Hydrografische Aspekte

Zuletzt bearbeitet: 29. Oktober 2013

Der Rio Amazonas (sein am Oberlauf benutzter Name „Rio Solimões“ wird inzwischen nicht mehr offiziell benutzt) ist weltweit bekannt als der Fluss mit dem mächtigsten Wasservolumen. Er wurde im Januar 1500 an seiner Mündung durch den Spanier Vicente Yanez Pinzon entdeckt. Er nannte ihn „Mar Dulce“ (Süsswassermeer) und die Entdeckung seines Verlaufs geht auf das Konto von Francisco Orelhana, der ihn von West nach Ost befuhr (1541) und ihm seinen Namen nach der Begegnung mit jenen kriegerischen Frauen an der Mündung des Rio Nhamunda, gab.

Der eigentliche Quellfluss des Amazonas ist der Rio Ucayali – und nicht der Tunguragua! Diese Feststellung macht ihn länger als den Nil auf 6.850 Kilometer. Er befördert mit seinem Hauptstrom 80.000 bis 90.000 Kubikmeter Wasser/pro Sekunde in den Atlantischen Ozean. Das gesamte Mündungsdelta in der Bucht von Marajó hat eine Ausdehnung von 200 km.

RioNegro23Der zweitwichtigste Fluss Amazoniens ist der Rio Negro. Vor seiner Entdeckung – ebenfalls durch Francisco Orelhana (am 3. Juni 1541) – wurde er von den lokalen Indianern „Iquiari“ und „Ipixuna“ genannt. Er entspringt in Kolumbien, auf 2 Grad nördlicher Breite, in der Gegend von „Popaiã“. Er hat eine Länge von 1.551 km, davon werden zirka 50 km von Stromschnellen und kleineren Fällen unterbrochen. Unter den Flüssen in Amazonien weist der Negro die meisten Inseln auf, wie zum Beispiel das Anavilhanas Archipel, an seinem Unterlauf, ein Labyrinth von kleineren und grösseren Inseln, wo sich auch erfahrene Bootspiloten und Waldläufer schon verirrt haben. Dort hatte sich der aufständische Indianer „Ajuricaba“ mit seinen Kriegern versteckt, um plötzlich über die eindringenden Portugiesen herzufallen. Unterhalb des Archipels befindet sich die riesige „Baia de Buiaçu“ in der die Legende die „Höhle der Riesenschlange“ (Cobra Grande) vermutet.

Das Wasser des Rio Negro ist dunkel, daher auch sein Name. Die ersten Chronisten bezeichneten es als „cor de alambre“. Das Sonnenlicht durchdringt seine Oberfläche nie tiefer als höchstens 5 m, dann verschlingt scheinbare Schwärze alles Licht. Wenige Kilometer unterhalb von Manaus mündet er in den Amazonas, allerdings ohne sich sogleich mit dessen lehmgelbem Wasser zu vermischen. Über 30 km weit, bis zum Ort „Puraquequara“ kann man die beiden Strömungen nebeneinander herfliessen sehen und die dunkle Strömung des Negro wird sogar von der gelben des Amazonas durch sämtliche Flussbiegungen gezwungen.

Dies ist das inzwischen weltbekannte Phänomen des „Meeting of the Waters“, welches wahre Touristenströme anzieht. Der Negro fliesst mit einer Geschwindigkeit von 2 km/Std. in seinem festen Bett, der Amazonas fliesst schneller, etwa 4,5 km/Std. in einem variablen Bett – je nach Überschwemmung oder entsprechendem Ablauf der überschwemmten Regionen – und erzeugt bei der Aufnahme des Negro Wasserwirbel, die das Wasser scheinbar zum Kochen bringen.

Der Amazonas ist, wie schon gesagt, die „Mittelgräte“ oder der zentrale Nervenstrang dieses grössten hydrografischen Netzes der Erde. Zuflüsse, Nebenflüsse und Abflüsse bereichern mit hellen und dunklen Wassern diese Netz. Seine wichtigsten Zuflüsse am linken Ufer und innerhalb des Amazonas-Territoriums, sind:

Der Içá oder Putumayo, der Japurá oder Caquetá, der Negro oder Ipixuna, der Nhamundá oder Jamundá. Am rechten Ufer sind es: der Javari, der Jutaí, der Tefé, der Quari, der Purus und der Madeira.

Einige dieser Flüsse verursachen in ihrem Verlauf sogenannte „geografische Veränderungen“, wie zum Beispiel:
AREIA GULOSA

In der Sprache der Indianer „Pataquera“ – so genannter „Treibsand“. Gefährlich für Mensch und Tier.

ARROMBAMENTO
Ein Wasserdurchbruch, wenn die Gewalt des Stroms den meandrischen Verlauf durchbricht und einen neuen Flussverlauf erzwingt.

BAIXIO
Sandbank oder Lehmbank unter dem Wasserspiegel.

BARREIRO
Von den Wildtieren bevorzugter Uferabschnitt, den sie zum Lecken von bestimmten Mineral-Salzen aufsuchen.

COLCHA (Decke)
Während des Winters, und bei Überschwemmungen, sind bestimmte Seen vollkommen von einer verfaulenden Pflanzendecke (colcha) überzogen, die eine Durchfahrt per Motorboot stark behindern. Die Fahrrinne wird von einem Bootsmann angelegt, der mit einer langen Stange die modrigen Pflanzen vor dem Boot beiseiteschiebt oder umdreht. Denen entsteigt dann ein ziemlich übler Verwesungsgeruch. Während der Trockenperiode düngt dieses Material die Uferböden – es besteht aus wildem Reis, der Wasserpflanze „Canarana“, „Mururé“ und anderen aquatischen Pflanzen.

CAIXÃO (Sarg)
Schmales und nicht sehr tiefes Flussbett in ausgetrocknetem Zustand.

ESCONDIDO (verborgen)
Kleiner Wasserlauf, der von dichtem Pflanzenbewuchs verborgen fliesst.

FURO (Riss)
Nennt man einen Wasserarm, der zwei verschiedene Flüsse, oder auch zwei Seen, miteinander verbindet.

IGAPÓ oder auch BANHADO
Durch Überschwemmung sich vorübergehend bildende Wasserstrassen – mit stehendem Wasser, oft überwuchert von Wasserpflanzen – innerhalb deren Labirint kleine Boote verkehren können.

IGARAPÉ
Wird ein kleinerer Flusslauf oder Bach genannt, der eine eigene Quelle besitzt und deren unzählige Zuflüsse das hydrografische Netz Amazoniens speisen und verbinden.

JUPIÁ
Wasserstrudel inmitten eines Flusses, der sich durch Unregelmässigkeiten im Flussbett bildet. Sehr gefährlich für kleinere Kanus und schwache Motorboote.

LAGO
In der Sprache der Indianer auch „Lapuá“ genannt (rundes Wasser) – gemeint ist der „See“. Seenartige Formationen bilden sich in Amazonien eher durch einen über seine Ufer tretenden Fluss, dessen Wasser dann in ein tiefer liegendes Terrain einströmen, denn durch andere konventionelle Faktoren. Aber es gibt auch Fälle, in denen sich Seen durch kleine, im Sommer austrocknende Bäche, bilden, und deren Wasser durch ihre dichte Pflanzendecke vor dem Austrocknen geschützt werden. Direkt vor Manaus gibt es ein Beispiel dieser langsamen Seen-Bildung, die man am besten von einem der Wolkenkratzer herab beobachten kann. Viele „Seen“ erhalten irrtümlicherweise diese Bezeichnung, weil es sich lediglich um Wasserarme eines Flusses oder Restbestände einer Überschwemmung handelt, die man treffender mit „Baias“ (Ausbuchtungen) bezeichnet.

MONDONGO
Kleine Erhebung bedeckt von Gebüsch, die im Winter (Regenzeit) unter der Wasseroberfläche verschwindet und so gefährliche Auflauf-Hindernisse für den Schiffsverkehr bilden.

PRAIA (Strand)
Am äusseren Rand einer Flussbiegung sich ablagernde Sandbank. Die „Praias“ des Rio Negro werden in Manaus bevorzugt, wegen ihres feinen weissen Sandes. Hier trifft sich die Bevölkerung, wie an einem Meeresstrand, zum allgemeinen Badevergnügen.

PARANÁ
Ist ein Wasserarm, der an Breite und Tiefe dem Hauptfluss gleicht und viele Kilometer lang ist. Es gibt Paranás mit eigenen Namen, die auch von mittleren regionalen Hausbooten befahren werden können, wie zum Beispiel der „Paraná do Careiro“, der „Paraná da Eva“ etc.

PERIANTÃ
Nennt man jene schwimmenden Inseln aus Gras und Wasserpflanzen, die man auf den Flüssen treibend antrifft.

POÇÃO
Besonders tiefe Stelle im Flussbett, in einem See oder „Igarapé“, oft auch in unmittelbarer Nähe des Ufers. Die „Caboclos“ halten sie für bevorzugte Wohnungen der „Sucuri“ (Anakonda).

PONTA
Ist eine Landzunge, entweder von Vegetation bedeckt oder als „Strand“ ausgebildet. Die Flüsse Amazoniens haben solche „Pontas“ in Mengen, die dem Bootspiloten zur Orientierung und zur Kalkulation seiner Strecken dienen. In der Nähe von Manaus gibt es die „Ponta Pelada“.

PEDRAL
Anhäufung von Steinen oder Felsen im Flussbett, die sich zu einem gefährlichen Hindernis für die Schiffahrt, besonders bei niedrigem Wasserstand, entwickeln können. Zwischen „Puraquequara“ und Manaus gibt es eine Reihe solcher „Riffs“, die im vergangenen Jahr eine Katastrophe verursachten: sie brachten das peruanische Schiff „Morona“ zum Sinken. Der Volksmund nennt sie seither „Pedrais de Morona“.

QUAXI
Weisse bis cremefarbige Schaumbildung am Uferrand oder als schwimmende Ansammlung. Manchmal auch von Strudeln geformt.

REMANSO
Ruhiges Wasser in Buchten, in denen man sein Boot verankern oder fischen kann.

RESTINGA
Die langsame Bildung von Inseln inmitten der Strömung, die durch Pflanzen und angeschwemmtes Material wächst.

RESSACA
Gefährlich starke Strömung innerhalb eines „Furo“ oder einem „Paraná“. Die vom „Paraná de Ramos“ an ihrer Mündung in den Amazonas provoziert dieses Phänomen, eine „Mini-Pororoca“.

SACADO
Ist ein Flussarm ohne Verbindung am Ende – eine Sackgasse gewissermassen. Sehr häufig bei den Flussarmen der überschwemmten Ebenen, deren seichtere Verbindungen langsam austrocknen.

TESO oder FIRME
Bezeichnet das hohe Flussufer, das festland, welches nie von einer Überschwemmung heimgesucht wird. Auf solche Festlandteile bringt man das Vieh, wenn die Periode der jährlichen Überschwemmungen einsetzt.

TABOLEIRO
Flusstrand von riesigen Dimensionen und mit wenig Abschrägung. Hierher kommen die Schildkröten während der trockenen Monate (September-Oktober) zur Eiablage.

VARADOURO
So bezeichnet der Volksmund einen Pfad durch den Regenwald, mit die Waldbewohner im allgemeinen einen Flusslauf mit dem anderen verbinden. Wenn der Wald während der Regenperiode überschwemmt wird, kann man den Pfad unter Umständen per Boot zurücklegen.

VÁRZEA
Tiefer liegendes Land am Ufer von Flüssen, regelmässig überschwemmt, und während der Trockenperiode von den Anwohnern zum Ackerbau verwendet, denn die jährliche Überschwemmung macht diese Landstücke extrem fruchtbar.

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Aus unserer Redaktion · Bildquelle: Klaus D. Günther

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