aber ich zog es vor, nicht auszusteigen, da ich Angst hatte, sie zu erschrecken, und begann, Fotos, vom Innenraum meines Autos aus, zu machen. Die Beiden waren sehr ruhig, einer stand still und der andere ordnete Zweige am Nest.
Ich bin sicher, dass es das bereits bekannte Paar war, wegen der Ruhe, mit der sie sich verhielten. Es war eine Szene, die zu erleben eine Freude war, denn dieses Nest und die Vögel sind unser Erbe, auch unser Postkartenmotiv“, freut sich José-Mário.